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0059 - Der Dämon aus der Tiefe

0059 - Der Dämon aus der Tiefe

Titel: 0059 - Der Dämon aus der Tiefe
Autoren: A.F. Morland
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nicht zum Grinsen. Langsam drehte er sich um. Mit unsicheren Schritten ging er weiter, während sein Freund stehen blieb.
    Er beneidete Mick darum, den längeren Halm gezogen zu haben. Ob Mick gemogelt hatte? Konnte er ja gar nicht. Er hatte ihm die Halme hingehalten, und er, Phil, hatte sich für einen davon entschieden.
    Die Angst steigerte seine Sensibilität. Er sah besser und hörte besser. Obwohl er bemüht war, so leise wie möglich auf das Gebäude zuzuschleichen, kam es ihm vor, als stampfe er wie ein Elefant darauf zu.
    Schleppend legte er die letzten Meter zurück. Eine Aura des Todes, der Verwesung, der totalen Auflösung schien das Gebäude zu umgeben. Casa blieb stehen. Er hob den Kopf. Das Haus schien sich vorzuneigen, als wollte es sich schon in der nächsten Minute auf ihn stürzen und ihn unter sich begraben.
    Eine schreckliche Todesahnung erfasste den Jungen.
    Mit einemmal hatte er das Gefühl, für immer in diesem Haus bleiben zu müssen, wenn er es betrat. Seine Vernunft sträubte sich gegen die nächsten Schritte. Aber dort hinten war Mick. Und er würde sich halb tot lachen über ihn, wenn er jetzt umkehrte, und damit zugab, dass er nicht den Mut aufbrachte, ein leerstehendes Gebäude zu betreten.
    Phil versuchte sich einzureden, dass ihm dort drinnen absolut nichts geschehen konnte.
    Spukgeschichten können einen zwar ängstigen, aber sie können einen nicht umbringen. Und sie können einen nicht festhalten.
    Ein leeres Haus! , redete Casa auf sich im Geist ein. Es ist nichts weiter als ein leeres, altes Haus. Die Leute haben aus ihm das gemacht, wovor du jetzt Angst hast. Nur die Leute. Sie haben Geschichten erfunden, um ihre Langeweile damit totzuschlagen. Es ist alles erfunden. Davor brauchst du doch keine Angst zu haben.
    Putz knirschte unter Casas Schuhen. Nervös schaute er sich um.
    Wie angewurzelt stand Mick im Unkraut.
    Eine schreckliche Kälte legte sich zwischen die glühenden Schulterblätter des Jungen. Dunkles Efeu rankte sich an der Hausmauer hoch. Mit schwarzen, knotigen Fingern krallte es sich am Gebäude fest, wucherte bis zur löchrigen Dachrinne hinauf.
    Die Steinplatten wackelten unter dem federgewichtigen Rothaarigen. Sein glasiger Blick war starr auf die morsche Tür des Hauseinganges geheftet. Er empfand Furcht und Abscheu, als er das feuchte Holz der Tür berührte.
    Blieb es ihm wirklich nicht erspart?
    Er wandte sich ein letztes Mal um. Mick rührte sich nicht von der Stelle.
    Es musste sein. Casa nahm all seinen jämmerlichen Mut zusammen. Er versuchte die bohrende, lausige Angst aus seinem erhitzten Schädel zu verjagen. Mit der Entschlossenheit eines beinahe Verzweifelten drückte er gegen die Tür, und er hoffte, dass sie nicht nachgeben, ihn nicht einlassen würde.
    Aber sie gab nach. Geisterhaft schwang die uralte Tür zur Seite. Etwas schnürte die Kehle des Jungen zu. Er bekam keine Luft. Verstört riss er den Mund auf. Nun konnte er wieder atmen. Er tat es mit einer gewissen Gier.
    Casas vom Glas der Brille vergrößerte Augen starrten in die Dunkelheit des unheimlichen Spukhauses hinein.
    Phil hatte das Gefühl, in ein Grab zu blicken.
    Aufgewühlt schaute er auf seine Uhr. Es war viertel vor zehn. Er dachte an seine Eltern. Um zehn Uhr wollte er zu Hause sein. Sie machten sich bestimmt Sorgen, wenn er sich verspätete. Aber waren das nicht schon wieder Ausflüchte, um dieses schreckliche Gebäude nicht betreten zu müssen?
    Viertel vor zehn! Jetzt! , sagte sich Casa.
    Es würde zweiundzwanzig Uhr sein, wenn er dieses Haus wieder verließ. Natürlich in Angstschweiß gebadet.
    Wenn er es wieder verließ.
    Und dann war Mick dran!
    Entschlossen trat der rothaarige, magere Junge ein. Hoch- und Tiefbauingenieur hatte er werden wollen. Damit war es nunmehr vorbei. Phil Casa hatte in diesem traurigen Moment keine Zukunft mehr. Er ahnte das zwar, aber er wusste es nicht…
    ***
    Donnerwetter! , dachte Mick Kovacs. Er schüttelte den Kopf. Du hast ihn unterschätzt! , sagte er sich. Er hat das Haus tatsächlich betreten. Verdammt. Und dabei habe ich so sehr darauf gehofft, dass er letztlich doch noch umkehren würde.
    Kovacs blickte auf seine Uhr. Viertel vor zehn.
    Um zehn bist du an der Reihe!
    Ein mulmiges Gefühl schlich sich in seine Eingeweide. Verrückt war das. Sie waren alle beide nicht richtig im Kopf. Wie hatten sie nur auf diese haarsträubende Idee kommen können? Kovacs befürchtete, dass sich ihr hochgespielter Wagemut bitter an ihnen rächen würde.
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