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0140 - Der Dybbuk

0140 - Der Dybbuk

Titel: 0140 - Der Dybbuk
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wiederholte. Er mußte daher das Original-Ego unbedingt niederhalten und nach Möglichkeit seinerseits aus dem neuen Körper hinauswerfen. Nur dann konnte er sicher sein, weiterzuleben. Und er mußte sich hüten, entdeckt zu werden. Deshalb mußte er das unterdrückte Ego zuweilen um Rat fragen und Informationen erzwingen, damit er keinen Fehler beging und dadurch auffiel. Jede dieser Gelegenheiten benutzte das andere Ego aber, erneut den Kampf um den Körper aufzunehmen.
    Ramon Loew lächelte. Er selbst würde nicht anders handeln. Doch er durfte sich keine Sentimentalitäten erlauben. Er hatte sie sich eigentlich nie erlaubt, aber jetzt durfte er erst recht nicht nachgeben. Er wollte leben, wollte sein zweites Leben behalten um jeden Preis.
    Nur dann konnte er sich an den Casters rächen.
    Vielleicht bot sich ihm jetzt sogar noch eine bessere Ausgangsbasis als zuvor.
    Die Casters mußten sterben. Er, Ramon Loew, mußte das Grundstück auf irgendeine Weise bekommen. Nur dann konnte er an das Ding gelangen…
    Deshalb durfte er jetzt keine Gnade mehr kennen.
    Er, Ramon Loew - der Dybbuk!
    ***
    Sie waren mit Ron MacClouds Dienstwagen zur Unfallstelle gefahren. Der Lieutenant stoppte den Wagen am Straßenrand ab, schaltete die Warnblinkanlage ein und stieg aus. Auch Zamorra und Bill schwangen sich ins Freie. Nicole blieb im Fond des Wagens sitzen. »Ich fühle mich nicht wohl«, sagte sie.
    Zamorra begann sich jetzt ernsthaft Sorgen zu machen. Mit Nicole stimmte etwas nicht. War sie krank?
    »Hier ist er gegengeknallt«, sagte MacCloud und deutete auf die massive Hauswand. Etwas Putz war abgebröckelt, und Farbspuren waren am Stein zurückgeblieben. Glassplitter lagen noch auf dem Gehsteig herum. Ein paar Passanten blieben stehen, weil sie den Dienstwagen und die Polizeiuniform erkannten, und erhofften sich ein neues Spektakulum. »Bitte weitergehen«, verlangte MacCloud. Nur widerwillig setzten sich die Frauen und Männer wieder in Bewegung, als der gestrenge Blick des Ordnungshüters sie traf.
    Zamorra sah sich um und orientierte sich. Aus jener Richtung mußte der Wagen gekommen sein, hier war Loew gegangen - und dort waren die Blutflecken, die zu entfernen noch niemand für nötig gehalten hatte…
    Er umspannte mit beiden Händen das Amulett, berührte einige der Hieroglyphen und konzentrierte sich auf den Zeitfaktor.
    Obwohl er das Amulett schon lange besaß, obwohl er auch Zeuge seiner Entstehung gewesen war, wußte er nur um einen geringen Bruchteil dessen, wozu die silberne Scheibe fähig war. Zu dem wenigen, von dem er wußte und das er mittlerweile beherrschte, gehörte dieser Zeitfaktor, der in zweierlei Hinsicht wirksam werden konnte. Zum einen vermochte Zamorra mit dem Amulett in die Vergangenheit zu sehen, wie auf einem Bildschirm Bilder vergangener Geschehnisse zu erkennen, zum anderen war ihm aber auch eine gesteuerte, körperliche Zeitreise in die Vergangenheit möglich. Reisen in die Zukunft sollten möglich sein, aber in der Praxis hatte es nie funktioniert. Zamorra hatte diese Zukunftsreisen nach vielen vergeblichen Experimenten für völlig unmöglich gehalten, doch dann hatte jemand -war es Merlin gewesen oder ein anderer großer Magier, mit dem er in Kontakt gekommen war - behauptet, es gebe diese Möglichkeit unter gewissen Voraussetzungen doch. Nur hatte er Zamorra diese benötigten Voraussetzungen nicht näher erläutert.
    Aber eine Zeitreise war in diesem Falle unnötig. Es genügte dem Professor, wenn er Bilder aus der Vergangenheit geliefert bekam. In ihnen hoffte er den Fahrer des Todeswagens zu erkennen.
    Der Drudenfuß im Zentrum des Amuletts veränderte sein Aussehen, wurde unscharf und von weißlichen Schlieren überdeckt, die sich zu dichtem Nebel verstärkten. Und in diesem Nebel erkannte Zamorra plötzlich wie auf einem kleinen Fernsehschirm das Bild dieses Straßenzuges.
    Er sah einen Mann in dunkler Kleidung, sah den himmelblauen Cadillac mit den weißen Kreidezeichen auftauchen.
    Plötzlich war ihm, als sehe ihm jemand über die Schulter. Irritiert fuhr er herum. Doch da war niemand.
    Zamorra wandte sich wieder dem Bild zu. Der Wagen war jetzt heran. Zamorra versuchte die Szene zu fixieren, doch es gelang ihm nicht. Er konnte die Gestalt am Lenkrad auch nur undeutlich erkennen; die Windschutzscheibe spiegelte und blendete ihn.
    Der Wagen erfaßte Ramon Loew, den Dunkelgekleideten, hebelte ihn halb auf die Motorhaube und prallte dann mit dem Mann kreischend gegen die Hauswand.
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