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0012 - Der Dämonenknecht

0012 - Der Dämonenknecht

Titel: 0012 - Der Dämonenknecht
Autoren: Kurt Maurer
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Am Rande der geisterhaften Inkastadt standen einige langgezogene Hütten, dicht neben einer riesigen Baustelle. In einer etwa hundertfünfzig Meter großen quadratischen Grube schufteten ausgemergelte Männer in zerfetzter Kleidung. Sie arbeiteten in drei Gruppen.
    Eine warf den feuchten Sand aus der Sohle auf einen in halber Höhe der Grubenwand geschaffenen Vorsprung, die zweite Gruppe füllte die immerfort anrollenden Karren der dritten Gruppe.
    Es gab keine Pause. Niemand wagte aufzusehen.
    Überall, unten im Loch, auf dem Vorsprung und dem ganzen Weg bis zu dem Tal, in das die Erde gefahren wurde, standen die Aufseher. Indios! Bronzefarben glühten ihre Gesichter. Sie hielten Stöcke und Baumwurzeln in ihren Händen und schlugen unbarmherzig auf jeden ein, der irgendwie ihr Mißfallen erregte. Im Eilschritt wurden die vollen Karren zu Tal gefahren, und im Laufschritt ging es ohne Besinnen mit dem leeren zurück.
    Weiter! Immer weiter! Es gab kein Halten, kein Absetzen. Und keinen Pardon. Wer alt, krank oder schwach war und zusammenbrach, wurde so lange geschlagen und getreten, bis er sich unter Aufbietung seiner letzten Kräfte wieder erhob und weitertaumelte. Wer trotzdem liegenblieb, den warf man achtlos zur Seite. Die Jagd ging weiter.
    Dafür sorgte eine in eine schwarze Mönchskutte gehüllte Gestalt, die von Zeit zu Zeit die Baustelle besichtigte.
    Immer stieg die Gestalt vom höchsten Punkt der Stadt, dort – wo die Spitze des Berges von einem mächtigen Turm gekrönt wurde – herab. Stumm stellte sie sich minutenlang an den Rand der Grube, und ebenso stumm verschwand sie wieder.
    Die Indios warfen sich jedesmal lang auf den Boden und vergruben ihre Gesichter in den Sand. Erst wenn die unheimliche Gestalt wieder verschwunden war, hoben sie ihre Köpfe und begannen wieder die Unglücklichen zu beschimpfen und zu traktieren.
    Nachts, wenn die Männer auf dem faulen Stroh in den Hütten zusammensanken, wurden sie von den Indios weitergequält.
    Es war ein brodelnder Hexenkessel, in dem das Schreien und Wimmern der Geschundenen und das Hohnlachen und Wutgebrüll der Indios ertönte.
    Ein Inferno der Qual und der Angst, eine entsetzliche Menschenmühle, in der die wehrlose Kreatur ausgepreßt und erdrückt wurde.
    In diesem Hexenkessel arbeitete auch ein Mann, der einmal auf den Namen Manuel Ortez gehört hatte. Trotz der Beulen am Kopf, den Wunden im verfärbten Gesicht und am abgemagerten Körper war Manuel der einzige Aufsässige in diesem unwirklichen Arbeitslager. Er hatte es gewagt, einen Aufseher der ihm einen Fußtritt versetzt hatte, anzuspringen.
    Die Indios waren mit ihren Knüppeln über ihn hergefallen. Sein gräßliches Wehgeschrei hatte über die Grube geschallt, daß die übrigen Männer erschrocken stehenblieben und zitternd den Atem anhielten.
    Sie hatten ihn zu einer der Hütten geschleift und hineingeworfen.
    Hohnlachend hatten sie die Tür zugeworfen und ihn in seinem Blut liegengelassen.
    Als Manuel Ortez tief in der unheimlichen, stillen Nacht durch Schmerzen, Kälte und Hunger aus seiner Ohnmacht erwachte, waren alle Bedrängnisse und Furcht von ihm abgefallen.
    Langsam hob er den Kopf. Sein starrer Blick ging in die Runde.
    Der schmale Mund mit den aufgeschlagenen, geschwollenen Lippen öffnete sich. Hinter dem Gebiß drangen schauerliche Laute hervor.
    Sekunden später stand Manuel wie ein schwankendes Rohr auf seinen Beinen. Er taumelte aus der Hütte, mechanisch, Schritt für Schritt. Ein armseliges Bündel Mensch.
    In einiger Entfernung flackerten Feuer. Ein monotoner Gesang drang zu ihm herüber.
    Ein paar Herzschläge lang blieb Ortez stehen und lauschte. Schauerlich klang der Gesang der Indios in dunklen, gutturalen Tönen über den Platz.
    Ortez schwankte weiter. Er hatte ein Ziel, das er unbedingt erreichen mußte. Es ging höher, immer höher.
    Der Gesang der Indios hinter ihm erstarb plötzlich und ging in ein Gebrüll über. Sie hatten entdeckt, daß er fort war.
    Mit fest zusammengebissenen Zähnen kletterte Ortez weiter. Vor jedem Schritt prüfte er die Festigkeit des Gerölls. Steine polterten in den Abgrund. Er hörte nicht ihren Aufschlag in der Tiefe.
    Noch ein letzter Aufstieg, noch ein paar in den Fels gehauene Treppen, dann hatte Ortez das Plateau mit dem Turm erreicht. Die Indios waren ihm gefolgt, doch vor der letzten Treppe blieben sie stehen. Das Plateau wagten sie nicht zu betreten. Manuel Ortez stand an dem Ort, an dem er vor langer Zeit das erstemal diese
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