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0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1

0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1

Titel: 0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1
Autoren: Unser Staatsfeind Nummer 1
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näherten. Wenig später waren der Lautsprecherwagen und die zugesagte Hundertschaft eingetroffen. Der Lieutenant übernahm die Einteilung der Leute. Während sich seine Cops formierten und die Leute nach den vier verschiedenen Richtungen auseinanderdrängten, plärrte eine Stimme aus dem Lautsprecherwagen: »Ladies and Gentlemen! Bitte geben Sie auseinander! Sie behindern den Verkehr. Weitergehen! Bitte gehen Sie weiter! Leisten Sie den Anordnungen der Polizeibeamten Folge! Gehen Sie weiter! Bitte…«
    In eintönigem Sing-Sang wiederholte der Sprecher seine Bitte. Phil und ich warteten, bis sich die ersten Resultate zeigten. Die Menge begann zu zerbröckeln. Schon sah man Leute, die bis jetzt herumgestanden und gegafft hatten, eilig in den Seitenstraßen verschwinden. Nach einiger Zeit war die Kreuzung so weit geräumt, daß wir uns bis zu unserem Jaguar durcharbeiten konnten. Ich setzte mich hinein, zog den Hörer des Sprechfunkgerätes ans Ohr und forderte die Mordkommission an.
    Ich stieg wieder aus und schlenderte mit Phil zurück zu dem furchtbaren Fund. Als wir nur noch ein paar Schritte davon entfernt waren, sahen wir es.
    Die Schnur mußte sich gelöst haben. Jetzt stand der Sack offen. Man konnte, wenn man sich bückte, hineinsehen. Wir taten es. Und das Blut gefror uns in den Adern.
    ***
    Wir standen sekundenlang still und waren unfähig zu einer Bewegung.
    Es mußte wahrhaftig ein Verrückter gewesen sein, der dies getan hatte. Und er mußte den Sack aus einem fahrenden Wagen heraus auf die Kreuzung geworfen haben. Was er damit bezweckte, konnte nur er selber wissen.
    »Ich — eh — ich möchte noch eine Zigarette rauchen«, sagte Phil.
    Seine Stimme klang rauh. Ich nickte nur. Phil zupfte mich am Ärmel.
    »Meine Zigaretten sind ausgegangen. Kannst du…?«
    »Selbstverständlich.«
    Ich hielt ihm meine Schachtel hin, und wir bedienten uns beide. Geflissentlich vermieden wir es, auf den Sack zu blicken. Auch ein G-man ist nur ein Mensch, und er hat einen Magen wie jeder andere.
    Während wir rauchten, auf die Mordkommission warteten und halb mit dem Unterbewußtsein der plärrenden Stimme aus dem Lautsprecher lauschten, die noch immer ihre gleichförmigen Sätze wiederholte, dachte ich darüber nach, wie man diesen Fall ins Rollen bringen könnte. Es würde nicht einfach sein.
    Reifenspuren konnte es auf dem trockenen Asphalt nicht geben, irgendeinen anderen Gegenstand, der vielleicht beim Herauswerfen zufällig mit hätte herausfallen können, gab es nicht. Nicht einmal ein Haar oder sonst irgend etwas Wichtiges.
    Das bemerkten wir bei einem flüchtigen Absuchen der Fundstelle. Und unsere Experten vom Spurensicherungsdienst kamen später zu genau demselben negativen Ergebnis, als sie mit Lupen den Asphalt absuchten.
    Die Menschenmenge war inzwischen durch ein enormes Aufgebot von uniformierten Polizisten zerstreut worden. Außer uns und den Cops war niemand mehr auf der Kreuzung. Dafür sah ich, daß die Kreuzung an allen Zufahrtsstraßen von Polizistenketten abgesperrt war.
    Dies war zunächst nichts anderes als ein einfacher Mord. Zuständigkeitsbereich ganz klar: Stadtpolizei. Aber die bestialische Seite an der Sache würde so weite Kreise in der Öffentlichkeit ziehen, daß es für mich völlig klar war, daß wir von der Bundespolizei diese Sache übernehmen und nicht wieder aus den Händen lassen würden.
    Während mir alle diese Gedanken durch den Kopf gingen, sah ich, daß Phil noch immer fahlgelb im Gesicht war. Auch ich hatte im Magen immer noch dieses würgende Gefühl.
    »Komm, Phil«, sagte ich. »Bis unser Doc hier ist, können wir doch nichts weiter unternehmen.«
    Er nickte.
    Wir sahen uns um. An einer Ecke der Kreuzung, auf der wir standen, war ein kleines Bierlokal. Wir marschierten darauf zu, durchquerten die Postenkette und drückten uns durch die Neugierigen, die noch immer herumstanden.
    In der Kneipe ging es hoch her. An allen Tischen wurde nur von dieser furchtbaren Sache gesprochen. Die tollsten Vermutungen und die unwahrscheinlichsten Zusammenhänge wurden geäußert, anerkannt, bestritten und diskutiert.
    Als wir eintraten, verstummte schlagartig die Schreierei. Wir sahen uns oberflächlich um, dann schoben wir mit dem Zeigefinger unseren Hut ein wenig nach hinten und marschierten zur Theke.
    »Zwei Whisky«, sagte Phil. »Doppelt. Ohne Soda.«
    Der Wirt war ein bärbeißiger Kerl, unrasiert und in Hemdsärmeln. Das Lokal machte den Eindruck einer Kneipe, die entweder schon
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