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0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

Titel: 0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste
Autoren: Delfried Kaufmann
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ein Café, dessen Betrieb sich größtenteils auf der Straße abspielte, wenigstens standen ein gutes Dutzend Tische und die nötigen Stühle auf der Straße. Nur zwei Tische waren von südländischen Gestalten in gestreiften Fischerhemden besetzt, die ein hitziges Gespräch miteinander führten. Über dem Eingang zeigte ein verwaschenes Schild das Bild eines bärtigen Seemannes und die Aufschrift Pere Lámese.
    Mehr aber als dieses Café fiel uns ein dunkler Wagen, ein Mercury auf, bei dessen Anblick man sich in Anbetracht der schmalen Gassen, die zu dem Platz führten, fragte, wie er überhaupt hergekommen sein mochte. Deutlich leuchtete uns das Nummernschild entgegen: AF 43 604.
    Phil nickte mir unmerklich zu. Wir setzten uns an einen der Tische. Die lebhaften Fischer an, den Tischen verstummten für einen Augenblick, musterten uns und setzten ihr Gespräch dann fort.
    »Commandez, Messieurs!«, sagte eine Stimme. Vor uns stand ein überraschend hübsches Mädchen.
    »Was willst du?«, fragte Phil.
    »Irgendetwas, das kühlt.«
    »Darf ich Ihnen einen Soda-Drink bringen?«, fragte das Mädchen in einem Englisch, das besser war als mein eigenes.
    »Hallo, sind Sie Amerikanerin?«
    »Nein, Engländerin«, antwortete sie.
    »Okay, einen Soda mit Orangensaft.«
    »Auch für mich«, wünschte Phil.
    Fünf Minuten später brachte sie uns die Drinks. Während sie das Eis, den Zucker und die Sodaflasche auf den Tisch stellte, sah ich sie mir genauer an. Sie war ein hübsches Kind, eine typische junge Engländerin von der erfreulichen Sorte, mit zarter Haut, großen blauen Augen und einem Haar von feinem Blond.
    »Machen Sie das hier schon lange?«, fragte ich.
    »Genau seit drei Wochen. Ich brauche Geld.«
    »Erzählen Sie mal ein wenig von sich.«
    »Sind Sie neugierig? Ich studiere Kunstgeschichte und Französisch an der Universität von Paris. Während der Semesterferien muss ich arbeiten, und ein Job hier an der Küste bedeutet für mich gleichzeitig ein wenig Ferien.«
    »Warum fahren Sie nicht nach Hause?«
    »Nach England? Ich habe niemanden dort, der sich für mich interessiert.«
    »Keine Eltern? Keine Angehörige?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Niemanden.«
    Sie schien Lust zu haben, ein wenig mit uns zu schwätzen.
    »Sind Sie Touristen?«, fragte sie.
    Wir bejahten, und sie fuhr fort: »Hier kommen selten Touristen her. Die Masse von ihnen fährt die Küste entlang und stoppt nur an den eleganten Promenaden in Cannes und Nizza. Für den alten Teil der Städte interessiert sich kaum jemand. Ich habe es mir ein wenig anders vorgestellt, als ich mich auf die Anzeige im Paris Soir bewarb.«
    »Warum haben Sie den Job genommen, wenn er nicht Ihren Vorstellungen entsprach?«
    »Man bot mir ein gutes Gehalt. Das war entscheidend.«
    Phil zeigte auf den Mercury.
    »Muss ziemlich schwierig sein, mit solchem schweren Wagen in den engen Straßen zu manövrieren. Wir haben uns mit unserem Citroën nicht in die Gassen getraut.«
    »Oh, Sie sollten die Franzosen sehen, wie sie es,verstehen, sich auf Daumenbreite durchzuwinden. Monsieur Ragnier ist ein Meister darin.«
    »Gehört diesem Mr. Ragnier der Mercury?«
    »Ja, er ist der Geschäftsführer dieses Lokals.«
    »Und der Inhaber?«
    »Das weiß ich nicht. Ich glaube, es ist eine Gesellschaft von mehreren Leuten. Für mich ist Monsieur Ragnier maßgebend.«
    »Ich habe mal eine ganz andere Frage«, sagte ich mit einem Lächeln. »Wann haben Sie hier Feierabend?«
    »Gewöhnlich gegen Mitternacht.«
    »Schön, das ist die Zeit, in der in Cannes und Nizza der Rummel überhaupt erst losgeht. Was halten Sie davon, wenn wir ein bisschen gemeinsam die Nase hineinstecken?«
    Ihre Wangen wurden ein wenig rot. Für einen Augenblick sah es so aus, als wolle sie ein empörtes, sehr englisches Gouvernantengesicht aufsetzen.
    Dann entschloss sie sich doch zu einem Lächeln.
    »Mit Ihnen beiden?«
    Phil grinste erfreut.
    »Zwei Männer sind nämlich bedeutend harmloser als ein Mann«, erklärte die Dame mit großer Weisheit.
    »Einverstanden«, sagte ich. »Dürfen wir Sie abholen?«
    Sie nickte.
    »Jetzt müssten Sie uns eigentlich noch Ihren Namen nennen«, schlug Phil vor.
    Sie hieß Mary Angers. Bevor Phil unsere Namen nennen konnte, sagte ich, dass wir John Wells und Harry Thunder hießen.
    In diesem Augenblick erschien im Eingang zum Café ein Mann, der groß und schlank war, ein dunkelhäutiges Gesicht hatte und einen schmalen Schnurrbart trug.
    Er rief nach dem Mädchen, und
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