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0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste

Titel: 0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste
Autoren: Delfried Kaufmann
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Unglücksfall!«, konstatierte der Chef der örtlichen Polizeikommission, ein kleiner Kommissar, dem man seine Vorliebe für die berühmte französische Küche ansah. »Ich werde einen Bericht schreiben.«
    Bodin sah niedergeschlagen aus. »Ich glaube, ich muss noch einmal zur Villa zurück. Evelyn Draw weiß noch nichts. Kommen Sie mit?«
    Wir waren immer noch nass wie die Katzen. Ich fuhr mit, teils, weil ich scharf darauf war, Miss Draws Gesicht zu sehen, teils in der Hoffnung, dass in der Villa eine Whiskyflasche in Reichweite stehen könnte.
    Evelyn Draw ging ruhelos in der Halle auf und ab und zerknüllte ein Taschentuch in den Händen. Als wir eintraten, stürzte sie auf uns zu und rief: »Sagen Sie mir endlich, was das bedeuten soll. Sie holen die Diener aus der Villa, aber mir sagt niemand, was los ist. Handelt es sich um Paul? Reden Sie endlich, Monsieur Bodin.«
    Der Inspektor nickte.
    »Monsieur de Surviel war bei dem Unwetter unterwegs, Madame. Er ist verunglückt.«
    Miss Draw riss die Augen auf.
    »Tot?«, stammelte sie.
    Noch einmal nickte Bodin.
    Die Frau starrte uns an, ihr Mund öffnete sich. Dann barg sie das Gesicht in den Händen, und ihre Schultern zuckten.
    Bodin ging auf sie zu und berührte ihren Arm.
    »Darf ich Sie auf Ihr Zimmer bringen, Madame?« Willenlos ließ sich Evelyn von ihm nach oben führen.
    Phil wartete, bis beide aus unserem Blickfeld waren. Dann sagte er: »Ich glaube, dieser Schrank sieht so aus, als enthielte er flüssige Wärme.«
    Sein Spürsinn trog ihn nicht. Wir nahmen ein paar Schlückchen gebranntes Wasser zu uns, um den Unmengen kalten Wassers, mit denen wir überschüttet worden waren, innerlich etwas entgegenzusetzen.
    Bodin kam nach zehn Minuten hinunter. Er zeigte ein Gesicht voll tiefster Anteilnahme.
    »Madame ist gebrochen«, sagte er feierlich.
    Ich hielt ihm die Flasche hin, aber obwohl er kaum weniger nass war als wir, schüttelte er empört den Kopf.
    »Seien Sie nicht albern, Bodin«, riet ich. »Surviel hat nichts mehr davon, wenn Sie sich aus Pietät eine Lungenentzündung holen.«
    Er überlegte kurz und kam zu der Einsicht, dass ich recht hatte.
    »Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns zu unserem Hotel fahren würden, damit wir in trockene Kleider steigen können.«
    ***
    Eine gute halbe Stunde später tropften wir die kostbaren Teppiche in der Empfangshalle des Negresco voll. Der Portier verdrehte die Augen und beförderte uns Schandflecke seines Unternehmens eigenhändig im Aufzug nach oben.
    Ich sage Ihnen, wenn Sie mal richtig nass geworden sind, dann nehmen Sie ein heißes Bad, hüllen sich in einen warmen Bademantel und lassen sich vom Kellner einen Scotch bringen und eine Schachtel Zigaretten. Sie werden sich anschließend sehr wohl fühlen.
    Phil kam aus dem Badezimmer und rieb sich die Haare trocken.
    »Stecke schon mal eine für mich an«, sagte er.
    Ich tat ihm den Gefallen.
    »So«, sagte er und ließ sich in den Nachbarsessel fallen. »Ich bin absolut aufnahmefähig. War es ein Unglücksfall?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich nicht. Ich habe das Boot durch das Fernrohr beobachtet. Zugegeben, dass die Sicht miserabel war, aber ich habe nicht gesehen, dass irgendwer in dem Boot war, als es gegen die Küste krachte.«
    Phil stieß einen Pfiff aus. »Aber wir haben seine Leiche ganz in der Nähe der Unglücksstelle gefunden.«
    »Hm, fast zu nahe, als dass sie mit dem Motorboot dahingekommen sein könnte.«
    Phil nahm den Hörer vom Apparat.
    Als der Portier sich meldete, bat er, uns eine Karte der Küste heraufzuschicken. Die Karte wurde nach wenigen Minuten von einem Pagen gebracht.
    Phil breitete die Karte aus. Er holte einen Bleistift und malte ein Kreuz.
    »Hier liegt Surviels Bootshaus. Ungefähr hier ist das Boot zerschellt. Es ist ziemlich schwierig, ein unbemanntes Boot auf längere Strecken auf Kurs zu halten, selbst wenn man das Steuer feststellt. Außerdem kann der Kurs nicht korrigiert werden. Die Leute, die den Kahn losließen, müssen also ziemlich in der Nähe sitzen, und zwar mehr oder weniger genau gegenüber. Hier springt eine Landzunge vor. Die Entfernung zu der Unglücksstelle beträgt über das Meer höchstens zwei Meilen. Ungefähr von dort aus müsste man Surviels Schiff losgeschickt haben.«
    »Und ihn selbst?«
    »Sie haben den Kahn beobachtet, und als sie sahen, dass er ungefähr an der richtigen Stelle zerschellen würde, brachten sie den unglücklichen Marquis im Auto über die Küstenstraße und
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