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008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg
Autoren: Gimone Hall
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nur eine exzentrische Person, und die Hellseherin hatte sich nicht geirrt, wenn sie keinen Mörder erblicken konnte.
    Das Kind, das in dem Haus geweint hatte, war auch nicht Effies Werk, sondern das Produkt ihrer erregten Phantasie.
    Ihre Hoffnungen waren von neuem erwacht. Sie sah wieder die Chance für ein neues Leben mit ihrem Kind. Sie war unendlich erleichtert, als sie Jims Krankenzimmer betrat. Sie glaubte nicht mehr an seinen Tod, die Hellseherin war vergessen.
    Sie beugte sich über ihn, um ihm die wunderbare Neuigkeit mitzuteilen, dass Mrs. Hillburtons Tod ein Unfall gewesen wäre, dass sie nie Opfer einer Hexe gewesen sei. »Jim, Liebling …«
    Aber er hörte gar nicht zu. Er starrte sie mit merkwürdiger Miene an. Um Atem ringend kämpfte er darum, ihr etwas zu sagen.
    »Ich habe sie gesehen«, flüsterte er schließlich.
    »Wen denn?«
    »Gestern, als du das Kind hörtest, legte ich dir einen Talisman in die Hand und sprach einen Zauberspruch. Ich hängte den Talisman an einen Baum bei Effies Haus, um ihre Zauberkräfte von dir abzulenken. Und auf der Rückfahrt sah ich sie. Ganz deutlich. Ich geriet ins Schleudern, als ich ihr ausweichen wollte.«
    »Wem denn?«
    »Jan. Es war Jan!«
    Also hatte er sie doch gefunden und musste dafür mit dem Leben bezahlen. Als hätte es die letzten Minuten nie gegeben, war Beth jetzt wieder felsenfest davon überzeugt, dass Effie dahinter steckte.
    »Jim, sie hat in dir den Feind gespürt. Sicher geht auch Mrs. Hillburtons Unfall auf ihr Konto.«
    Effie Saxton war ein Geschöpf des Satans. Niedergeschlagen verließ Beth Jim Sanders. Er war in Effies Gewalt, und die würde nicht eher ruhen, bis er tot war.
    Effie hatte Peter auf dem Gewissen. Jim sollte nicht auch noch ihr Opfer werden! Einen Augenblick dachte sie daran, sich an die weißen Hexen zu wenden, aber sie wusste nicht einmal mehr die Adresse. Sie war bei der Rettung Jims ganz allein auf sich gestellt.
    Beth blieb vor dem Schaufenster eines Trödelladens stehen. Sie sah darin ein Stilett. Plötzlich wirkte das Messer wie ein Magnet auf sie. Sie ging hinein, kaufte es und steckte es in die Tasche.
    Der Mann am Fahrkartenschalter hatte den Namen des kleinen Ortes noch nie gehört. »Rockery Hill? Kenne ich nicht.«
    Der Waggon war schmutzig. Es roch nach Feuchtigkeit und schalem Rauch. Durch die dreckigen Fensterscheiben wirkte die graue Landschaft noch trüber. Beth wurde durch das Schaukeln des Zuges fast eingeschläfert. Der Rhythmus der Räder klang ihr in den Ohren: »Töte die Hexe, töte die Hexe!«
    Rockery Hill. Der kleine Ort war vom Bahnhof aus zu überschauen. Die wenigen Häuser lagen auf einem Hang gegenüber. Ganz oben, in einiger Entfernung von den übrigen, stand das letzte Haus – ein altertümlicher, verwinkelter Bau.
    Der Wind pfiff durch die Baumkronen, während Beth die ungepflasterte Straße entlangging. Je näher sie dem Haus kam, desto lauter schrieen die Krähen. Dann ragte in der Dunkelheit vor ihr die Veranda auf. Beth ging die Stufen hinauf und ließ den metallenen Türklopfer ertönen. Das hohle Geräusch vermengte sich mit dem Gekrächze der Krähen. Beth holte das Messer aus der Tasche.
    Die Tür ging auf, und vor ihr stand ihre Peinigerin.
    »Gehen Sie, Mrs. Mitchell! Sie haben den Verstand verloren und gehören in eine Anstalt!«
    Beth hob das Messer.
    Woher war auf einmal das schöne Mädchen mit den dunklen Augen gekommen? Das anmutige Kind mit dem durchscheinenden Teint? Einen Augenblick, bevor das Messer zu stach, hatte es noch nicht dagestanden. Irgendwie war es ihr in den Weg getreten. Nun lag es zusammengesunken zu Effies Füßen.
    Nein, das durfte nicht wahr sein! Sie konnte nicht ihre eigene Tochter erstochen haben! Ihr verwirrter Verstand gaukelte Beth vor, das Kind stünde auf und käme mit einem Lächeln des Willkommens, mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Und wieder sah sie Starla als armseliges Häufchen auf dem Boden. Beth schrie. Wieder sah sie das Kind aufstehen – hinfallen und aufstehen …
     
     
    30
     
     
    Es gab zwei Beerdigungen – eine für Jim Sanders und die andere für Starla. Karen und Marq waren zu beiden Anlässen erschienen. Karen streute Rosenblätter über das frische Kindergrab.
    »Arme Beth«, sagte sie. »Sie wird wohl ihr ganzes Leben in der Anstalt verbringen. Die Ärzte halten den Fall für hoffnungslos.«
    »Sie muss die ganze Zeit über irr gewesen sein«, antwortete Marq. »Eigentlich hätte es uns auffallen müssen. Sie konnte
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