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0039 - Turm der Verlorenen

0039 - Turm der Verlorenen

Titel: 0039 - Turm der Verlorenen
Autoren: Michael Kubiak
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vor seinem endgültigen Untergang den Boten der Finsternis ein Schauspiel liefern.
    Sie wollten sich an seiner Niederlage weiden und sie auskosten. Dabei würden ihm die verlorenen Seelen der Kämpfer für das Gute nicht helfen können.
    Zamorra drehte sich um, ob nicht doch einer von ihnen Anstalten machte, in das schreckliche Schauspiel einzugreifen, doch niemand regte sich. Mit seltsam seelenlosen Blicken bedachten sie ihn und seinen Gegner. Völlig unbeteiligt hockten sie da, und nur das Zwinkern ihrer Augen verriet, dass sie noch lebten, wenn es auch ein Leben war, das nicht von dieser Welt stammte.
    Mordius hatte sich verändert. An ihm waren keine Spuren mehr festzustellen, dass er bereits einmal im menschlichen Sinne tot gewesen war. Keine Brandwunde entstellte mehr sein Gesicht, und auch seine Haut auf dem übrigen Körper war unverletzt. Er trug eine hautenge Hose, der Oberkörper war nackt. Breitbeinig und barfuß stand er da und wartete auf seinen großen Widersacher Zamorra.
    Ein hohles Lachen drang aus seinem Mund, als er Zamorra erkannte. Seine bis dahin toten Augen blitzten auf, und spielerisch führte er das mächtige Schwert durch die Luft. Bei jedem Schwung konnte Zamorra ein sirrendes Pfeifen hören. Er konnte der Schwertklinge kaum mit den Augen folgen. Jetzt verstand Zamorra auch, was Radu damit gemeint hatte, als er von Helfern gesprochen hatte, die Mordius, dem Genie des Satans, zur Seite stehen würden. Es waren bestimmt keine fassbaren Gegner, sondern Satan selbst hatte Mordius die Kraft gegeben, die mächtige Waffe zu führen, die er in der Faust hielt.
    Die Klinge blitzte hell im diffusen Schein der Lichtquelle in der Spitze der Kuppel. Zamorra wurde auf seltsame Weise von der mörderischen Waffe angezogen. Ganz gegen seinen Willen setzte er sich in Bewegung und näherte sich seinem Todfeind, der gierig auf ihn wartete. Zamorra bemühte sich, den stummen Befehl aus seinem Geist zu verdrängen, doch die Strömungen, die ihn weiter trieben, waren zu stark. Er hatte den Stimmen aus dem Jenseits nichts entgegenzusetzen. Er musste dem Befehl folgen, ob er wollte oder nicht.
    Er gelangte an die Kante zu der Ebene, auf der der mörderische letzte Kampf stattfinden sollte. Er wollte schon hinaufsteigen, willenlos, da hielt ihn Radus Ruf auf.
    »Warte, Zamorra. Du sollst deine Chance bekommen. Bereits im alten Rom, lange bevor ich lebte, gab es Gladiatorenkämpfe. Das Besondere an diesen Kämpfen war, dass die Gegner fast immer verschiedene Waffen führten. Auch hier soll das geschehen. Auch wenn du schon so gut wie verloren bist, sollst auch du dich wehren können.«
    Ein dröhnendes Gelächter begleitete die Worte des Satansfürsten.
    Es kam von Mordius, der sich köstlich zu amüsieren schien.
    »Mach schon, Radu!«, brüllte er. »Ich will nicht mehr lange warten. Ich will den Burschen endlich vor meiner Klinge haben, damit ich ihm zeigen kann, wer die Macht auf Erden hat. Zweimal hat er mich bereits besiegen können, doch noch immer lebe ich, und er wird mir auch nicht den Tod geben können, denn ich lebe ewig – ewig!«
    Vielfach verstärkt brach sich der Schrei an den Wänden des Rittersaales. Unwillkürlich senkten die alten Leute an der Rittertafel die Köpfe noch tiefer. Auch ihnen schien sich das Grauen mitzuteilen, das über der ganzen Szenerie lag. Im flackernden Schein der Pechfackeln an den Wänden bekamen ihre Gesichter einen Ausdruck, der sie Geistern gleich werden ließ. Und Geister waren sie, wenn auch gute Geister, die allerdings der Teufel zu diesem traurigen Los zwang, das sie tragen mussten.
    Wie aus dem Nichts hingezaubert lag plötzlich ein riesiger Morgenstern vor Zamorras Füßen. Es war eine Kugel, die mit eisernen Dornen besetzt war. Daran befestigt war eine Kette, die ebenfalls im Schein der Lichtquelle matt schimmerte.
    »Nimm die Waffe nur auf«, sagte Radu und riss Zamorra damit aus seinen trübsinnigen Überlegungen. »Du kannst sie benutzen wie du willst. Ich rate dir nur, sie nicht aus der Hand zu verlieren, denn wenn das geschieht, dann ist es endgültig aus mit dir. Außerdem will ich dir noch einen Tipp geben – wenn du die Kampffläche betreten hast, dann gibt es für dich keine Rückkehr mehr. Entweder du siegst, oder du verlierst. Aber das wirst du selbst merken, wenn es soweit ist. Jetzt geh, und stell dich!«
    Zamorra wollte noch etwas erwidern, wollte noch Fragen stellen nach dem Sinn dieses Kampfes, da trieb ihn der innere Befehl schon vorwärts auf
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