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0016 - In den Klauen der Vampire

0016 - In den Klauen der Vampire

Titel: 0016 - In den Klauen der Vampire
Autoren: Susanne Wiemer
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– der Kerl hier auftaucht, während Sie mit dem Amulett nicht da sind, Professor?« fragte er rauh. Zamorra griff in die Tasche.
    Er brachte einen kleinen Lederbeutel zum Vorschein. Als er die Kordel aufzog, verströmte ein intensiver würziger Geruch.
    »Getrockneter Knoblauch«, sagte der Professor. »Zerreibt es zwischen den Handflächen und bestäubt Hals und Nacken damit! Es ist ein absolut sicher wirkendes Mittel.«
    »Knoblauch? Tatsächlich?« Zamorra nickte.
    Als er Bill den Beutel reichte, waren seine Gedanken bereits anderswo. Er sah sich um, entdeckte die schmale Friedhofspforte.
    Rasch huschte er hinüber – und er war nicht überrascht, als er feststellte, daß das rostige Schloß sofort nachgab. Der Friedhof lag still im fahlen Mondlicht.
    Wind rauschte in den Kronen alter Bäume, schwarz hoben sich die Schatten von Wacholderhainen ab. An einigen Stellen schimmerte der weiße Marmor von Grabsteinen. Zamorra setzte sich langsam in Bewegung – und eine geheimnisvolle Kraft befähigte ihn, den richtigen Weg ohne das geringste Zögern zu finden.
    Nach vier, fünf Minuten blieb der Professor stehen.
    Ein Grabmal erhob sich vor ihm, gleiche Statuen flankierten den Eingang des Kuppelbaus. Die offenstehenden Flügel eines schmiedeeisernen Tores schimmerten matt im ungewissen Licht – und Zamorra wußte mit absoluter Sicherheit, daß sein Gegner im tiefen Schatten der Kuppel lauerte.
    Er atmete tief durch.
    »Graf Chaldras«, rief er. »Graf Chaldras – zeigen Sie sich!«
    Eine Bewegung entstand.
    Wie ein Schatten tauchte die Gestalt aus dem Dunkel. Eine hohe, hagere Gestalt, um deren Schultern sich der schwarze Umhang bauschte und deren bleiches Gesicht von satanischem Lachen verzerrt war.
    Zamorra blieb ruhig stehen.
    Noch hing das Amulett um seinen Hals, noch konnte es nicht seine volle Kraft entfalten. Langsam streifte er die Kette über den Kopf, schlang sie in gewohnter Weise um sein rechtes Handgelenk – doch den Körper des Vampirs schüttelte unhörbares Gelächter.
    »Nein«, zischte er. »Nein, du bekommst mich nicht! Es gibt Türen, die selbst dir verschlossen sind. Willst du mir in die Tiefe des Grabes folgen? Willst du mir folgen in die ewige Finsternis und…«
    Zamorra ging auf ihn zu. Einen Schritt, zwei, drei… Der Vampir wich zurück, immer noch geschüttelt von diesem wahnwitzigen Gelächter – und als Zamorra einen weiteren Schritt machte, breitete die Bestie mit einer wilden Bewegung die Arme aus.
    Etwas geschah mit ihm.
    Sein Körper schien sich aufzulösen, zu zerfließen.
    Die Konturen verblaßten; wo eben noch Stoff und Materie gewesen war, blieb nur ein durchsichtiger Schleier. Vor Zamorras ungläubigen Augen verwandelte sich der Untote, wurde zu einem Schauer tanzender Mondstäubchen – und Sekunden später waren auch die verschwunden.
    Der Professor preßte die Lippen zusammen.
    Blitzhaft tauchte in seinem Gedächtnis auf, was er über den Vampirismus je gehört, je gelesen hatte. Er wußte, daß diese Wesen sich teilen und auflösen konnten. Sie konnten die Gestalt von tanzenden Funken annehmen, für die selbst winzigste Ritzen kein Hindernis waren. Aber er wußte auch, daß sich sein Gegner nicht völlig zu entmaterialisieren vermochte und daß er trotz allem erreichbar blieb.
    Er mußte noch hier sein.
    Irgendwo… Mit zwei Schritten überwand der Professor die Marmorstufen, tauchte in den Schatten des Kuppelbaus und blickte sich um.
    Er begriff sofort.
    Die Grabplatte! Der schwere Steinblock, der den Zugang zur Gruft verschloß. Dorthin hatte sich Graf Chaldras zurückgezogen – und dorthin konnte ihm Zamorra tatsächlich nicht so einfach folgen.
    Einen Moment lang zögerte er – dann straffte sich seine Gestalt. Er hob das Amulett. Langsam schwang es hin und her, erfüllte den Raum mit silbrigem Widerschein, und die Stimme des Professors klang ruhig und zwingend.
    Er kannte die Formeln aus uralten Chroniken.
    Er kannte sie – und er hoffte, daß sie wirken würden.
    »Graf Chaldras!« sagte er laut. »Ich rufe dich, Graf Chaldras! Komm zurück! Ich befehle dir, zurückzukommen. Ich befehle es dir im Namen dessen, was stärker ist als stark, mächtiger als mächtig, größer als groß! Komm zurück! Im Namen der stärkeren Macht befehle ich dir, zurückzukommen!«
    Sekundenlang blieb es still.
    Zamorra rührte sich nicht, verharrte mit gespannten Sinnen. Irgendwo unter sich, in schwarzer Tiefe, glaubte er ein Stöhnen zu hören – und dann, ganz plötzlich, waren
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