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0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

Titel: 0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen
Autoren: Delfried Kaufmann
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mich aus und legte mich ins Bett.
    Ich mußte schon tief und lange geschlafen haben, als das Telefon läutete. Gewohnheitsmäßig griff ich nach der Armbanduhr. Die Zeiger standen wenige Minuten nach fünf Uhr. Durch die Vorhänge vor einem Fenster schimmerte es grau.
    Ich nahm den Hörer ab und hob ihn ans Ohr.
    »Ja«, sagte ich.
    Ich höre ferne leise Musik, so als hätte der Anrufer sein Radio eingeschaltet, eine schöne, sehr süße Musik, die mich heiter stimmte und mein Herz leicht machte.
    »Sind Sie es, G-man?« fragte eine sanfte Stimme in die Musik hinein.
    »Ja«, sagte ich.
    »Der Weg ist lang, aber leicht«, sagte die Stimme eindringlich. »Hören Sie, der Weg ist lang, aber leicht. Der Weg ist…«
    »Ja«, antwortete ich, und ein leises Wundern war in mir wegen dieser Antwort, »ja, ich verstehe.«
    ***
    Ich stand in meinem Wohnzimmer und hatte den rechten Arm halb erhoben. Es funkelte an meinem rechten Handgelenk, ein goldenes Leuchten und Schimmern, das ich immer ansehen mußte, das mich berauschte und glücklich machte und mich einfach faszinierte. Es wurde größer und größer, ein gleißender Weg nach oben, der sich enger und enger wie ein Spirale heraufschraubte zu Höhen, in denen ein ungeahntes Glück wohnte.
    Ich fühlte etwas Schweres in der linken Hand, und löste mühsam meinen Blick von dem Goldenen und wandte den Kopf nach links.
    Ach, der 38er. Ich lachte ihm zu wie einem alten Freund. Das runde Loch seiner Mündung sah mich dunkel und geheimnisvoll an, und ich begriff, daß ein geheimer Zusammenhang bestand zwischen der dunklen Mündung und dem schimmernden Gipfel der Spirale. Das eine war nur zu erreichen durch das andere. Es war entsetzlich schwer, den Revolver zu heben, aber ich wußte, daß ich es schaffen würde.
    »Jerry«, wurde ich angerufen, »Jerry, Professor Bitman hat es herausgefunden. Es ist Hypnose.«
    Die Stimme tat mir weh, als würde ich mit einem Messer geschnitten. Ich erkannte sie, es war Phil, aber wer war Phil? Er störte mich. Er sollte gehen, aber er ging nicht, er sprach weiter: »Warum stehst du mit der Waffe da? Dachtest du, du bekämst zweideutigen Besuch? Alle Achtung vor deinem Gehör. Ich war leise, als ich aufschloß.« Und er lachte.
    Sein Lachen schmerzte mich wie knallendes Blech. Ich wandte den Kopf. Das Funkeln und das Dunkel umhüllte mich wieder.
    »Jerry«, erklang Phils Stimme langsam und viel leiser. »Was ist das an deinem rechten Arm?« Ich hörte den Satz, aber ich verstand ihn nicht. Er drang einfach nicht in mein Gehirn. Ich hob die linke Hand.
    Etwas Schemenhaftes wuchs vor mir auf, aber ich vermochte es nicht deutlich zu erkennen. Sicherlich war es die Gestalt eines Mannes, aber anstelle des Gesichtes war nur ein runder weißer Fleck.
    Ein zuckender Schmerz drang in meinen Oberarm. Eine Handkante knallte hart und federnd gegen mein Handgelenk. Ich hörte ein Poltern auf dem Boden. Für Sekunden bruchteil zerriß der wehende Vorhang vor meinem Augen, und ich sah das Gesicht des Mannes vor mir, seinen runden offenen Mund, der mir irgend etwas zuschrie, seine angstvoll aufgerissenen Augen. — Phil? Ach was, Phil! Er war ein Kerl wie jeder andere, der mich hinderte, das zu tun, wonach mir alle Sinne standen.
    Eine grenzenlose Wut schoß in mir hoch. Ich warf mich nach vorn in den Nebel hinein, und ich hob meine Fäuste und drosch blindlings darauf los.
    Nur aus Phils Erzählungen weiß ich, wie sich dieser Kampf abgespielt hat. Er wurde überrascht, als ich über ihn herfiel, und er empfing eine ganze Ladung, aber ich kämpfte so planlos wie noch nie zuvor. Phil duckte ab, ging vor mir weg, tauchte unter den zischenden Hieben durch. Natürlich fiel es ihm schwer, mich zu schlagen, aber er sah bald ein, daß ich anders nicht zur Ruhe zu bringen war, denn ich reagierte auf keinen Zuruf. Er fischte sich eine Vase vom Kaminsims und zerschlug sie auf meinem Schädel.
    ***
    Ich öffnete die Augen. Mein Zimmer war es nicht, in dem ich lag, sondern ein nüchtern eingerichteter weißer Raum. Es roch nach Desinfektionsmitteln. Mein Schädel brummte, meine Unterlippe war geschwollen, mein Hals tat weh, wenn ich schluckte.
    Ich wollte mich aufrichten, aber es ging nicht. Ich konnte Arme und Beine nicht bewegen. Ich hob den Kopf, und ich sah, daß ich auf einem Krankenbett festgeschnallt war.
    Jetzt tauchte der Kopf eines Mannes in meinem Blickfeld auf, ein älterer Herr mit sehr weißen Haaren und einem kleinen Spitzbart. Er hatte dunkle Augen und
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