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Zwischen Sehnsucht und Verlangen

Zwischen Sehnsucht und Verlangen

Titel: Zwischen Sehnsucht und Verlangen
Autoren: Nora Roberts
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stand. Seine Kehle würde mit Sicherheit nicht weniger brennen.
    Er kniete sich vor sie hin.
    „Was machst du denn?”
    „Sei jetzt einen Moment einfach nur still, ja? Und wehe, du lachst.” Ihm war die Sache so peinlich, dass er am liebsten im Boden versunken wäre, aber es half nichts, da musste er durch.
    „When I arose and saw the dawn, I sighed for thee.”
    „Rafe …”
    „Unterbrich mich nicht. Jetzt muss ich noch mal von vorn anfangen.”
    „Aber du musst doch gar nicht …”
    „Regan.”
    Sie holte tief Luft. „Entschuldigung, Rafe. Mach einfach weiter.”
    Er verlagerte sein Gewicht von einem Knie auf das andere und begann noch einmal von vorn, aber bereits bei der zweiten Zeile blieb er stecken.
    „Oh, Himmel.” Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und versuchte sich zu konzentrieren. „Ah, jetzt hab ich’s wieder.” Mit belegter Stimme rezitierte er eine Strophe eines Gedichtes von Shelley.
    So erleichtert, als fiele ihm ein zentnergroßer Stein vom Herzen, atmete er schließlich auf. „So, das ist alles. Mehr kann ich nicht. Es hat schon länger als eine Woche gedauert, ehe ich allein das hier intus hatte. Aber wehe, wenn du das jemals weitererzählst.”
    „Das hätte ich mir niemals träumen lassen.” Bewegt legte sie eine Hand auf seine Wange. „Wie süß von dir, wirklich.”
    „Das Gedicht ähnelt in gewisser Weise dem, was ich für dich empfinde.
    Ich habe jeden Tag an dich gedacht, Regan. Aber wenn du jetzt Poesie willst, dann muss ich …”
    „Nein.” Entschlossen schüttelte sie den Kopf, beugte sich vor und barg ihr Gesicht an seiner Brust. „Nein, ich brauche keine Poesie, Rafe.”
    „Ich fürchte, mir fehlt die romantische Ader. Alles, was ich anzubieten habe, sind künstliche Blumen und Worte, die nicht mal auf meinem eigenen Mist gewachsen sind.”
    Sie war so gerührt, dass sie am liebsten geweint hätte. „Ich mag die Blumen, und das Gedicht ist wunderschön. Aber ich brauche weder das eine noch das andere. Ich will dich nicht verändern, Rafe. Bleib so, wie du bist.”
    „Und ich mag dich so, wie du bist, Regan, immer so ordentlich und korrekt, tipptopp. Allerdings muss ich auch zugeben, dass mich dein Aufzug von vorhin nicht gerade kalt gelassen hat.”
    „Ich bin sicher, dass ich mir die Sachen von Ed wieder einmal ausborgen kann.”
    „Ed?” Er grinste. „Kein Wunder, dass das Zeug so eng saß wie eine zweite Haut.” Und plötzlich spürte er die warmen Tropfen, die auf seinen Hals fielen. „Oh, tu das nicht, Baby. Bitte nicht.”
    „Ich weine ja gar nicht wirklich. Ich bin nur so gerührt, dass du meinetwegen ein Gedicht von Shelley auswendig gelernt hast.” Sie presste sich fest an ihn, ehe sie sich wieder in den Sessel zurücklehnte. „Sieht ganz danach aus, als hätten wir die Wette beide gewonnen – oder verloren, ganz wie man’s nimmt.” Sie wischte sich mit dem Handrücken ihre Tränen ab.
    „Obwohl du immerhin wenigstens nicht in aller Öffentlichkeit verloren hast.”
    „Wenn du glaubst, du könntest mich dazu überreden, diese kleine Dichterlesung in Duff’s Tavern noch mal zu wiederholen, musst du wirklich verrückt sein. Ich würde da niemals lebendig wieder rauskommen.”
    Sie holte tief Luft. „Ich mag dich genau so, wie du bist, Rafe. Und ich brauche dich viel mehr, als du denkst. Ich habe dich gebraucht, als Joe zu mir ins Geschäft kam und mir Angst einjagte, aber ich wollte dich das nicht wissen lassen.”
    Er nahm ihre Hand und küsste sie.
    Als er sie an sich zog, machte sie sich frei und lächelte. „Lass mich erst nachsehen, ob ich eine passende Vase für den Strauß finde, sonst wird er noch ganz zerdrückt.”
    Er tastete auf dem Boden herum und hob ein paar Scherben auf. „Wie wär’s mit der hier?”
    „Ausgezeichnet”, erwiderte sie trocken und nahm ihm die Scherben aus der Hand. „Ich kann es kaum glauben, dass ich sie wirklich zerdeppert habe.”
    „Ja, es war ein ereignisreicher Abend.”
    Sie schmunzelte. „Stimmt. Möchtest du vielleicht hierbleiben, um zu sehen, was als Nächstes passiert?”
    „Du scheinst wirklich meine Gedanken erraten zu können. Weißt du, Regan, ich glaube, dass wir mehr gemeinsam haben, als man auf den ersten Blick annehmen könnte. Du spielst ausgezeichnet Billard, und ich liebe Antiquitäten.” Plötzlich nervös geworden, stand er auf und begann unruhig im Zimmer umherzuwandern. Nach einer Weile blieb er vor einer Kommode stehen, nahm eine Katze aus chinesischem
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