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0125 - Der Leichenbrunnen

0125 - Der Leichenbrunnen

Titel: 0125 - Der Leichenbrunnen
Autoren: Jason Dark
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ausgezeichnet mit dem Teppich harmonierte.
    Das Zimmer wirkte beruhigend.
    Und das sollte es auch, denn es war der Warteraum eines Psychiaters.
    Und ich saß als einziger Gast darin.
    Gast, wohlgemerkt, nicht Patient. So weit war es noch nicht.
    Ich mußte Dr. Stradford dienstlich besuchen. Er hatte beim Yard angerufen, denn es ging um eine Patientin, mit der er nicht klarkam. Mein Chef, Sir James Powell, hatte mich auf die Reise geschickt, weil der Psychologe sich mit ihm in Verbindung gesetzt hatte.
    »Hören Sie sich den Fall mal an«, sagte er. »Vielleicht entwickelt sich daraus etwas.«
    »Kennen Sie denn diesen Dr. Stradford?«
    »Ja, aus dem Club.«
    Ich zog ein langes Gesicht.
    Mein Chef wußte Bescheid. »Wenn ich einen Gentleman aus dem Club kenne, lege ich meine Hand dafür ins Feuer. Das sollten Sie sich merken, John.«
    »Habe ich was gesagt?«
    »Nein, aber gedacht.«
    Ich grinste. »Die Gedanken sind frei.«
    Sir James trank hastig einen Schluck kohlensäurefreies Wasser.
    »Verschwinden Sie jetzt, Dr. Stradford wartet. Und benehmen Sie sich! Der Arzt ist ein Gentleman.«
    »Ich nicht?«
    »Nur manchmal.«
    Hin und wieder brauchte ich die Flachserei mit meinem Chef.
    Jetzt allerdings wurde ich ein wenig sauer. Der Gentleman ließ mich nämlich ziemlich lange warten. Die Illustrierten gefielen mir nicht, es stand sowieso nur immer das gleiche drin.
    Ich schaute auf die Uhr. Verdammt, wenn der Knabe nicht bald anrauschte, würde ich verschwinden, denn es ging stramm auf den Feierabend zu, und in den letzten Wochen hatte ich genug Überstunden gemacht.
    Da endlich wurde die Tür zum Sprechzimmer aufgestoßen. Nicht der Doktor erschien, sondern dessen Sprechstundenhilfe. Ich hatte Mühe, einen Pfiff zu unterdrücken. Die Kleine konnte durchaus mit Glenda Perkins oder Jane Collins konkurrieren. Nur daß ihre Haare rotblond waren, und für meinen Geschmack hatte sie ein wenig zu viel Schminke im Gesicht.
    »Dr. Stradford läßt bitten.«
    »Das wurde auch langsam Zeit«, sagte ich und stand auf.
    Die Rotblonde schaute mich an, als hätte ich ihr einen unsittlichen Antrag gemacht. So etwas von Respektlosigkeit war sie wohl nicht gewohnt.
    »Nimm es nicht tragisch, Mädchen«, sagte ich, als ich an ihr vorbeiging.
    Nach diesem Auftritt hatte ich mir in Dr. Stradford einen blasierten Mode-Psychologen vorgestellt. Das Gegenteil war der Fall.
    Ich sah mich einem etwa 60jährigen Mann mit grauen dünnen Haaren gegenüber, der ein rundes Gesicht mit rosigen Wangen hatte und mich aus blauen Augen anstrahlte.
    »Ich freue mich, daß Sie gekommen sind, Mr. Sinclair. Ihr Chef hat mir schon eine Menge über Sie erzählt. Nur Positives.«
    »Davon stimmt die Hälfte nicht.« Ich schloß die Tür. Mein Zorn war schon wieder verraucht.
    »Entschuldigen Sie, Mr. Sinclair, daß ich Sie habe warten lassen, es ist sonst nicht meine Art, aber ich war mit der Patientin noch nicht ganz fertig. Ich habe sie in eine tiefe Hypnose versetzt.« Er deutete auf eine schallisolierte Tür. »Dahinter liegt sie in meinem Behandlungszimmer.«
    »Was ist sie für ein Mensch?« fragte ich.
    »Cora Bendix?«
    »So heißt sie?«
    »Ja. Wie soll ich sagen? Cora ist 22 Jahre alt und eigentlich völlig normal. Als sie zu mir kam, erzählte sie mir von ihren Alpträumen, die sie quälten. Und durch all diese Träume geisterte ein Brunnen, in dem Leichen liegen sollen.«
    »Hat sie gesagt, wo der Brunnen zu finden ist?«
    »Nein.«
    »Was sagte sie noch?«
    »Daß dort Leichen herumliegen würden, die sich manchmal bewegen.«
    »Mit anderen Worten: die Leichen leben.«
    »Genau, Mr. Sinclair.«
    Ich knetete mein Kinn und schaute den Psychologen schräg von der Seite her an. »Und was sagen Sie als Fachmann zu den Träumen dieser Cora Bendix?«
    »Sie muß irgendein Erlebnis gehabt haben, über das sie nicht hinwegkommt.«
    »Kann man das nicht herausfinden?«
    »Doch, aber bis jetzt hat es nichts genützt. Ich habe sie in Tiefenhypnose versetzt und bin leider nur bis zur Geburt gekommen.«
    Hoppla, jetzt wurde es interessant. »Heißt das, Doc, daß Sie jetzt weitergehen wollen?«
    »Ja, Mr. Sinclair. Und deshalb möchte ich Sie dabeihaben. Ich gehe von folgender Voraussetzung aus: Wenn Cora Bendix in ihrem Leben ein so tiefgreifendes Erlebnis gehabt hat, daß es sich in den Alpträumen wiederholt und sie aber nicht weiß, wann dies geschehen ist, dann gehe ich davon aus, daß Cora schon einmal gelebt hat.«
    Jetzt war es heraus, und mir, dem
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