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0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

Titel: 0028 - Wir - in den Katakomben von Paris
Autoren: Delfried Kaufmann
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eine Petroleumlampe an.
    Es sah wirklich stilecht bei ihm aus. An allen Wänden hingen oder lehnten Bilder, gerahmt und ungerahmt, Skizzen, Entwürfe. Dazwischen ein Spirituskocher, Stühle, ein Tisch, die Staffelei, ein paar Töpfe und eine grifflose Bratpfanne. Ein halbes Dutzend leerer Konservendosen kullerten auf dem Boden herum, und eine Batterie leerer Flaschen stand an einer Wand Parade. Aus einer Ecke pirschte sich eine kleine kohlrabenschwarze Katze heran und rieb sich miauend an Allans Hosenbeinen.
    Thompson merkte, daß uns dieses außerordentlich echte Milieu Bewunderung entlockte, aber auch einen kleinen Schrecken einjagte.
    »Hinter dem Vorhang ist eine kleine Kammer, in der ich schlafe. Dort sieht's ganz ordentlich aus«, erklärte er entschuldigend.
    »Ich find's zünftig hier«, meinte Phil. »Wenn Sie etwas zu trinken hier haben, riskiere ich es, mich auf diesen Stuhl zu setzen und Ihre Gemälde zu bewundern.«
    Auf diese Weise wurde es noch ein sehr lustiger Abend, und es war drei Uhr, als Allan über sein unbezahltes Telefon ein Taxi herbeirief, das uns vom Montmartre wieder hinunter zum Vergnügungshafen an der Seine brachte. Wir ließen uns an der Treppe absetzen, weil das Tor zu der Wageneinfahrt schon geschlossen war. Wir gingen zum Kai hinunter. Ein paar Bogenlampen brannten noch. Sie schaukelten ein wenig im sanften Wind und sorgten dafür, daß die Masten und Aufbauten der Jachten und Boote bizarre Schlagschatten über das trübe Wasser der Seine warfen.
    Als wir unsere Füße nicht gerade leise auf die Steinstufen setzten, drehte sich unten auf dem Kai ein Mann um. Er hatte im Schatten gestanden, so daß wir erst durch die Bewegung auf ihn aufmerksam wurden. Er stand nahe bei der ›Gundula‹, und es schien, als habe ihr seine ganze Aufmerksamkeit gegolten.
    Für eine Sekunde schien er unschlüssig, was er nun tun sollte, dann schlenderte er im gleichmütigen Schritt eines späten Spaziergängers auf die Treppe zu, die wir gerade hinabstiegen.
    Wir begegneten uns am Treppenfuß. Er tat einen höflichen halben Schritt zurück, um uns vorbeizulassen. Es war hier hell genug, um sein Gesicht zu erkennen. Es war rundlich mit Wangen, die anfingen, ein wenig schlaff zu werden. Eine randlose Brille saß auf einer kurzen stumpfen Nase. Er trug einen Regenmantel, unter dem sich ein behäbiges, kleines Bäuchlein zu runden schien.
    Vielleicht starrte ich ihn etwas zu lange an, so daß er unsicher wurde. Jedenfalls griff er zu seinem Hut, murmelte: »Bon soir, messieurs«, und zwängte sich an uns vorbei.
    »Seltsamer Bursche!« brummte ich, während wir über den Kai zur ›Gundula‹ schritten. »Ich wette, er stand da und sah unseren Kahn an.«
    Phil tat meine Befürchtungen mit einem Achselzucken ab.
    »Paris wimmelt nachts von seltsamen Käuzen«, sagte er. »Warum soll einer von ihnen nicht dafür schwärmen, im Mondlicht hübsche Boote auf der Seine zu betrachten?«
    »Rede keinen Quatsch«, knurrte ich unzufrieden und übersprang mit einem kleinen Satz den Höhenunterschied zwischen Kaimauer und Deck.
    Ich trat auf was, sah es undeutlich und weiß unter der Sohle meines Schuhes hervorschimmern. Ich bückte mich und hob es auf. Es war ein langer weißer Umschlag, dessen Papier sich auf den ersten Griff teuer und kostbar anfühlte.
    Phil hatte unterdessen die Kajütenluke aufgeschlossen und den Lichtschalter gedreht. Der Akku der ›Gundula‹ hatte für eine Menge Stunden Strom in der Reserve, auch wenn die Lichtmaschine nicht lief.
    »Wir haben einen ersten Brief bekommen!« sagte ich und riß den Umschlag auf.
    »Möchte wissen, wer uns schreiben sollte«, Phil schüttelte den Kopf und trat neugierig näher. »Interpol wird uns unsere Aufgaben nicht auf diese dumme Art zuweisen.«
    Ich hatte eine schmale goldgeränderte Büttenkarte aus dem Umschlag gezogen. Der Text war in feinen Lettern gedruckt.
    »John F. Starp, zur Zeit auf MS ›Serenite‹, gibt sich die Ehre, die Schiffseigner von MS ›Gundula‹ zu seinem am 17. ab acht Uhr abends stattfindenden Bordfest auf MS ›Serenite‹ einzuladen. John F. Starp wird sich glücklich schätzen, Sie begrüßen zu dürfen.«
    ›Serenite‹ war die Zwanzig-Yard-Jacht vor unserem Bug. Die Einladungskarte machte mindestens einen so hochvornehmen Eindruck wie das Schiff. Bis auf die Worte ›die Schiffseigner von MS Gundula‹ war der Text vorgedruckt, und Mr. John F. Starp hatte sich mit dieser Formulierung aus der Verlegenheit geholfen, da er
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