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019 - Bei Vollmond wird gepfählt

019 - Bei Vollmond wird gepfählt

Titel: 019 - Bei Vollmond wird gepfählt
Autoren: Dämonenkiller
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noch feucht. Die Luft roch herb und frisch. Dorian sah für Augenblicke eine schmale, blondhaarige Gestalt auf der Mauerkrone. Phillip, der Hermaphrodit. Der Dämonenkiller trat in den Schatten einer alten Ulme. Er wartete, bis Phillip einen nicht zu großen Vorsprung hatte, überstieg dann die Mauer und folgte ihm.
    Phillip ging rasch und ohne sich umzudrehen die Baring Road entlang. Dorian folgte ihm in einigem Abstand. Er trug einen hellen Regenmantel, den er in der Diele an sich genommen hatte. Den Hut hatte er tief ins Gesicht gezogen. Nach einer Weile nutzte er nicht mehr jede Deckung aus, sondern ging offen auf dem Gehsteig.
    Phillip überquerte eine Straße und lief fast in eine Straßenbahn. Der Straßenbahnfahrer klingelte wütend und tippte sich an die Stirn, ehe er weiterfuhr. Dorian sah die bleichen Gesichter der Fahrgäste durch die Scheiben der erleuchteten Wagen.
    Als die Straßenbahn an Phillip vorbeigefahren war, schien der Hermaphrodit urplötzlich verschwunden. Dorian hetzte über die Straße. Er sah sich nach links und nach rechts um, konnte Phillip aber nirgends entdecken. Sein Blick glitt über die erleuchteten Schaufenster der Geschäftshäuser, erfaßte ein Kino und ein Stück weiter unten ein Pub und Treppen, die zur U-Bahn-Station hinunterführten.
    Dorian lief zunächst zu dem Pub. Als er die Tür öffnete, schlug ihm eine Qualm- und Dunstwolke entgegen. Dorian drängte sich zu der überfüllten Theke vor.
    »Ist hier ein Junge reingekommen?« fragte er. »Mit einem blassen Mädchengesicht und langem blondem Haar?«
    Der rotgesichtige Mann hinter der Theke strich den Schaum von den Gläsern und hob die Schultern. »Hab' keinen gesehen.« Er wandte sich an die Stammgäste, die die Theke stützten und die Gläser vor dem Verstauben bewahrten, wozu sie selbstlos so manche liebe, lange Stunde opferten. »Ihr etwa?«
    »Jungen mit Mädchengesichtern verkehren hier nicht«, sagte ein Dicker. »Am Piccadilly Circus gibt's ein paar Lokale, wenn Sie so was suchen.«
    Die Runde lachte.
    Eine füllige Rothaarige, die wacker, aber ohne Erfolg Make-up und Schminke auf ihre Falten geschmiert hatte, meinte: »Bleib lieber hier und gib einen aus, mein Junge! Bei dem Wetter müssen wir uns tüchtig die Nase begießen, sonst geht's bergab.«
    Ohne ein weiteres Wort verließ Dorian den verräucherten Pub. Er lief zurück zu dem Kino, in dem die Spätvorstellung lief. Auf dem Plakat zeigte ein bleichsüchtiger Vampir seine Kunststoffzähne. Dorian, der schon oft mit echten Vampiren zu tun gehabt hatte, konnte über die Horrormonster der Filmindustrie nur matt lächeln. Sie verhielten sich zur Wirklichkeit wie ein mildes Mailüftchen zu einem Orkan.
    Am Eingang des Kinos stand eine ältere Frau mit einer Taschenlampe. Auf Dorians Frage antwortete sie, daß in den letzten zwanzig Minuten niemand mehr in die Vorstellung hineingegangen war.
    Somit blieb nur noch die U-Bahn. Dorian lief die Stufen zur Untergrund-Passage hinunter. Es herrschte wenig Betrieb um diese Zeit. Drei kichernde Teenager standen vor einem Fahrkartenautomaten, und ein müder Vagabund saß vor dem hellerleuchteten Schaufenster eines Herrenausstattungsgeschäfts als krasser Gegensatz zu den elegant gekleideten Schaufensterpuppen.
    Dorian kaufte eine Bahnsteigkarte und lief durch die Sperre. Tatsächlich stand auf einem der leeren Bahnsteige eine grazile Gestalt. In zehn Minuten ging eine U-Bahn zum Fulham Broadway.
    Dorian hätte es nicht für möglich gehalten, daß Phillip ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen würde. Der Hermaphrodit steckte voller Überraschungen. Er wartete hinter einem Mauervorsprung. Als die U-Bahn kam und Philipp einstieg, hetzte Dorian los, den Hut tief ins Gesicht gezogen, den Mantelkragen aufgestellt. Er schaffte es gerade noch, in den hinteren Wagen einzusteigen.
    Wenige Minuten später hielt die Bahn an der Station Fulham Broadway. Phillip stieg aus und ging den Bahnsteig entlang zur Untergrundpassage. Dorian folgte ihm in einigem Abstand. Eine Horde von Halbstarken kam grölend durch die Passage, fünf junge Kerle in schwarzen Lederjacken, Blue jeans oder Lederhosen und in hochhackigen Stiefeln. Nebeneinander gehend beanspruchten sie den gesamten Durchgang. Phillip, mädchenhaft lächelnd, steuerte genau auf sie zu. Dorian suchte in dem Eingang eines Obstladens Deckung und beschränkte sich vorerst auf die Beobachterrolle. Was er befürchtet hatte, traf ein; die Kerle pöbelten Phillip an.
    »Schau mal, was
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