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01 - Nicht ohne meine Tochter

01 - Nicht ohne meine Tochter

Titel: 01 - Nicht ohne meine Tochter
Autoren: Betty Mahmoody
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stützten mich beim Gehen. Wie lange kann Adrenalin wirken?, fragte ich mich. Bestimmt würde ich bald zusammenbrechen. Eine Zeit lang schien mein Geist meinen Körper zu verlassen. Ein Teil von mir beobachtete distanziert und staunte über die Fähigkeiten eines verzweifelten Menschen, während ich den Berg erklomm. Ich sah mir zu, wie ich versuchte, mich ein wenig auszuruhen, während ich bergab ritt. Dann beobachtete ich mich, wie ich mich wieder zu Fuß bergan kämpfte. »Wie viele Berge noch?«, fragte ich Mosehn. »Nazdik.«, sagte er. »Nicht mehr weit.« Ich versuchte, angesichts dieser mageren Information Erleichterung zu fühlen, aber ich brauchte dringend Wärme Ruhe. Gab es wohl irgendwo einen Ort, an dem wir Unterschlupf finden und unsere Kräfte wieder aufbauen konnten? »Der da vorn ist der letzte.«, flüsterte Mosehn. Diesmal gaben meine Beine ganz nach, als ich vom Pferd glitt. Ich strampelte verzweifelt im Schnee, aber ich konnte nicht stehen, auch nicht mit der Hilfe der beiden Männer. Ich konnte nicht einmal spüren, ob meine Beine noch mit dem Körper verbunden waren. Trotz der unglaublichen Kälte hatte ich das Gefühl, als würde ich brennen. »Da daghighe digar.«, und zeigte nach oben. »Noch zehn Minuten.« »Bitte.«, flehte ich ihn an. »Lassen Sie mich ausruhen.«
    Mein Führer erlaubte es nicht. Er zog mich auf die Füße und zerrte mich vorwärts. Mein Fuß rutschte auf dem Eis aus, und ich schwankte so, dass der Führer meinen Arm nicht festhalten konnte. Ich purzelte den Abhang hinunter und rutschte gute drei Meter, bevor ich als hilfloser Haufen liegenblieb. Der Führer eilte zu mir. »Ich schaffe es nicht.«, stöhnte ich. Der Führer rief leise nach Hilfe, und Mosehn kam. »Mahtab.«, flüsterte ich. »Wo ist sie?« »Es geht ihr gut. Die Männer tragen sie hinauf.« Mosehn und der Führer zogen mich hoch. Die beiden Männer legten meine Arme um ihre Schultern und hoben mich vom Boden auf. Wortlos schleiften sie mich den steilen Hang hoch. Meine baumelnden Beine pflügten durch den Schnee. Trotz ihrer Last schritten die Männer mühelos bergauf, sie atmeten nicht einmal schwer. Mehrmals lockerten sie ihren Griff und versuchten, mich allein laufen zu lassen. Aber jedes Mal knickten meine Knie sofort wieder ein, und sie mussten mich auffangen. »Bitte,«, rief ich, »ich muss mich ausruhen!«
    Die Verzweiflung in meiner Stimme ließ Mosehn aufhorchen. Er half mir, mich im Schnee flach hinzulegen, dann legte er mir seine eigene eiskalte Hand auf die Stirn, um zu sehen, ob sie heiß war. Sein Gesicht - oder was ich davon sehen konnte - zeigte einen Ausdruck von Sorge und Mitgefühl. »Ich schaffe es nicht.«, keuchte ich. Ich wusste jetzt, dass ich noch in der Nacht sterben musste. Ich würde es nicht schaffen, aber ich hatte Mahtab aus dem Iran herausgeschafft. Sie würde durchkommen. Das war genug. »Lasst mich hier.«, sagte ich zu Mosehn. »Gehen Sie mit Mahtab und holen Sie mich morgen.« »Nein!«, bellte Mosehn scharf. Die Kraft seiner Stimme beschämte mich mehr als ein Schlag ins Gesicht. Wie kann ich so etwas machen?, schalt ich mich. Ich habe so lange auf diesen Tag gewartet. Ich muss weiter. »Okay.«, flüsterte ich. Aber ich hatte keine Kraft. Ich konnte mich nicht rühren. Die beiden Männer boten mir ihre Kraft als Ersatz an. Sie zogen mich erneut auf die Füße und schleiften mich den Berg hinauf. Stellenweise reichten die Schneewehen höher als ihre Knie. So sicher sie auch auf den Beinen waren, so stolperten sie doch unter ihrer hilflosen Last. Ein paar Mal fielen wir zusammen in den Schnee. Aber die Männer gaben nicht nach. Jedes Mal, wenn wir stürzten, rappelten sie sich ohne Kommentar wieder auf, ergriffen meine Arme und schleiften mich weiter. Meine Welt wurde dumpf. Vielleicht verlor ich die Besinnung.
    Ein paar Jahre später, wie es schien, hörte ich aus weiter Ferne Mahtab flüstern: »Mommy!« Sie war bei mir. Wir waren auf der Spitze des Berges. »Den Rest des Weges können Sie reiten.«, sagte Mosehn. Er legte mir eine Hand an die Hüfte und hielt meinen Fuß mit der anderen Hand fest. Der andere Mann fasste mich auf der anderen Seite genauso an. Zusammen hoben sie meinen steifgefrorenen Körper über das Hinterteil des Pferdes auf seinen Rücken. Es ging abwärts. Irgendwie gelang es mir, mich auf dem Pferd zu halten, bis wir unten ankamen. Noch umgab uns die Finsternis, obwohl ich wusste, dass bald der Morgen nahen
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