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0090 - Satans Doppelgänger

0090 - Satans Doppelgänger

Titel: 0090 - Satans Doppelgänger
Autoren: Hans Wolf Sommer
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auch täuschen. Es war schwierig, einem Fremden ins Herz zu sehen. Noch dazu, wenn dieser jemand trotz zeitgemäßer Kleidung eine andere Mentalität hatte.
    »Vater, wie wäre es, wenn du das Gepäck der Herren hereinholst?« forderte ihn Ava auf.
    Der Indianer nickte. Es war offensichtlich, daß seine Tochter die Hosen in diesem Haus anhatte.
    In Begleitung des Mannes gingen Bill Fleming und Stigwood nach draußen zu ihrem Wagen. Alles was sie zur Übernachtung benötigten, bewahrten sie in zwei kleinen Handkoffern auf. Der Motelier nahm diese an sich.
    »Noch etwas?« fragte er.
    »Nein«, antwortete Stigwood, berichtigte sich dann aber. »Doch, warten Sie.«
    »Was denn noch?« erkundigte sich Bill.
    »Der Spiegel! Ich möchte ihn doch lieber nicht hier draußen im Wagen lassen.«
    Bill lachte. »Meinen Sie, den klaut hier einer? Da kommt höchstens ’ne Klapperschlange, die mal nachsehen will, wie schön sie ist.«
    »Trotzdem«, sagte der Händler. Er streckte die Hände nach der Decke aus, in der der Spiegel eingewickelt war.
    Er stutzte, zog die Hände dann ruckartig zurück. Ein seltsamer Ausdruck war in sein Gesicht getreten.
    »Ist was, Chris?« fragte der Kulturhistoriker.
    »Weiß nicht«, sagte Stigwood mit gerunzelter Stirn. »Fühlen Sie mal!«
    »Was denn — die Decke?«
    »Ja, ja!«
    Bill griff nach Decke und Spiegel. Sofort wurde ihm klar, was seinen Begleiter stutzig gemacht hatte.
    Frost!
    Durch die Decke hindurch spürte er eine nahezu arktische Kälte, die ihm schleichend in die Glieder kroch. Er reagierte wie Stigwood und zog die Hände zurück.
    »Haben Sie es auch gespürt, Bill?«
    »Ja, ich habe es gespürt.«
    Gedankenvoll stand Bill vor der Fläche und starrte den eingewickelten Spiegel an. Er stand hochkant eingeklemmt zwischen zwei Plastikkisten voller Töpferwaren, die ein Verrutschen während der Fahrt verhindert hatten. Rein äußerlich war der Decke nicht das geringste anzusehen. Aber Bill gab sich keinen Illusionen hin. Unter dem Stoff stimmte etwas nicht.
    »Was ist nun?« schaltete sich der Indianer ein, der abwartend etwas im Hintergrund stand. »Soll ich noch was tragen oder soll ich nicht?«
    »Moment, Meister, ja?« wehrte Bill ihn ab. »Gehen Sie schon mal.«
    Der Motelier nahm die beiden Koffer und verschwand im Haus. Bill griff wieder nach dem Spiegel, zerrte ihn zwischen den Kisten vor. Dabei machte er die Feststellung, daß die eisige Kälte offenbar nur von der nicht sichtbaren Glasscheibe ausging. Der Spiegelrahmen hingegen sonderte keinen Frost ab.
    »Was haben Sie vor?« wollte Stigwood wissen.
    »Auspacken, natürlich! Oder wollen Sie den Dingen nicht auf den Grund gehen?«
    »Natürlich«, murmelte der Händler.
    Vorsichtig schälte der Kulturhistoriker den geheimnisvollen Spiegel aus der bunten Decke. Ein besonders gutes Gefühl hatte er nicht dabei. Die warnenden. Worte des alten Mannes im Pueblo klangen in ihm nach.
    Dann lag der Spiegel frei. Unwillkürlich prallte Bill Fleming zurück.
    »Jesses!«
    Sein spontaner Ausruf war nicht unbegründet. Ein strahlender Glanz ging vom Glas des Spiegels aus, der heller erschien als die Sonne. Nein, dieser Vergleich stimmte nicht. Dieses Licht war nicht goldgelb, sondern silbern. Das Strahlen war so intensiv, so stechend, daß Fleming und Stigwood unwillkürlich den Kopf wegdrehten und die Augen schlossen.
    Als sie wieder hinblickten, veränderte sich das Bild. Das Gleißen verlor sich. Die silberne Oberfläche des Spiegels wurde stumpf. Aber damit war der Normalzustand nicht wiederhergestellt. Ganz im Gegenteil.
    Jetzt geschah etwas ganz anderes. Nebel begannen aufzuwallen, krochen in silbernen Schwaden aus dem Glas, hüllten den ganzen Spiegel ein. Sie wabberten wie eine kalte Feuerlohe. Gestalten schienen sich heranzubilden, verflüchtigten sich, wieder. Schemen schienen sich in einem irrsinnigen, wirbelnden Tanz zu vereinigen, strebten anschließend wieder auseinander.
    Und die ganze Zeit über war da ein eisiger Hauch, in dem die Luft erstarrte.
    Dann hörte der Spuk beinahe abrupt auf. Die wallenden Nebel schrumpften zusammen, wurden regelrecht von dem Spiegelglas aufgesogen, verschwanden, als hätte es sie nie gegeben. Sekunden später war der Spiegel wieder das, was er sein sollte: ein kostbares Andenken.
    Dafür versetzte nun etwas anderes Fleming und Stigwood in Spannung.
    Hastende Schrittgeräusche.
    In ihrem Rücken!
    Sie fuhren alarmiert herum. Bill sah gerade noch, wie eine dunkle Gestalt hinter dem Haus
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