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0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1

0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1

Titel: 0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1
Autoren: Unser Staatsfeind Nummer 1
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Ich gehe nämlich immer jede Straßenseite zweimal entlang, bis ich meine Blätter losgeworden bin.«
    »Um wieviel Uhr hast du hier an der Kreuzung angefangen?«
    »Kurz nach drei. Um drei habe ich mir die Blätter geholt und bin dann mit der U-Bahn nach hier gefahren. Muß kurz nach drei gewesen sein, als ich hier anfing, denn vom Druckgebäude der ›Tribune‹ bis nach hier sind es mit der U-Bahn höchstens fünf Minuten.«
    »Also sagen wir gegen acht bis zehn Minuten nach drei. Kommt das hin?«
    »Ja, ziemlich genau sogar.«
    »Gut. Auf welcher Seite der Kreuzung standest du?«
    »Der Kneipe hier genau gegenüber. Vor der großen Parfümerie.«
    Ich nickte. »Wie lange hast du an der Ecke gestanden?«
    »Keine zwei Minuten, Sir, bestimmt keine zwei Minuten! Ich hatte gerade erst zwei oder drei Blätter an den Mann gebracht, da hörte ich auf der Kreuzung das laute Quietschen von Bremsen.«
    Mir kam es auf Einzelheiten an, deshalb unterbrach ich ihn: »Bis dahin hattest du natürlich nicht auf den Straßenverkehr geachtet? Dich interessierten ja vor allen Dingen die Fußgänger, nicht wahr?«
    »Klar, ’n Autofahrer hält nur ganz selten an, um uns eine Zeitung abzunehmen. Aber als dann die Bremsen so laut quietschten, habe ich natürlich sofort auf die Kreuzung geblickt.«
    »Da standest du aber noch vor der Parfümerie?«
    »Ja, links vom Eingang.«
    »Wie groß ist die Entfernung von dem Platz, wo du standest, bis zur Mitte der Kreuzung?«
    »Zwanzig bis fünfundzwanzig Yard.«
    »Gut. Weiter. Du hörtest also plötzlich das laute Quietschen von Bremsen.«
    »Ja. Und als ich hoch sah und zur Kreuzung blickte, da sah ich, daß ein Wagen hatte bremsen müssen, weil ein anderer aus der Seitenstraße die Vorfahrt nicht beachtete. Sie waren aber so weit voneinander entfernt, daß nichts passieren konnte. Und weil im selben Augenblick ein Mann nach einer Zeitung griff und mir ’nen ganzen Dollar hinhielt, so daß ich wechseln mußte, konnte ich mich nicht mehr um die Sache kümmern.«
    »Verstehe. Du hast also das Geld gewechselt. Wie ging es nun weiter?«
    »Als ich dem Mann das Wechselgeld zurückgegeben hatte, sah ich noch mal zur Mitte der Kreuzung hin. Ich hab’ mir gar nichts weiter dabei gedacht. Ich wollte nur ma] sehen, ob der andere Wagen inzwischen klargekommen war.«
    »Welcher Wagen? Der aus der Seitenstraße oder der von der Hauptstraße, der eigentlich die Vorfahrt gehabt hätte?«
    »Der von der Hauptstraße. Das war doch der, der bremsen mußte. Als ich wieder hoch sah, verschwand der Schlitten in der Seitenstraße, aus der der andere gekommen war.«
    »Und? Wie ging es weiter?«
    »Aber auf der Kreuzung lag etwas. Zuerst konnte ich es nicht erkennen. Wer denkt denn an so etwas?«
    Er schluckte wieder.
    Dann nahm er einen Schluck von dem verdünnten Whisky und fuhr mit leiser Stimme fort: »Und dann sah ich, daß es ein Sack war, Mister. Und er hatte so seltsame Flecken, dunkle, rotbraune Flecken. Ich weiß auch nicht, warum ich gleich an Blut dachte, aber es war eben so. Blut! schoß es mir durch den Kopf. Zuerst war ich so erschrocken, daß ich mich nicht rühren konnte.«
    »Hat denn niemand sonst bis zu diesem Augenblick den Sack gesehen?«
    »Das weiß ich nicht, Sir. Von den Fußgängern paßt ja keiner auf, was mitten auf der Fahrbahn passiert. Und bei dem herrschenden Verkehr konnte man den Sack ja auch immer nur in den kurzen Augenblicken zwischen zwei vorbeifahrenden Wagen erkennen. Von den Autofahrern müssen eigentlich alle den Sack gesehen haben, aber Sie wissen ja, wie das ist, Sir. Wenn man am Steuer sitzt, kann man schlecht mitten auf einer belebten Kreuzung anh alten.«
    »Das ist wahr. Wie ging es denn jetzt weiter?«
    »Na ja, als ich mich von meinem Schreck ein bißchen erholt hatte, wollte ich auf die Kreuzung laufen. Aber bei dem Verkehr, der über die Hauptstraße ging, wäre das ja glatter Selbstmord gewesen. Die Autos fuhren an dem Sack vorbei, als ob er gar nicht da wäre.«
    »Sie werden gedacht haben, daß ihn irgendein Lastwagen verloren hat«, warf Phil ein. »Das Blut brauchen sie nicht unbedingt bemerkt zu haben. So schnell, wie ein Auto daran vorbeifahren mußte, konnten sie die Bedeutung der dunklen Flecken wahrscheinlich gar nicht erkennen.«
    »Kann sein«, nickte der Junge. »Ich wußte jedenfalls ein paar Sekunden lang nicht, was ich anfangen sollte.«
    »Wie kam es, daß du die Flecken auf dem Sack nicht auch für harmlos gehalten hast?« fragte ich.
    »Ich
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