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Zwischen Krieg und Terror

Titel: Zwischen Krieg und Terror
Autoren: Ulrich Tilgner
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die angebotene Lieferung von Ersatzteilen für gebrauchte Flugzeuge als »Witz« - im Gegensatz zu den zehn Atomkraftwerken, die ihm vorschweben. 19 Dabei verweist er allerdings auch auf die Probleme seiner Forderungen. Denn die Hersteller der fortgeschrittensten Atomtechnologie kommen aus den USA, und damit würden Lieferungen unter das von den USA gegen Iran verhängte Handelsembargo fallen. Für einen Verhandlungsvorschlag, wie ihn die Iraner von den Europäern erwarten, wäre also eine Zustimmung seitens der USA erforderlich. Doch die Europäer unterbreiten gar kein Angebot. Denn sie haben es nicht eilig, weil sie lieber mit dem neuen Präsidenten, der im Juni gewählt werden wird, eine Einigung erzielen würden. Khatami, dem Reformpräsidenten, mangelt es in den Augen der westlichen Regierungen an Durchsetzungsvermögen, um die gesamte iranische Führung für ein verbindliches Abkommen gewinnen zu können. In Teheran sind die europäischen Diplomaten stolz auf ihre Idee, mit dem Nachfolger Khatamis, der in ihren Augen nur Altpräsident Hashemi Rafsanjani sein kann, das Atomproblem aus der Welt zu schaffen.
    Und der verspricht im Wahlkampf offen und verdeckt, Iran aus der außenpolitischen Isolierung zu führen. Als ehemaliger Oberbefehlshaber der Streitkräfte während des Krieges gegen den Irak ist er über Irans atomare Rüstungsbemühungen Ende der achtziger Jahre bestens im Bilde. Und als Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats weiß er auch, welches Doppelspiel die Islamische Republik während der Verhandlungen mit den Europäern in den Jahren zuvor betrieben hat.
    Zwei Wochen vor der Wahl habe ich die Gelegenheit, Rafsanjani zu interviewen. Ruhig und selbstsicher geht er von einer Einigung mit den Europäern aus: »Wir müssen uns bemühen, dass sie einsehen, dass unsere nukleare Technologie friedlichen Zwecken dient. Deswegen sind auch die Gespräche sehr schwierig, aber es gibt viel Verhandlungsspielraum. Im Endeffekt muss in diesen Verhandlungen eine Lösung gefunden werden, wie die Welt sicher sein kann, dass Iran diese atomare Technologie nur für friedliche Zwecken nutzt - und das ist möglich.«
    Philippe Welti, der Schweizer Botschafter, gibt sich nach einem Treffen mit Rafsanjani vorsichtig optimistisch. Er geht davon aus, dass Rafsanjani seinen politischen Einfluss »für politische Änderungen in der Außenpolitik nutzen wird«. Welti macht jedoch eine wichtige Einschränkung: »Das setzt natürlich voraus, dass er gewählt wird.«
    Eine mögliche Wahlniederlage wird von den EU-Staaten kaum ins Kalkül gezogen. Möglicherweise hätte ein wirklich gutes Angebot an den Iran in der Atomfrage im Wahlkampf für entsprechenden Diskussionsstoff und neuen Schwung bezüglich der außenpolitischen Öffnung des Landes sorgen können.
    Rafsanjani verfolgt dieses Ziel zwar auch, doch auf außenpolitische Argumente setzt er erst in der Endphase des Wahlkampfs. Stunden vor der Wahl überrascht er mich, als er in einem weiteren Interview von politischen Fehlern Irans gegenüber den USA spricht und dann fordert: »Es muss Bemühungen geben, die Atmosphäre zum Nutzen beider Länder zu verbessern. Mit dem, was die USA und auch wir gegen diese schlechte Atmosphäre unternehmen, und mit besseren Kontakten müssen wir in der Praxis zeigen, dass wir unsere Probleme lösen wollen.« Rafsanjani setzt darauf, dass die Mehrheit der Iraner eine Lösung der außenpolitischen Konflikte wünscht. Doch hierin täuscht er sich und muss eine bittere Niederlage einstecken.
    Mahmoud Ahmadinejad, der neue Präsident, verkündet noch am Tag seines Sieges, er wolle Iran zu neuer Stärke führen und einem Druck von außen nicht nachgeben. »Atomenergie ist ein Ergebnis der wissenschaftlichen Entwicklung des iranischen Volkes. Und niemand kann ein Volk an der wissenschaftlichen Entwicklung hindern. Das Recht des iranischen Volkes wird bald von denen anerkannt werden, die dies bisher verweigert haben.« 20 Hinter diesen Worten zeichnen sich für die Europäer kaum überbrückbare Probleme bei der diplomatischen Suche nach einer Verständigung auf einer vernünftigen Basis ab.
    Am 8. August legen die Europäer Iran ihr Kompromissangebot vor. Chancen für eine Einigung in letzter Minute bestehen nicht mehr, da die Offerte politisch zu spät erfolgt. Zudem
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