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012 - Der mordende Schrumpfkopf

012 - Der mordende Schrumpfkopf

Titel: 012 - Der mordende Schrumpfkopf
Autoren: Larry Brent
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angenehmer.
    Der Magier trug seinen dunklen Umhang. Niemand hatte ihn je anders
gesehen. Zivilkleidung schien er entweder nicht zu besitzen, oder er trug sie
nur, wenn er sich ganz privat gab. Durch sein Gehabe erweckte es beinahe den
Anschein, als wolle er ein gewisses Image pflegen.
    »Na, treten Sie mal näher, liebes Kind!« Estrello lachte. Seine
schmalen Lippen öffneten sich kaum. Unwillkürlich drängte sich Juanita ein
Vergleich auf. Sie mußte an den berühmtberüchtigten Grafen Dracula denken.
Estrello hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm. Bleich und hager, stechende,
lauernde Augen, und etwas Unheimliches und Anziehendes zugleich gingen von
diesem seltsamen Mann aus.
    Estrello trug diesmal keinen Zylinder. Der Magier sah ohne
Kopfbedeckung älter aus. Sein schütteres Haar bedeckte kaum mehr den eiförmigen
Schädel.
    »Ihr Drink, Senor! Sie hatten einen Old fashioned bestellt!« sagte
Juanita und bemühte sich um ein servicefreundliches Lächeln.
    Estrello nickte bedächtig und lächelte ebenfalls. »Stellen Sie es
bitte hier auf den Tisch!« sagte er, kam von der Seite her auf Juanita zu, ließ
sie ein und schloß die Tür.
    Juanita bemühte sich, ruhig und gelassen zu bleiben. Ihre Hand
zitterte kaum, als sie das Tablett mit dem Glas auf den Tisch stellte. »Wenn
Sie noch irgendwelche Wünsche haben, Senor, brauchen Sie nur durchzuläuten«,
sagte sie beiläufig, richtete sich wieder auf und wollte gehen.
    »Sie sind doch die Senorita, die sich gestern so interessiert für
dieses Zimmer hier gezeigt hat, nicht wahr?« Estrellos Stimme klang
verhältnismäßig ruhig.
    Juanita nickte. »Ja, Senor. Das war ich. Es tut mir leid. Ich war
neugierig. Ich danke Ihnen, daß Sie der Direktion nichts... «
    Der Illusionist winkte ab. »Aber Senorita! Ich bitte Sie! Ich kann
Sie nur zu gut verstehen! Man will wissen, was wirklich hinter den Dingen
steckt, nicht wahr?«
    Er lachte wieder. Aber dieses Lachen gefiel Juanita nicht.
    Dennoch machte sie gute Miene zum bösen Spiel. »So ist es, Senor!
Sie wissen genau, was in mir vorging.« Sie wollte weitergehen, aber er stellte
sich ihr in den Weg.
    »Ich weiß immer, was in den Menschen vorgeht. Ich kann auch
hellsehen!«
    Juanita schluckte. Das Lächeln gefror auf ihren Lippen.
»Hellsehen?« sagte sie stockend. Sie erschrak vor ihrer eigenen Stimme. Sie
klang unsicher und schleppend.
    »Ich werde Ihnen etwas zeigen, und Sie werden erkennen, daß alles
mit rechten Dingen zugeht!« Estrello gab sich plötzlich völlig anders. Er wurde
leutselig. »Kommen Sie her, sehen Sie sich an, wovor Sie gestern erschrocken
sind! Sie werden heute darüber lachen.«
    »Aber ich kann mich nicht länger aufhalten, Senor! Ich werde unten
gebraucht. Wir sind nur zu zweit im Service. Und es sind sehr viele Gäste im
Hotel, wenn...
    »Papperlapapp!« sagte Estrello einfach. Mit einer großartigen
Geste hob er die Hände. »Was bedeutet schon Zeit? Was heißt es schon, wenn Sie
zwei Minuten länger hier oben bleiben? Machen wir es doch so: Sie haben mir den
Drink gebracht - und dabei ist Ihnen ein kleines Mißgeschick passiert, so daß
Sie etwas länger hier verweilen mußten.«
    »Mißgeschick? Welches Mißgeschick, Senor?«
    »Nun, dies hier...« Mit diesen Worten durchquerte der Illusionist
mit einem schnellen Schritt den Raum, stieß mit der Hand gegen das randvoll
gefüllte Cocktailglas und warf es um.
    Der Old fashioned ergoß sich über den Tisch, die Früchte lagen auf
dem Tablett, die Eiswürfel kullerten über die Tischplatte und verursachten ein
Geräusch, als würde ein zahnloses Gespenst sein Gebiß einsetzen.
    Der Drink tropfte zu Boden. Mit weitaufgerissenen Augen starrte
Juanita auf die Szene und begriff sie nicht.
    »Das ist ein Grund, um länger hier zu bleiben. Schließlich müssen
Sie die Reste des Mißgeschicks auch noch beseitigen, nicht wahr?« Estrello wies
auf den mannsgroßen Kasten. Es war der gleiche, den sie gestern abend berührt
hatte - und hinter dem der Magier lautlos und geisterhaft aufgetaucht war.
    »Passen Sie genau auf«, sagte er mit einer gewissen Spannung in
der Stimme. »Jetzt!« Estrello trat zur Seite. Er stand links neben der Kiste.
Geisterhaft wuchs aus dem Boden rechts neben der Kiste etwas Dunkles empor,
schnellte in die Höhe und entfaltete sich im Bruchteil einer Sekunde zu einer
mannsgroßen Gestalt - zu einem Ebenbild des Magiers Estrello!
    Juanitas Blicke irrten
von einer Gestalt zur anderen.
    Auch das eben aufgetauchte Ebenbild
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