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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos
Autoren: Tom Clancy
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dem, was er im Kopf hat? Ich denke, nicht.«
    »Wunderbar«, sagte Ritter und schritt davon.
    Ihre Voraussetzungen waren praktisch gleich. Das andere Boot hatte einen leichten Vorteil, da es in Führung lag und den Kurs wählen konnte, während der Kutter den Vorteil seines halben Knotens mehr Fahrt dafür brauchte, um schmerzlich langsam aufzuholen. Hier zählte nur das Können, doch auch das unterschied sich bei beiden kaum um ein Jota. Oreza sah zu, wie der andere Mann mit seinem Boot über die Heckwelle des Frachters glitt, regelrecht darübersurfte, indem er die vom Schiff erzeugte Welle anschnitt und backbord entlangglitt, wodurch er vielleicht einen halben Knoten zusätzlich herausholte. Oreza mußte sich seine Bewunderung eingestehen. Er konnte gar nicht anders. Der Mann ließ sein Boot in die Wellentäler gleiten, als könne er sich der Macht von Wind und Wellen widersetzen. Oreza fand daran allerdings keinen Spaß. Nicht angesichts der mit geladenen Waffen am Steuerhaus stehenden Mannschaft. Und schon gar nicht, weil es gegen einen Freund ging.
    »Um Himmels willen, paß mir mit diesen verdammten Waffen auf!« schnarrte Oreza, während er ein wenig nach Steuerbord drehte. Die anderen Mannschaftsmitglieder im Ruderhaus drückten die Schnallen an ihren Pistolenhalftern zu und ließen ihre Knarren in Ruhe.
    »Er ist gefährlich«, sagte der Mann hinter Oreza.
    »Nein, nicht für uns.«
    »Was ist mit all den Leuten, die er... «
    »Die Mistkerle hatten es vielleicht verdient!« Noch ein bißchen mehr Fahrt, und Oreza ging wieder auf Backbord. Er war dabei, die Wellen nach ruhigen Stellen abzusuchen, bewegte das Wachboot ein bißchen nach links und rechts, um die kleine Oberflächendünung auszunützen und auf seiner Verfolgungsjagd ein paar wertvolle Meter zu gewinnen, was allerdings der andere auch tat. Kein Rennen zum America's Cup war so spannend gewesen wie dieses, und insgeheim zürnte Oreza dem anderen Mann, daß der Anlaß dafür so irrwitzig war.
    »Vielleicht sollten Sie... «
    Oreza blickte unverwandt nach vorn. »Mr. Tomlinson, sind Sie etwa der Meinung, daß jemand anderes das Boot besser steuern kann als ich?«
    »Nein, Mr. Oreza«, sagte der andere förmlich. Oreza schnaubte die Scheibe an. »Vielleicht könnten wir einen Hubschrauber von der Navy anfordern?« schlug Tomlinson halbherzig vor.
    »Wofür, Sir? Was glauben Sie, wie weit der noch kommt, etwa bis Kuba? Ich habe einen doppelt so großen Bunkerraum und bin einen halben Knoten schneller, und er hat nur dreihundert Meter Vorsprung. Rechnen Sie es sich doch aus, Sir. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, wir sind in zwanzig Minuten längsseits, da kann er noch so gut sein.« Behandeln Sie den Mann doch mit Ac htung, behielt Oreza dann lieber für sich.
    »Aber er ist gefährlich«, wiederholte Tomlinson.
    »Ich gehe das Wagnis ein. Da... « Oreza ließ das Schiff nach Backbord abdriften, ritt durch die Heckwelle des Frachters und benutzte die vom Schiff erzeugten Stromwellen, um seine Fahrt zu beschleunigen. Interessant, so machen es die Delphine... hat mir einen ganzen Knoten mehr eingebracht, und mein Rumpf eignet sich dafür besser als seiner... Im Gegensatz zu allem, was er hätte empfinden sollen, lächelte Manuel Oreza. Er hatte da gerade etwas Neues über Bootsführung gelernt, dank eines Freundes, den er wegen Mordes verhaften sollte, und zwar weil dieser Mann Leute ermordet hatte, die es verdient hatten, nicht zu vergessen. Er fragte sich, wie wohl die Anwälte damit umgehen würden.
    Nein, er mußte ihm mit Achtung begegnen, ihn sein Rennen machen lassen, so gut er konnte. Sollte er doch sein Heil in der Flucht suchen, obwohl sein Schicksal besiegelt war. Ihm das nicht zu gönnen, würde den Mann demütigen und, gestand Oreza sich ein, ihn selbst auch. Wenn alles andere nicht mehr galt, gab es immer noch die Ehre. Es war womöglich das letzte Gesetz der See, und Oreza war wie der von ihm Verfolgte ein Mann, für den die See alles bedeutete.
    Es wurde verteufelt knapp. Portagee ging einfach zu gut mit seinem Boot um, und deswegen wurde das, was Kelly vorhatte, um so riskanter. Er tat sein Bestmögliches. Als er mit der Springer diagonal die Heckwelle des Schiffs durchschnitt, hatte er das geschickteste Manöver seines Lebens auf See ausgeführt, aber dieser verdammte Küstenwachoffizier hatte es mit seinem Tiefgang pariert. Beide Motoren der Springer waren im roten Bereich, beide liefen jetzt heiß. Dieser elende
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