Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0039 - Turm der Verlorenen

0039 - Turm der Verlorenen

Titel: 0039 - Turm der Verlorenen
Autoren: Michael Kubiak
Vom Netzwerk:
ist unbekannt. Er soll bereits so alt sein wie die Erde, vielleicht sogar noch älter. Immer wenn Radu wieder eine seiner Teufeleien ausheckte, setzte er sich unter die Kuppel, brachte den Stein zum Leuchten und begann mit seinen Beschwörungen oder was immer er ausgeheckt hatte. Schon oft haben wir versucht, das Geheimnis dieses Steines zu ergründen. Auch haben wir immer neue Versuche unternommen, ihn zu zerstö- ren, doch nie ist es uns gelungen. Bis du kamst. Jetzt sind wir erlöst.«
    Sie wollte noch etwas sagen, da wurde sie durch ein Geräusch unterbrochen, das aus dem Berginnern zu kommen schien. Es war ein Grollen wie bei einem urweltlichen Gewitter. Die Wände schienen zu beben, und Unruhe ergriff die Schar im Rittersaal.
    Zora gab Zamorra ein Zeichen, sich ruhig zu verhalten. Angestrengt lauschte sie in die ungewisse Dämmerung, die in dem Saal herrschte. Wieder ertönte das dumpfe Grollen. Nur war es diesmal noch stärker. Ein Knistern – und rechts von Zamorra tat sich in der Mauer ein feiner Riss auf, der sich immer mehr verbreiterte.
    Zora stieß einen erstickten Schrei aus. »Komm, schnell! Die Burg stürzt ein. Du musst weg von hier. Uns kann nichts passieren, denn wir kennen unseren Weg, den wir endlich antreten können. Doch du bist den Naturgewalten schutzlos ausgeliefert.«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Ich brauche erst gar nicht eine Flucht zu versuchen. Es würde mir sowieso nicht gelingen. Den Weg, den ich heraufgekommen bin, kann ich auf keinen Fall als Rückweg benutzen. Ich würde schon nach wenigen Metern abstürzen und zerschmettert auf dem Talgrund am Fuß der Felsnadel liegen bleiben. Nein, geht ihr nur euren Weg. Ich bleibe hier und werde versuchen, mein Schicksal zu tragen wie ein Mann.« Er musste ein Schluchzen unterdrücken, das in seiner Kehle hochstieg.
    Zora schaute ihn traurig an. Sie dachte angestrengt nach. Dann wandte sie sich um, gab ihren Gefährten ein Zeichen und holte sie zusammen. Sie berieten sich kurz, dann eilte sie zu Zamorra hin, der sich auf einem Stuhl niedergelassen hatte und dumpf vor sich hinbrütete.
    »Wir wissen, wie du vielleicht in deine Heimat zurückkehren kannst«, meinte das hübsche Mädchen. »Du hast doch gesehen, wie wir dieses Schloss am Morgen wieder erreicht haben. Über die Lichttreppe, die sich bis hinunter ins Tal erstreckte. Auf dem gleichen Weg haben wir es auch immer verlassen können. Zwar hat Radu immer für die Errichtung dieser Treppe gesorgt, doch wenn wir alle unsere Geister vereinigen, dann kann uns das vielleicht ebenfalls gelingen. Verliere nur deine Hoffnung nicht und habe Geduld.«
    Zora nahm Zamorras Hand und zog ihn mit sich aus dem Rittersaal. Die anderen folgten ihnen. Bevor Zamorra aber den Saal, die Stätte seines Sieges, verließ, endgültig verließ, ging er noch einmal hinüber zu der Kampfstätte.
    Mordius lag immer noch auf dem Boden. Nichts wies daraufhin, dass er erneut zu unseligem Leben erwacht war. Er lag immer noch so da, wie Zamorra ihn verlassen hatte. Der Professor kniete sich hin und wälzte den athletischen Körper des unheimlichen Wissenschaftlers auf den Rücken. Und dann sah er es genau. Dieses Monstrum würde nie mehr Unheil anrichten können, auch wenn es mit dem Satan im Bunde stehen sollte.
    Ein Stück des rätselhaften, sagenumwobenen Satanssteines hatte sich durch die Schädeldecke des Untoten gebohrt und musste im noch intakten Teil des Gehirns schreckliche Zerstörung angerichtet haben. Die Augen des Mannes waren endgültig gebrochen und starrten blicklos hinauf in die Kuppel über der tischebenen Fläche, auf der Zamorra sein Leben so tapfer verteidigt hatte.
    Zamorra konnte sich nicht helfen, aber keine Freude stieg in ihm auf, wie es eigentlich verständlich gewesen wäre. Zwar stammte dieses Ungeheuer aus einer anderen Welt, aus einer Dimension, in der weder Raum noch Zeit galten, doch war er immerhin einmal ein Mensch gewesen, ein lebendes Wesen mit Gefühlen, Hoffnungen und Sehnsüchten. Wer konnte schon plausibel erklären, was im Kopf eines Menschen vor sich ging, welchen Weg er einschlug, auch wenn es nicht selten ein Irrweg war. Zamorra hatte immer noch Ehrfurcht vor dem Leben und der Würde des Menschen. Im Stillen wünschte er Mordius Ruhe und Frieden, die er während seines ›normalen‹ Lebens nie gefunden hatte.
    Zoras helle Stimme holte ihn wieder in die Realität zurück.
    »Komm schon! Wir müssen uns beeilen! Wir haben keine Zeit mehr!«
    Zamorra riss sich von dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher