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Zwischen Sehnsucht und Verlangen

Zwischen Sehnsucht und Verlangen

Titel: Zwischen Sehnsucht und Verlangen
Autoren: Nora Roberts
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bewahren, wäre vielleicht alles anders gekommen.
    Vielleicht hätte er sich sogar in sie verliebt.
    Nein, verdammt noch mal, dachte sie und haute wütend mit der Faust aufs Steuerrad. Das war die Art, wie ihre Mutter ihr ganzes Leben lang gedacht hatte. Mach es dem Mann schön, sodass er sich wohlfühlen kann.
    Streichle sein Ego, dulde seine Launen.
    Mitspielen, um zu gewinnen.
    Nein, das lehnte sie ab. Sie war entsetzt über sich selbst, dass sie eine solche Möglichkeit überhaupt in Betracht ziehen konnte. Sie würde nicht ihre eigenen Bedürfnisse unterdrücken und ihre Persönlichkeit deformieren, nur um einen Mann damit zu ködern.
    Aber hatte sie nicht genau das getan? Sie schauerte zusammen, aber es war nicht die Kälte, die sie frieren ließ. Hatte sie nicht genau das getan, eben dort oben im Schlafzimmer?
    Wie um Trost zu finden, umarmte sie das Steuerrad und legte den Kopf in beide Hände. Sie konnte sich keiner Sache mehr sicher sein. Ihre Welt war ins Wanken geraten. Nur eines gab es, das für sie unverrückbar feststand: Sie liebte ihn. Und nur ihr hartnäckiger Vorsatz, auf keinen Fall zu versuchen, ihn zu ködern, hatte alles zerstört. Er war wie ein scheues Tier, das man anlocken musste, doch ihr war nichts Besseres eingefallen, als es zu vertreiben. Sie hatte sich benommen wie ein Idiot.
    Was würde passieren, wenn sie ihre Verhaltensweise änderte? Hatte er dasselbe denn nicht auch in gewisser Weise bereits getan? Er war verletzt gewesen, erinnerte sie sich. Sie hatte ihn verletzt, hatte ihn zur Weißglut gebracht. An dem Tag, an dem die Sache mit Joe Dolin passiert war, hatte er sich immerhin dazu durchgerungen, seine Wut lieber an Nagelköpfen auszulassen als an lebenden Objekten. Sie war der Feigling, sie wagte es nicht, ihm Vertrauen entgegenzubringen, aus Angst davor, es könnte enttäuscht werden. Er hatte niemals versucht, sich in ihr Leben einzumischen oder in ihre Gedanken, er hatte niemals versucht, sie zu ändern. Nein, er hatte ihr Raum gegeben, war zärtlich gewesen und so leidenschaftlich, wie es sich eine Frau nur wünschen konnte.
    Und sie hatte sich die ganze Zeit über nur ängstlich zurückgehalten und in einer Haltung verharrt, die nichts weiter war als eine Kurzschlussreaktion auf ihre Kinderstube.
    Warum hatte sie dabei nicht ein einziges Mal an ihn gedacht? An seine Gefühle, Bedürfnisse, seine Sehnsüchte, seinen Stolz? War es nicht höchste Zeit, dass sie das Versäumte nachholte? Sie war doch flexibel, oder etwa nicht? Ein Kompromiss war noch lange keine Kapitulation. Es war noch nicht zu spät, um ihm zu zeigen, dass sie willens war, einiges an ihrem Verhalten zu ändern. Sie würde es nicht zulassen, dass es zu spät war …
    Die Idee, die ihr plötzlich kam, war so lächerlich einfach, dass sie sich sicher war, auf dem richtigen Weg zu sein. Ohne auch nur noch einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden, startete sie entschlossen den Motor und gab Gas. Wenige Minuten später war sie bei Cassie angelangt und rannte mit klopfendem Herzen die Treppe hinauf.
    „Regan.” Mit Emma, die hinter ihrem Rock hervorlugte, stand Cassie vor ihr in der Tür und strich sich das zerzauste Haar glatt. „Ich wollte gerade …
    Oh mein Gott, du hast ja geweint.” Alarmiert starrte sie Regan an. „Joe …”
    „Nein, nein, es ist nichts. Ich wollte dich nicht erschrecken, Cassie. Ich brauche deine Hilfe.”
    „Was ist denn los?” Rasch öffnete Cassie die Tür und ließ Regan eintreten. „Stimmt etwas nicht?”
    „Ich brauche einen kurzen roten Ledermini, und zwar sofort. Hast du eine Ahnung, wo ich um diese Tageszeit so was auftreiben könnte?”
    „Tief einatmen und die Luft anhalten, Herzchen.”
    „Okay.” Regan tat, wie ihr geheißen, während sich Ed mit aller Kraft bemühte, den Reißverschluss des Rockes, der etwa die Größe eines Deckchens hatte, bis oben hin hochzuziehen.
    „Das Problem ist, dass du eine Figur hast, während ich nur aus Haut und Knochen bestehe.” Entschlossen presste Ed die Lippen aufeinander, zerrte und zog und ließ sich schließlich mit einem triumphierenden Seufzer auf Cassies Bett sinken. „Geschafft!” Sie grinste. „Aber mach bloß keine schnelle Bewegung.”
    „Ich glaube nicht, dass ich überhaupt eine Bewegung machen kann.”
    Vorsichtig wagte Regan den ersten Schritt. Der Rock, sowieso schon gefährlich kurz, rutschte noch ein paar Zentimeter höher.
    „Du könntest mir ruhig ein bisschen was von deiner Größe abgeben”,
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