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004 - Geister im Moor

004 - Geister im Moor

Titel: 004 - Geister im Moor
Autoren: B.R. Bruss
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befiel mich ein Gefühl unerträglicher Einsamkeit und Angst. Aber Gilcross hatte recht. Je eher wir alles durchsuchten, umso besser. Der Gang war etwa zwanzig Meter lang und endete vor einer Eisentür. Wieder ein Hindernis, dachte ich, aber als ich nach dem Knauf griff, drehte er sich unter scheußlichem Quietschen, und die Tür ging auf. Ich trat in einen sehr großen, luxuriös eingerichteten Raum, der den übrigen Sälen, durch die Gilcross und ich gekommen waren, in keiner Weise ähnelte. Erstaunt ließ ich den Lichtstrahl meiner Taschenlampe über die Holzschnitzereien gleiten, die die Wände schmückten. Ich entdeckte hohe Truhen mit eigenartigen Schnitzereien, die in ihren Motiven überhaupt nicht an jene des Mittelalters erinnerten. Im Dunkel des Hintergrunds sah ich zwei Türen, eine links, eine rechts, und beide standen offen. Die Mitte des Raumes nahm ein massiver Tisch ein, der über zehn Meter lang sein musste. Der Raum selbst mochte etwa die Masse dreißig mal zwanzig Meter haben.
    Auf diesem Tisch befanden sich eine große Vase aus massivem Gold und Kerzenleuchter mit ungeheuer großen, dicken Kerzen. Das, was mich am meisten überraschte, waren jedoch drei Betten oder Lagerstätten – groß und prächtig mit vergoldeten Holzarbeiten. Sie standen nebeneinander, mit dem Kopfende zur Wand, und waren bezogen mit Laken und Decken – schwarzen, bestickten Decken. Die Betten waren nicht gemacht, und es sah aus, als wären sie erst vor wenigen Augenblicken verlassen worden, denn man sah noch auf jedem der Lager den leichten Abdruck des Körpers, der dort geruht hatte. Den Decken entströmte ein leichter Duft, der mich an irgendetwas erinnerte, aber ich wusste nicht, an was.
    Ich hielt mich nicht länger mit der Betrachtung auf, sondern sah auf meine Uhr. Erst vier Minuten waren vergangen, seit ich mich von Peter getrennt hatte. Mir blieb noch Zeit, den Saal rasch weiter zu untersuchen, bevor ich mich auf den Rückweg machte. Ich ließ das Licht meiner Taschenlampe umherwandern und entdeckte links im Hintergrund des Raums ein massives Möbelstück. Es ähnelte einem Sekretär, dessen Schreibplatte aufgeklappt war.
    Freudig überrascht entdeckte ich auf der Platte neben einem ausgetrockneten Tintenfass und einer Gänsefeder eine Art Heft, bestehend aus mehreren Pergamentblättern, die mit einem Goldfaden zusammengeheftet waren. Ich blätterte es rasch durch und sah, dass die Seiten mit einer kleinen, engen Handschrift bedeckt waren.
    In diesem Augenblick hörte ich ein Geräusch – das Geräusch von Schritten. Ich hatte große Angst. Schnell machte ich meine Taschenlampe aus und zog meinen Revolver. Dann sagte ich mir, dass es sicher Gilcross war, der mir nachkam. Aber das Geräusch kam nicht von dem Gang her, den ich gekommen war, sondern von dem dritten Eingang, der sich gegenüber des zweiten befand, in dessen Nähe ich jetzt stand. Panik erfasste mich, und ich musste mich zwingen, ruhig zu überlegen. Es war immerhin möglich, dass der Antiquitätenhändler auf einem anderen Weg ebenfalls zu diesem Saal gelangte. Aber dann hörte ich Stimmen, mehrere Stimmen. Peter konnte es also nicht sein. Ich erkannte eine der Stimmen – Guatl! Und dann verstand ich sogar seine Worte: »Endlich! Jetzt werden wir die Geheimnisse in unsere Hand bekommen, die Moro uns nicht übergeben wollte!«
    Im gleichen Augenblick sah ich einen Lichtschein. Der Schreck lähmte mich, aber purer Selbsterhaltungstrieb veranlasste mich, mich zu ducken. Ein Teil des Saales erhellte sich. Ich sah die Goldvase auf dem Tisch und die Ecke eines der Betten. Die Ludmar – es waren wenigstens zwei – traten in den Raum und gingen zu dem großen Tisch. Wenn ich etwas unternehmen wollte, musste ich rasch handeln. Sollte ich den Weg zurück fliehen, den ich gekommen war? Unmöglich. Sie würden mir den Weg verstellen. Sollte ich sie weiter den Saal durchforschen lassen und mich ruhig verhalten? Dann würden sie Gilcross gefährden, und ich konnte ihn doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Ich fasste wieder Mut, und was dann geschah, spielte sich geradezu phantastisch schnell ab.
    Ich machte ein Geräusch, um sie dazu zu bringen, stehen zu bleiben. Sie löschten ihre Taschenlampe. Sofort knipste ich meine an und richtete den Lichtstrahl auf sie. Im Bruchteil einer Sekunde erkannte ich Guatl und Donoulos. Es war noch ein Dritter dabei. Mir schien, es war John Ibbits, aber ich war mir nicht sicher. Immerhin sah ich, dass keiner von ihnen
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