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008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg
Autoren: Gimone Hall
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Hinblick auf dieses Frauenzimmer?«
    »Wenn es so wäre, dann wäre ich noch immer in der Anstalt. Nein – ich mag sie einfach nicht, das ist alles. Deswegen muss man nicht gleich verrückt sein.«
    »Nein, nein. Mein Fall war sie auch nicht. Aber Beth … du zitterst ja!«
    »Mich friert«, sagte Beth. »Hast du eine Zigarette für mich?«
    Karen warf ihr eine Packung zu. »Da, hier hast du auch noch Feuer.« Karen hielt ihr die Flamme des goldenen Feuerzeuges entgegen.
    Der Summer an der Tür ertönte. »Meine Güte, ich bin noch nicht fertig!« rief Karen. Eilig schlüpfte sie in Goldpumps.
    »Karen.«
    »Ja?«
    »Mit wem ist Marq jetzt zusammen?«
    »Hm, mit mir, aber du weißt ja, wie er ist. Möchtest du ihn zurück haben?«
    »Nein, besten Dank.«
    »Das dachte ich mir. Träumst du noch immer von Topfgeranien auf dem Fensterbrett und hausgemachten Obstkuchen? Aber jetzt sag – wie sehe ich aus?«
    »Umwerfend.«
    »Dann also bis später!« Und Karen wirbelte zur Tür hinaus.
    Beth ging in die Küche und legte das tiefgekühlte »Chowmein« in siedendes Wasser. Ja, es stimmte, trotz ihrer Eheerfahrung schielte sie immer noch mit einem Auge nach Geranien und Obstkuchen. Und dafür war Marq nicht der Richtige. Mit ihm würde das nie klappen, hatte Karen sie damals gewarnt – auch nicht mit Couture-Windeln.
    Damals hatte Beth nicht darauf hören wollen. Wie berauscht von Marqs Rosensträußen, hatte sie sich immer mehr in ihn verliebt, bis er ihr eines Abends ein Arrangement vorschlug, wie andere Männer vielleicht einen Heiratsantrag machten.
    Als sie ablehnte, war er erstaunt, ja sogar gekränkt gewesen. Und sie hatte erst später begriffen, dass er ihr so viel von seinem Ich geboten hatte, wie noch nie einer Frau.
    Danach hatte sie Peter Mitchell kennen gelernt, einen Fotografen, der Marqs Modelle für Vogue fotografierte. Von Anfang an war es Peter und nicht sie gewesen, der von einer dauernden Verbindung gesprochen hatte. Noch ehe er voll Bewunderung von ihren nachtdunklen Augen geschwärmt hatte, hatte er ihr von dem Familiensitz erzählt, einem alten Haus in Massachusetts, der seit alters her seiner Familie gehörte. Zunächst hatte sie das alles als seltsam und ein wenig verdreht empfunden, aber im Grunde hatte es ihr gefallen. Für Marq war sie nicht mehr als ein weibliches Schmuckstück gewesen, aber Peter schien bis in die Tiefen seiner Seele nach ihr zu verlangen. Das Leben hatte plötzlich an Vielfalt gewonnen. Es waren für sie ganz neue Dimensionen, und sie spürte, wie ihr Leben bereichert wurde.
    Dann waren Tage gekommen, da war Peter in ein Brüten versunken, aus dem auch sie ihn nicht hatte reißen können – aber sie empfand dies als Herausforderung an ihr Verständnis und Mitgefühl.
    Beth drückte die Zigarette aus und kämpfte gegen den Impuls, die oberste Kommodenlade zu öffnen. Sie verlor den Kampf. Das glänzende Ebenholz der Zauberpuppe hob sich markant von den Seidenschals ab. Die Augen aus falschen Edelsteinen glitzerten boshaft.
    War es nur ein kitschiges Souvenir für Touristen, oder ein echter Fetisch? Verfügte die Puppe über magische Kräfte?
    Sie stieß die Lade zu und konnte ein Gefühl des Unbehagens nicht abschütteln. Warum musste sie sich von derart albernem Zeug immer noch Angst einjagen lassen? Es war nichts als eine dumme Puppe. Entschlossen zog sie die Lade wieder auf und stellte die Puppe auf die Kommode.
    Ein scharfer Geruch machte sich bemerkbar. Das chinesische Fertiggericht war total verbrannt und ungenießbar. Beth kratzte den Topf aus und geriet bei dem Bemühen, ihn blitzblank zu scheuem, in Schweiß.
    »Hoffnungslos.« Sie füllte das Gefäß mit Wasser und wurde sich plötzlich einer drückenden Stille bewusst. Beth ging ins Schlafzimmer und warf sich auf das Bett. Mit leerem Blick starrte die Puppe sie an.
    Beth stieß einen Seufzer aus. Und dann, ohne jede Vorwarnung, hörte sie sich aufschreien. Die Schreie kamen aus ihrem Innersten, als sie – wohl schon zum tausendsten Mal – von der Erinnerung an die schrecklichen Szenen vor Gericht übermannt wurde.
    Der Lärm im Gerichtssaal heulte wie Wind in ihren Ohren. Sie hörte ihre Schreie, die schrecklichen Dinge, die sie herausschrie und sich dabei fast die Stimmbänder zerriss, weil sie vermeinte, alle durch Lautstärke überzeugen zu müssen.
    Blitzlichter der Fotografen – der Richter, der zur Ruhe rief: »Wir leben im zwanzigsten Jahrhundert. Wir führen keinen Hexenprozess. Die Angeklagte wird zur
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