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008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg
Autoren: Gimone Hall
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sie an sich zog und sie in den Armen hielt. Es war eine Geste der Freundschaft – nichts weiter. Beth hatte nicht geahnt, wie sehr sie sich hierher zurückgesehnt hatte. Es war lange her, seit sie sich irgendwohin gehörig gefühlt hatte.
    »Feiern wir heute zusammen, Beth?«
    Sie lächelte. »Nein.«
    »Gut. Und wann kannst du mit der Arbeit anfangen?«
    »Je eher, desto lieber. Also morgen.«
    Er sah ihr nach, als sie die Treppe hinunterging. Wäre er ein für die Ehe geeigneter Mann gewesen, so hätte er Beth ganz sicher geheiratet. Wahrscheinlich war er ein Dummkopf, dass er es nicht getan hatte, dachte er sich. Diese Chance hatte er für immer vertan. Wenn er sie geheiratet hätte, wären die schrecklichen Dinge, die ihr zugestoßen waren, vielleicht nie passiert.
    Auch jetzt noch konnte er nicht verstehen, warum oder wie das alles hatte geschehen können.
    Und trotzdem blieb die Tatsache bestehen: Beth Mitchell hatte das Haus Gipson vor acht Jahren verlassen. Die letzten drei Jahre hatte sie in einer geschlossenen Anstalt verbracht.
     
     
    2
     
     
    »Im Kühlschrank steht ein gefrorenes Chowmein«, sagte Karen aus dem Badezimmer, wo sie in einer Dampfwolke der Badewanne entstiegen war. »Falls du es dir nicht doch noch überlegst und mitkommst.«
    Beth lag in einem kuscheligen Morgenrock auf Karens Bett. »Keine Rede«, sagte sie und räkelte sich behaglich. »Das hier ist zu köstlich. Und ich bin müde.«
    Karen nickte. »Ja, vielleicht solltest du dich noch schonen«, meinte sie.
    Karen war sofort bereit gewesen, ihre frühere Wohngemeinschaft wieder aufzunehmen. Die Aussicht, mit einer ehemaligen Irren die Wohnung zu teilen, machte ihr offenbar nichts aus. Das sah ihr ganz ähnlich, dachte Beth. Sie konnte sich gar nicht erinnern, dass Karen jemals Furcht gezeigt hätte. Oder etwas gebraucht hätte. Beth hatte sich oft gewünscht, sie hätte so viel Lebensfreude und Unabhängigkeit mitgebracht, wie die um zwei Jahre jüngere Karen.
    Karens Wohnung war deutlicher Ausdruck ihres Wesens. Ein Stil- und Mustergemisch, dessen Wirkung eine interessante Dissonanz ergab. Ein Glastisch, ein weicher Wollteppich und samtene Bodenkissen gesellten sich zu seidenbespannten Sesseln, geflochtenen Körben, afrikanischen Skulpturen und endlosen Reihen von Kerzen, mit und ohne Duft und in allen Größen und Farben. Über dem Kamin hing ein Bild der einst geschätzten Hudson-River-Malerschule, auf dem Sims stand ein Keramikstier aus Peru.
    Eine sehr gemütliche Wohnung, und doch spürte Beth ein leichtes Unbehagen. Wahrscheinlich war es die Sammlung von seltsamem Krimskrams, besonders die primitiven Stücke aus Afrika. Unwillkürlich wurde dadurch die Erinnerung an eine andere, weniger künstlerische Sammlung in einem Raum des Hauses in Colwood wach.
    Karen musste ähnliche Gedanken bewegt haben, denn als sie die Wohnung gemeinsam betreten hatten, war sie eilig ins Schlafzimmer gehuscht, und Beth hatte gehört, wie eine Lade hastig auf- und zugemacht wurde, als hätte man verstohlen etwas darin versteckt.
    Hatte Karen nicht eine Zauberpuppe aus Westindien besessen? Eine Puppe, die sie als originellen Gag einmal bei einer Modeschau verwendet hatte?
    »Beth«, sagte Karen jetzt unvermittelt, »was ist denn aus deinem Kind geworden? Was ist mit Starla?«
    Beth zuckte wie unter einem Schlag zusammen, und Karen bemerkte ihre Reaktion. »Ich möchte es wissen – aber nur, wenn du darüber sprechen willst. Ich möchte dir nicht nahe treten.«
    »Sie wurde Effie zugesprochen«, sagte Beth. »Sonst war ja niemand da.«
    »Das war doch die Amme, die du und Peter engagiert hattet?«
    »Ja. Starla betete sie an. Sie sind hier in New York. Leider weiß ich nicht wo.«
    Karen, die ein Kleid aus schmiegsamem Jerseymaterial angezogen hatte, kämpfte mit ihrer Strumpfhose. »Darfst du sie Wiedersehen?«
    »Nein, noch nicht. Ich soll eine Zeitlang allein bleiben und mich an die Freiheit gewöhnen. Wenn der Arzt mit meinem Zustand zufrieden ist, wird er eine Zusammenkunft befürworten. Das ist mein großes Ziel. Ich möchte sie sehen und zurückbekommen. Am liebsten gleich jetzt. Karen – mir ist ja so viel entgangen. Die Kleine ist inzwischen sechs.«
    »Ja, ich weiß. Aber du musst tun, was man verlangt, und darfst nichts überstürzen. Sicher ist Starla in guten Händen.«
    »Wenn ich dessen nur sicher sein könnte!« Diese Worte kamen mit solchem Nachdruck, dass Karen betroffen aufsah.
    »Hast du noch immer deine komischen Ideen in
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