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0039 - Turm der Verlorenen

0039 - Turm der Verlorenen

Titel: 0039 - Turm der Verlorenen
Autoren: Michael Kubiak
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erahnen ließen.
    Mordius’ Geist hatte sich völlig von der Gegenwart gelöst und suchte fieberhaft nach einem neuen Weg, sich aus dieser Lage zu befreien und es endgültig demjenigen heimzuzahlen, der ihn in diese prekäre Lage gebracht hatte.
    Er wusste seinen Todfeind ganz in seiner Nähe, war sich jedoch auch darüber klar, dass er ihn in dieser Umgebung nie zur Strecke bringen können würde. Er musste einen anderen Weg finden, sich ihm zu nähern und ihm den Todesstoß zu versetzen.
    Mordius’ Gedanken drehten sich wie ein wildes Karussell.
    Ihm blieb noch eine Hoffnung. Einmal bereits hatte er direkten Kontakt aufnehmen können zur Welt jenseits der hiesigen, in der noch die Gesetze von Raum und Zeit galten. Er hatte mit dem obersten der Dämonen korrespondieren können, mit Satanas persönlich.
    Er hatte ihm Hilfe und Unterstützung versprochen.
    War es jetzt soweit, dass er dieses Angebot wahrnehmen konnte?
    Sollte er es wagen, den Herrscher über das Böse anzurufen und seinen Rat zu erbitten?
    Er sah keinen anderen Weg mehr. Der Untote schloss die lidlosen Augen, so gut es eben ging, und begann sich in sich selbst zu versenken. Er konzentrierte sich auf den Kraftakt, mit dem er hinüberrufen wollte in die Welt der Dämonen.
    Klebriger Schweiß trat auf die angesengte Stirn.
    Die Lippen des grausigen Monstrums öffneten sich halb, und Mordius formte einen Gedanken, der nur von einem Medium aufgefangen werden konnte. Tastend löste er sich aus dem Gehirn des Ungeheuers, wurde selbständig, führte ein Eigenleben und machte sich auf die Reise über die Grenzen der Realität und der Gegenwart.
    »Satanas! Satanas! Ich rufe dich! Hilf mir!«
    Es hallte dröhnend wider im Schädel des Untoten, und erneut stieß er den Schrei aus, der ihm Hilfe, den Menschen jedoch Tod und Grauen bringen sollte.
    »Satanas! Satanas! Hilf!«
    ***
    Die Stille in der Kapelle wurde mit einem Male fast körperlich spürbar. Drückend und wie ein drohender Schatten lauerte sie in den Winkeln und Nischen.
    Ein eisiger Hauch senkte sich vom Dach der Kirche hernieder und hüllte alles ein. Er verdichtete sich über dem mittleren der sieben Särge und wurde zu einem Flimmern, das die Konturen des Gestells, auf dem der Sarg ruhte, verschwimmen ließ. Von weitem sah es aus, als würde der Sarg über dem Marmorboden schweben.
    Mordius, dessen Nerven bei seinem ersten Tod abgestorben waren, verspürte von dem plötzlichen Temperaturwechsel nichts, doch erahnten seine übersinnlichen Sensoren das Nahen einer dämonischen Macht.
    Es kündigte sich in seinen Gedanken an wie ein Wetterleuchten vor der endgültigen Entladung des Gewitters. Mordius wollte sich aufrichten, doch es gelang ihm nicht.
    Satanas erwartete Ehrfurcht von seinen Dienern, ganz gleich, was sie vollbracht hatten. Mordius musste sich in sein Schicksal fügen, doch sein teuflischer Geist tröstete ihn und sagte ihm, dass er mit Hilfe des Fürsten der Finsternis sein Ziel erreichen würde.
    Der Untote schlug die Augen wieder auf. Unbeweglich starrten sie zur Decke und nahmen das aufgeregte Flackern der Kerzen nur am Rande wahr. Sollte Satanas bereits seine Sendboten geschickt haben?
    Es musste so sein. Und noch mehr als das. Satanas war selbst zugegen. Doch er konnte in die geweihte Kirche nicht eindringen. Er war gezwungen, draußen zu verharren und von dort sein teuflisches Werk zu beginnen.
    Dabei kam ihm der irrsinnige Wissenschaftler gerade recht, der das Schicksal versucht hatte und nun als Untoter in der Kirche lag und nach ihm rief.
    Mordius glaubte, die Gedanken des Teufels, dessen Hilfe er brauchte, wahrnehmen zu können. Oder hatten sich seine Gehirnfunktionen durch die bereits erlebten Tode verändert?
    Wieder brandete in ihm der Hilfeschrei seines abgrundtief bösen Seins auf. »Satanas! Hilf! Dein Diener ruft dich!«
    Der Schrei überschritt erneut die Grenzen von Raum und Zeit – und erreichte sein Ziel. »Wer ruft mich? Wer wagt es, dem Teufel zu befehlen?«
    Mordius, der sich weitab von jedem menschlichen Fühlen glaubte, empfand fast so etwas wie körperlichen Schmerz, als die Antwort dröhnend in seinem Schädel widerhallte.
    »Wer ruft nach dem Satan? Bist du es, Mordius? Hast du deinen Meister gefunden? Ich habe dich gewarnt! Zamorra ist doch stärker. Da reicht es nicht, wenn du das Geheimnis des Lebens entdeckt hast. Du hättest dich mit mir verbünden müssen.«
    Mordius wand sich in seinem Sarg unter dem Ansturm der Worte, die aus einer anderen
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