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0119 - Königin der Seelenlosen

0119 - Königin der Seelenlosen

Titel: 0119 - Königin der Seelenlosen
Autoren: Franc Helgath
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helfen.
    Kriegsgeschrei brandete auf. Abenteuerlich bemalte und in Burnusse gehüllte Gestalten schwangen sich über die Mauern der Burg, ließen sich von Seilen herab, sprangen von Schiefertafel zu Schiefertafel, und ein schlimmer Kampf nahm seinen Lauf. Die Bewohner der Burg verteidigten sich kaum. Und die Angreifer kannten kein Pardon.
    Dann verfielen ihre Körper, Skelette und Knochen wurden zu Staub, die Mauern bröckelten ab, und Zamorra sah die Ruine so, wie er und Bill sie noch am Abend bei ihrem Besuch gesehen hatten.
    »Das war nur ein Teil der Geschichte«, sagte der Mund Nicoles traurig. Die Stimme hörte sich tränenerstickt an. Wie die Stimme einer alten Frau jetzt, die den Tod nahen fühlt und sich nur widerwillig in ihr Schicksal ergibt.
    »Saakuuls Werk. Doch der Niedergang begann mit dem Diebstahl der ›Schale des Blutes‹.«
    Ein weiteres Mal änderte sich die Szenerie.
    Uzmals ausgebleichter Knochenschädel zuckte in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. In den schwarzen Augenhöhlen flackerte es kurz irrlichternd auf, doch dann sagten seine magischen Sinne ihm, daß er noch nicht entdeckt worden war.
    Die skelettierten Hände umkrallten die Schüssel aus Purpurgold fester. Ein herrliches Stück und wertvoller als alle Diamanten dieser Welt zusammen. Das Gefäß schimmerte im verhaltenen Feuer eines von innen heraus leuchtenden Rubins.
    Saakuul, der mächtige Zauberer, würde mit Sicherheit zufrieden mit seinem nichtswürdigen Diener Uzmal sein, denn er brachte ihm die »Schale des Blutes« - Uzmal hatte seinen Auftrag wortgetreu erfüllt. Er hatte die Schale gestohlen, und bisher war der Diebstahl noch nicht entdeckt worden…
    Das Bild, das Ayscha ihnen gezeigt hatte, löste sich auf.
    »So begann es«, wiederholte Nicoles Mund tonlos. »Ich habe ›meinen‹ Menschen zu helfen versucht, während Saakuul die seinen knechtete. Saakuul hatte Schätze um sich gehäuft. Doch der wertvollste aller Schätze fehlte ihm. Die Schale. Sie ist aus gewachsenen Mineralien. Nicht einmal unser Geschlecht weiß, woher sie stammt. Den Legenden nach kam sie inmitten eines Meteors aus dem All. Die Steine verdampften beim Aufprall auf die Erde. Doch die Schale blieb. Schon bei meinen Vorfahren - als sie noch ihre Körper hatten - galt sie als ein sakraler Gegenstand. Geheimnisvolle Kräfte wurden ihr zugeschrieben. Wer sie besaß, sollte unumschränkte Macht über andere erhalten. Meine Vorfahren haben nie davon Gebrauch gemacht. Die Schale wurde verehrt, aber zu keinerlei Nutzung herangezogen. Ich erbte sie von meinen Eltern. In dieser Burg war sie einst verborgen. Bis Saakuul sie stehlen ließ.«
    »Der Dieb war ein Gerippe«, warf Zamorra ein. »Wieso das?«
    »Weil Saakuul schon böse war, seit er aus dem Ei gebrochen ist. Und ich muß es nochmals sagen: Er beherrschte die schwarze Magie wie niemand sonst mehr nach ihm. Ich lenkte und leitete die Menschen mit Liebe und Güte. Er mit Terror, Blut und Tod. Sie starben zu Hunderten in seinen Verliesen, doch er brauchte nur ihre Skelette, die er mit seinem eigenen Leben beseelte. So schuf er sich eine Streitmacht, der ich nichts entgegenzusetzen hatte, wenn ich nicht auf dieselbe tiefe Stufe wie Saakuul hinuntersteigen wollte. Das wollte ich nicht. Ihr habt ein Sprichwort, und das heißt: Der Klügere gibt nach. Wir hatten ein ähnliches Sprichwort, und es stimmt genausowenig wie das eure. Nachgeben tut immer nur der Dumme…«
    Zamorra konnte nicht von der Hand weisen, daß Ayscha recht hatte. Die sich klug wähnten, waren letzten Endes immer die Dummen gewesen. Auch in der Geschichte der Menschheit. Gespannt hörte er zu, was Ayscha ihm noch eröffnen wollte.
    »Ihr habt das Ende des Dramas miterlebt«, fuhr sie fort. »Und auch den Anfang. Doch den zweiten Akt der Tragödie kennt ihr noch nicht. Ich will ihn euch zeigen.«
    Zamorra spürte, wie er in Trance versank, wobei er nicht ganz sicher war, ob er nicht schon die ganze Zeit über in Trance gelegen hatte. Dagegen standen Fragen und Antworten. Dialoge, die einen Sinn ergaben, wenngleich Ayscha das Wort fast allein geführt hatte.
    Doch nun hatte Zamorra nicht einmal mehr das Bedürfnis, Fragen zu stellen. Er war Zuschauer und nicht mehr. Ayschas melodische Altstimme kommentierte die Bilder, die sich vor ihm ausbreiteten. Bilder und Erklärungen verschmolzen zu einer organischen Einheit.
    Ayscha holte zu einem Gegenschlag aus, nachdem der Diebstahl der Schale endlich entdeckt worden war.
    Sie sammelte
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