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0045 - Der Höllensumpf

0045 - Der Höllensumpf

Titel: 0045 - Der Höllensumpf
Autoren: Franc Helgath
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Narbengesichtige war neben der Toreinfahrt stehen geblieben und machte keinerlei Anstalten, näher zu treten. Man konnte seine Gestalt nur unklar wahrnehmen.
    Der Vernarbte war für den Augenblick gesättigt. Ihn dürstete nicht nach neuen Opfern.
    »Nein!«, ächzte Dan Askins, und seine Hände fuhren zur Kehle, als wolle er sich eine Krawatte lockern, die er sich gar nicht umgebunden hatte. Noch mehr Schweiß brach ihm aus den Poren der Stirn, die seit dem Sumpf trotz des Fahrtwindes durch das offene Fenster nicht mehr trocken geworden war. »Nein…«
    Es war ein dumpfes Stöhnen, ein Röcheln. »Schnell weg von hier!«, brachte er krächzend heraus. »Schnell weg. Verzieht euch.«
    »Wieso?«, fragte Larry dümmlich. »Wer ist der Kerl?«
    »Er hat Jeff auf dem Gewissen. Plötzlich kam er aus dem Sumpf, als Gruber Charley alle…«
    »Du spinnst«, gab Larry halblaut zurück und trat aus seiner Deckung hervor. Die Gestalt im Torbogen bewegte sich immer noch nicht.
    Im Treppenhaus wurden Stimmen und das Getrappel von Schritten laut, die schnell die Holzstufen herunterkamen. Dann wurde die Tür aufgerissen, und ein langer, rechteckiger Lichtbalken fiel auf das Innere des Hinterhofes.
    »Was ist denn eigentlich los?«, fragte eine Stimme unwirsch. »Zum Teufel. Sind wir hier im Kindergarten, oder…?«
    Dann hatte auch der Sprecher die Gestalt erkannt. Und die so seltsam stumpfen und doch glühenden Augen.
    »Hey, Kerl! Was hast du hier zu suchen? Verschwinde, oder du erntest eine blaue Bohne.«
    Keine Regung. Keine Reaktion.
    »Er hat Jeff umgebracht«, stöhnte Askins. »So wahr mir Gott helfe. Er hat Jeff umgebracht und aufgefressen.«
    »Und dann ist er dir von den Everglades nachgelaufen, eh?«, äffte der Mann mit der MPi. Mittlerweile standen um die fünf Männer auf dem Hof. Sie alle hatten ihre Waffen auf den Fremden gerichtet, der sich immer noch nicht bewegt hatte, seit er in den Hof getreten war.
    Ein anderer Mann, oben am Fenster. Eine ölige Stimme erklang.
    »Wollt ihr im Hof übernachten? Dann bringt den Gast doch herauf. Ich habe noch nie einen Kannibalen gesehen.«
    Das sollte spöttisch klingen, doch selbst Aldo Terzano, einer der oberen Chargen des Syndikats angehörig, konnte nicht verhindern, dass seine ölige Stimme ins Wanken geriet. Sie vibrierte leicht; ganz hinten in der Kehle. Nur seine besten Bekannten wussten das als ein Zeichen von Unsicherheit und Unruhe zu deuten.
    »Nun macht endlich! Bringt ihn herauf.«
    Aldo Terzano hatte die Gestalt nur in ihren Umrissen erkennen können. Er wusste noch nicht einmal genau, was eigentlich vorgefallen war. Zweimal scharf vorfahrende Autos, dazwischen ein Schuss.
    Ein paar Wortfetzen. Die Lage würde sich klären.
    Unten im Hof sagte der Mann mit der MPi: »Sie haben die freundliche Einladung gehört, Mister.« Er unterstrich seine Aufforderung mit der entsprechenden Bewegung des MPi-Laufes. »Hier geht’s lang.«
    Es war, als würden die Lippen des Fremden sich leicht verziehen.
    Wenn das ein Grinsen sein sollte, dann flößte es einem Grauen ein.
    Gelbe Zähne lagen bloß, und ein Atem wie aus einer Gruft schlug dem Mann entgegen. Unwillkürlich trat er ein paar Schritte zurück, als der Fremde sich in Bewegung setzte.
    Sein Gang war nur schwer zu beschreiben. Er ging so, als bewege er sich auf schwankendem Grund. Er schritt wie einer, dem man nach einem langen Krankenhausaufenthalt den Gips von beiden Beinen abgenommen hat, und der jetzt seine ersten, zögernden Gehversuche wagt.
    Dan Askins stürzte mit grauem Gesicht voraus. Schweiß rann ihm in die Augen und ließ sie tränen. Schweiß rann ihm in den Mund und schmeckte bitter.
    Er hatte das Büro von Aldo Terzano als erster erreicht und drückte sich dort sofort an eine mit roten Seidentapeten bespannte Wand.
    Terzano selbst saß in einem hochlehnigen Polsterstuhl und starrte gespannt in den nur mäßig erleuchteten Gang hinaus. Auch bei Terzano machte sich jetzt eine gewisse Nervosität bemerkbar, doch behielt er sich eisern in der Hand. Askins warf er einen schnellen Blick zu, denn er war es, der behauptet hatte, jemand hätte Gruber »aufgefressen«. Es war ein Blick, wie man ihn einem Irren schenkt. Doch Askins war durcheinander. So viel stand fest. Irgendetwas musste ihm schwer an die Nieren gegangen sein. Na ja, er würde es bald erfahren.
    Aldo Terzano zwang sich zur Ruhe. Was sollte ihm schon passieren? Schließlich befand sich eine kleine Streitmacht mit ihm unter einem Dach. Er
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