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Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)

Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)

Titel: Thekenwelt - Apéritif pour trois (German Edition)
Autoren: Violet Mascarpone
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Thekenwelt
     
    Es war später Nachmittag und Tornado fegte hektisch über die dreckigen Einlegeteppiche der kleinen Wohnung, deren apartes Muster eine Mischung aus Alkohol, Blut, Urin und Sperma bildete, stolperte fast über ein paar leere Wodkaflaschen und fluchte wütend. Wo war seine Jacke?
    Das Klingeln an der Wohnungstür ließ Tornados Mutter, die auf dem Sofa in einen halb komatösen Schlaf gefallen war, mit schwerer Zunge schimpfen. Er öffnete, ohne hinzusehen. Er wusste, es war Kai, der ihn abholte.
    Tornado verriegelte seine Zimmertür. Der einzig saubere Ort in der Wohnung sollte genauso bleiben, wie er war.
    „Beeil dich, wir sind spät dran!“, trieb der schwarzhaarige Junge ihn an, und Tornado presste die Lippen aufeinander. Verdammt, als ob er das nicht selber wüsste!
    Er zog die Tür hinter sich ins Schloss und sie flogen sechzehn Etagen des schmuddeligen Treppenhauses hinunter. Der altersschwache Fahrstuhl war schon seit Jahren außer Betrieb. Vielleicht war er gar nicht erst angeschlossen worden, als sie das Mietshaus errichtet hatten.
    Als sie ins Freie traten, atmeten sie auf. Das Haus übte auf die beiden gleichermaßen eine bedrückende Wirkung aus, die zu vertraut war, um sie noch bewusst wahrzunehmen.
    „ Und alles klar?“
    „ Hmm.“ Kais übliche Antwort. Das bisherige Leben hatte die ohnehin ruhige Natur seines Freundes, der, der zu still und zu sanft war, um hier alleine überleben zu können, fast völlig zum Verstummen gebracht. Einzig Tornado konnte ihm die Worte entlocken, die ansonsten ungesagt in ihm versiegten.
    Tornado zog sich die Kapuze seines Hoodies über den Kopf und setzte sein gefährliches Gesicht auf. Er schlug zu, wenn es sein musste. Und, wenn er gezwungen war, auch sehr oft und sehr hart. Es war Kais Glück ihn an seiner Seite zu haben, denn in dieser Gegend war es ein nicht zu leugnender Nachteil, schwul zu sein und auch noch so auszusehen. So liefen sie schweigend nebeneinander, die Fäuste in den Taschen geballt, um dem eisigen Wind des frühen Herbstabends zu trotzen.
     
    Das Schild vor dem Eingang des Clubs flackerte vertraut. Die Schwarze Rose war weniger glanzvoll, als ihr Name es versprach. Eine lange Theke, zwanzig Tische, eine kleine Bühne und ein paar abschließbare Zimmer im ersten Stock, deren Benutzung zusätzlich kostete, beschrieben die wesentliche Einrichtung des SM-Lokals. Keines der schicken Sorte, in denen sich schöne Menschen aufwändig kleideten und zur Schau stellten. Hier trafen sich diejenigen, die in der Gegend wohnten, ein Alkoholproblem, aber wenig Geld hatten, um mit teuren Drinks in der Hand auf irgendjemanden zu warten, der ihre geheimen Leidenschaften erfüllte. Paare sah man selten. Im Laufe der Zeit lebte die Schwarze Rose von ihren Stammtrinkern, fröhlichen Perversen und Schaulustigen, die sich hierher verirrten.
    Tornado und Kai waren drei Mal die Woche für die Theke verantwortlich. Ihr Chef hieß Sandy, aber wurde allgemein nur Boss genannt. Nicht nur von seinen Angestellten. Er schimpfte vor sich hin, als die beiden die Tür aufschlossen, sah auf und verzog genervt die Mundwinkel. „Dass ihr einmal pünktlich seid, werde ich wohl nicht mehr erleben“, knurrte er, eine Zigarette im Mundwinkel, während er seine Bücher durchsah. „Ihr seid die reinsten Landplagen!“
    „Wir öffnen erst in einer Stunde, also stell dich nicht so an“, maulte Tornado zurück, während Kai gleichzeitig beteuerte: „Tut uns echt leid.“
    Boss winkte ab. Er mochte die beiden, wie sie wussten. Sie waren zuverlässig, verdammt schnell und er vertraute ihnen blind. Wenn es sein musste, blieben sie länger und nur Tornado bestand regelmäßig auf Überstundenabrechnungen.
    „Beschwer dich doch bei der Gewerkschaft für Schwarzarbeiter“, erwiderte Boss dann honigsüß, denn er verstand es seine Kohle zusammenzuhalten.
    Die Tür schwang auf und Huna betrat die Kneipe. Huna war die Köchin und führte die Herrschaft über die wenigen Snacks, die auf der Karte der Schwarzen Rose angeboten wurden.
    „Oh auch schon da!“, flötete Boss ironisch und Huna sah ihn an, als wäre er ein Stück Dreck. Ihre schlechte Laune war legendär. Kaugummi kauend, steckte sie sich die Knöpfe ihres Players in die Ohren, der von allen als eine Art ausgelagertes Körperteil der Zwanzigjährigen betrachtet wurde, und schnitt sich von den Geräuschen der Außenwelt ab. Lahm die Hand hebend grüßte sie die beiden Jungen und verzog sich mit träge wippendem
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