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012 - Der mordende Schrumpfkopf

012 - Der mordende Schrumpfkopf

Titel: 012 - Der mordende Schrumpfkopf
Autoren: Larry Brent
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verzog
sich.
    »Sie wissen doch, daß das verboten ist, mein Kind!« sagte er auf
spanisch.
    Juanita begegnete dem eisigen Blick der umschatteten Augen.
    Sie las darin ihren Tod.
     
    ●
     
    Paul Vernon schlenderte durch die Gassen von Guayaquil.
    Der Mann war einfach gekleidet, und damit unterschied er sich kaum
von anderen Menschen, die um die frühe Vormittagsstunde das Straßenbild
belebten.
    Eingeborene, Mischlinge mit stark indianischen Zügen, arme Leute,
die mit Mühe und Not ihr tägliches Ein- und Auskommen hatten, waren darunter.
Hin und wieder ein amerikanischer Tourist, hauptsächlich in den Straßen in
Hafennähe, dem schreiend die verlumpten und dreckigen Kinder nachliefen und um
ein paar Centavos oder gar um einen Sucre bettelten.
    Auch Vernon war Europäer. Aber das sah man ihm nicht mehr an. Seit
fast einem Jahrzehnt lebte er in diesem Land unter den Jivaros, einem kleinen
Indianerstamm mitten im Urwald. Ein seltsames Sqhicksal hatte ihn gerade zu diesen
Menschen verschlagen, die von der Zivilisation so gut wie unberührt waren.
    Die Jivaros waren isoliert aufgewachsen, und die Zeit schien an
ihnen spurlos vorübergegangen zu sein. Unter primitivsten Verhältnissen lebten
sie in ihren Hütten im Busch, abseits jeglicher Zivilisation. Kaum einer von
ihnen hatte jemals eine Stadt gesehen, wußte nicht, wie ein Auto aussah und was
elektrisches Licht war. Von diesen Dingen verstanden sie nichts. Aber von einer
Sache verstanden sie um so mehr: von der Herstellung ausgefallener
Schrumpfköpfe.
    Die oft nur faustgroßen Gebilde hatten den Stamm der Jivaros
berühmt gemacht. Die Jivaros sind die einzigen, die ihre Schrumpfköpfe zum Teil
mit Nagetierzähnen versehen und den Köpfen damit ein besonders unheimliches und
ausgefallenes Aussehen verleihen.
    Paul Vernon war Franzose. Als Siebzehnjähriger riß er von zu Hause
aus und fuhr auf einem altersschwachen Frachtschiff um die Welt. Mit zwanzig
beschloß er, in Südamerika zu bleiben und die Jivaros aufzusuchen.
    Er tauchte einfach eines Tages unter, und man nahm an, er sei im
Urwald verschollen.
    Vernon war von jeher ein weltfremder Abenteurer gewesen, und
alles, was sich vom Normalen und Alltäglichen abhob, hatte ihn stets mit
magischer Gewalt angezogen.
    Als Junge hatte er mit Begeisterung »Gullivers Reisen« und
»Robinson Crusoe« verschlungen. Später waren andere Abenteuerromane und seltene
esoterische Bücher hinzugekommen. Das Ganze hatte eine Steigerung erfahren, als
Vernon sich nicht mehr mit Geschichten zufrieden gab. Er wollte selbst etwas
erleben.
    Das Leben fremder Völker interessierte ihn seit jeher. Eine
besondere Vorliebe hatte er dabei für Insulanerstämme in Südamerika. Die
Herstellung von Schrumpfköpfen war ein Geheimnis für jeden Außenstehenden. Als
Paul Vernon zum erstenmal etwas über Schrumpfköpfe las, tauchte der Gedanke in
ihm auf, auch so etwas zu können.
    Sein Aufenthalt bei den Jivaros hatte ihn zu einem Meister dieser
makabren Kunst werden lassen.
    Hin und wieder verließ Paul Vernon seine selbstgewählte Einsamkeit
und bummelte durch die Stadt. Das kam mehr als selten vor. In seiner Begleitung
befand sich ein junger Jivaro mit großflächigem Gesicht, breiter Nase, flacher
Stirn und buschigen Brauen. Im schwarzen Haar, das bis auf die Schultern fiel,
trug er ein farbig gesticktes Band.
    Bei dem jungen Mann handelte es sieh um Kamoo, den Sohn des Häuptlings.
Kamoo war ein intelligenter Bursche. Zwischen den beiden Männern hatte sich in
den vergangenen Jahren eine enge Freundschaft entwickelt.
    Obwohl Kamoo schon mehrere Male mit Vernon in der Stadt gewesen
war, bewegte er sich zwischen fremden Menschen mit einer gewissen Scheu und
Unsicherheit.
    Auch Vernon fühlte immer wieder die Unsicherheit. Er war in einen
anderen Lebenslauf hineingewachsen und hatte den Kontakt zur zivilisierten
Umwelt verloren. Aber genau das wollte er nicht. Er war sich selbst noch nicht
darüber schlüssig, ob er vielleicht eines Tages nicht doch der alten Sehnsucht
wieder verfiel, sich den Wind der weiten Welt um die Nase wehen zu lassen.
    Schweigend gingen die beiden Männer nebeneinander her. Daß Vernon
Franzose war, sah man ihm nicht mehr an. Er hatte den weichen, federnden Gang
der Jivaros angenommen, kleidete sich wie ein Indianer, trug das Haar ebenso
lang wie Kamoo und beherrschte die Eingeborenensprache perfekt.
    Kamoo dagegen hatte von Vernon dessen Sprache gelernt. Er sprach
ein recht gutes Französisch.
    Vernon und Kamoo
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