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004 - Geister im Moor

004 - Geister im Moor

Titel: 004 - Geister im Moor
Autoren: B.R. Bruss
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mir das Leben gerettet. Er war im Pyjama, und Haare und Bart waren zerzaust.
    »Bist du verrückt, Leila!« Dann nahm er Mrs. Gull am Arm und stieß sie zur Tür. »Los, vorwärts, ich werde dich in dein Zimmer einsperren!«
    Die beiden verschwanden. Ich blieb noch einen Augenblick wie erstarrt stehen. Dann rannte ich die Treppe hinauf in die Halle und verließ das Hotel durch das Portal. Draußen war bereits heller Tag. Ich begab mich sogleich zu Gilcross’ Haus, in der Hoffnung, ihn dort gesund und unversehrt anzutreffen. Vor der Tür fand ich Sally. Sie war sehr blass und verhärmt. Sie reichte mir einen Zettel, und ich las: Kommen Sie schnell nach Roaldmor. Betty geht es nicht gut.
    Betty lag leichenblass im Bett, dunkle Ringe umschatteten ihre blauen Augen. Sie atmete mühsam. Pamela saß neben ihr und hielt ihre Hand.
    »Betty!« rief ich verzweifelt. »Betty, mein Liebling!«
    Sie zwang sich zu einem matten Lächeln. »Jack, ich liebe dich … und ich werde sterben«, hauchte sie. »Heute ist der letzte Tag der schrecklichen Wochen … aber ich werde sterben …«
    »Das ist nicht wahr, Betty … ich lasse es nicht zu! Hat man etwas unternommen? Man muss Dr. Arnold herholen … und andere Ärzte!«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das nützt alles nichts, Jack. Sie würden nicht finden, was mir fehlt. Es sind die Racheboten der Ludmar, die mich töten. Sie würden mich töten, und wenn ich zwanzig Ärzte um mich herum hätte.«
    Ich wandte mich an die Zwergin: »Sagen Sie, das es nicht wahr ist … Sagen Sie mir, dass sie am Leben bleiben wird … Wie hat es angefangen? Und wann?«
    Pamela antwortete nicht. Sie schien in Trance zu sein.
    »Sprich nicht mit ihr«, murmelte Betty. »Sie schützt mich und verlängert mein Leben noch ein wenig. Ich habe sie darum gebeten, weil ich dich noch einmal sehen wollte. Es tut mir leid, dass ich dir solchen Kummer mache, mein Liebster. Wir hätten so glücklich werden können. Gib mir einen letzten Kuss … und fliehe, weit, weit fort, denn der Tag ist noch lange nicht zu Ende, und du bist auch in Gefahr!«
    »Betty! Betty!« Ich war wie von Sinnen. Ich beugte mich über sie und legte meine Lippen auf ihren weißen, schon kalten Mund.
    In diesem Augenblick ließ Pamela ihre Hand los und sank ohnmächtig zu Boden.
    »Liebster!« hauchte Betty, dann zuckte sie heftig zusammen und lag still.
    Auf ihrem Gesicht lag ein süßes Lächeln.
    Der Schmerz, die Angst, die Aufregung, die Müdigkeit – es war zuviel gewesen. Ich verlor das Bewusstsein.
    Als ich wieder zu mir kam, war es Nacht. Man hatte mich auf ein Sofa gelegt und mich barmherzigerweise in meinem tiefen, halb bewusstlosen Schlaf gelassen. Betty lag auf ihrem Bett. Man hatte sie in ein dunkelblaues, besticktes Gewand gehüllt. Ihre blonden Haare umrahmten ihr Gesicht. Sie lächelte immer noch. Eine Stunde lang weinte ich bitterlich um sie. Schließlich trat Pamela zu mir und strich mir mit der Hand über die Stirn und über die Brust. Das beruhigte mich etwas.

     
    »Sie sind sehr mutig gewesen. Es ist Mitternacht. Sie haben nichts mehr zu befürchten.«
    »Ich wäre lieber mit ihr gestorben.«
    »Das Schicksal hat es nicht gewollt.« Ich nahm zum ersten Mal die anderen wahr, die still um Bettys Bett saßen und trauerten. »Wo ist Peter Gilcross?« fragte ich.
    »Man hat ihn heute Nachmittag oben auf dem Plateau gefunden. Er hatte einen silbernen Dolch im Herzen. Außerdem fand man in der Nähe der Ruinen die Leichen von Donoulos und John Ibbits. Donoulos hatte
    eine Kugel im Kopf, Ibbits eine in der Kehle. Entweder Sie oder Peter müssen sie erschossen haben.«
    Ich nickte stumm.
    Ich wollte nur noch eines: Weg von hier und vergessen. Ich würde nur noch Bettys und Peters Beerdigung abwarten und dann sofort abreisen.
    Hatte ich jedoch geglaubt, dass nun alles ein Ende gefunden hatte, so war das ein Irrtum. Kaum war ich in Guilclan, traf ich Mira, die kleine Hexe, die sich die Augen ausweinte. Als nächstes stieß ich auf eine Menschenansammlung vor einem Haus, dessen schweres Portal man eben mühsam öffnete. Ein schrecklicher Anblick bot sich meinen Augen. Ein Mensch war buchstäblich an die Innenseite des Portals genagelt – mit riesigen Eisennägeln, die seine Kehle, seine Arme und seine Beine durchbohrten. Der Kopf ging ihm auf die Brust, die langen Haare bedeckten das Gesicht. Es war Guatl.
    »Das Portal war verschlossen«, hörte ich einen Mann sagen. »Man hat ihn eben erst entdeckt. Aber er muss schon seit
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