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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht
Autoren: Dean R. Koontz
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möchte am warmen Strand liegen und diesen Winter von der Sonne ausbrennen lassen. Ich möchte sehen, wie die Wasserläufer sich in der Brandung ihr Mittagessen zusammensuchen.«
    Horton Bluett und Growler kamen in den Stall, um sich zu verabschieden. Er war eingeladen worden, uns nach Gibtown zu begleiten und sich der Gemeinschaft der Schausteller anzuschließen, so wie Cathy Osborn es inzwischen getan hatte, aber er hatte dankend abgelehnt. Er sagte, er sei ein alter Sonderling mit festen Gewohnheiten, und obwohl er sich manchmal einsam fühlte, sei er doch an diese Einsamkeit gewöhnt. Er machte sich noch immer Sorgen, was aus Growler werden würde, falls er vor dem Hund starb, und deshalb hatte er beschlossen, ein neues Testament aufzusetzen und den Hund Rya und mir zu vermachen, zusammen mit dem Erlös aus dem Verkauf seines Häuschens. »Ihr werdet das Geld brauchen können«, sagte er, »denn dieses Ungetüm frißt einem den Kitt von den Fenstern.«
    Growler knurrte zustimmend.
    »Wir werden Growler gern nehmen«, meinte Rya, »aber Ihr Geld wollen wir nicht, Horton.«
    »Wenn ihr es nicht nehmt, kassiert es der Staat, und in allen möglichen Staatsämtern wimmelt es bestimmt von Trollen.«
    »Die beiden werden das Geld annehmen«, beruhigte Joel ihn. »Aber die ganze Diskussion ist völlig überflüssig, denn Sie werden zwei weitere Hunde und wahrscheinlich auch uns alle überleben.«
    Horton wünschte uns Glück in unserem geheimen Krieg gegen die Trolle, aber ich schwor, ich hätte vom Kämpfen endgültig die Nase voll.
    »Ich habe meinen Anteil geleistet«, erklärte ich. »Mehr kann ich nicht tun. Ich wünsche mir nur noch ein friedliches Privatleben, die Geborgenheit des Rummelplatzes — und Rya.«
    Horton schüttelte mir die Hand und küßte Rya.
    Abschied zu nehmen, war nicht leicht. Es ist niemals leicht.
     
    Auf der Fahrt durch die Stadt sah ich einen LKW der Kohlen-Gesellschaft Blitz mit jenem verhaßten Symbol.
    Weißer Himmel.
    Dunkler Blitz.
    Wieder spürte ich jene schreckliche Leere: das stille, dunkle, kalte Nichts der postnuklearen Welt.
    Doch diesmal war die Leere nicht ganz still, nicht völlig dunkel, sondern mit fernen Lichtern gesprenkelt, und sie war nicht ganz so kalt, nicht ganz so leer. Offenbar hatten wir durch die Zerstörung des Bunkers die Zukunft ein wenig verändert und das Jüngste Gericht etwas hinausgeschoben. Wir hatten es nicht endgültig verhindert. Die Bedrohung blieb bestehen. Aber sie war jetzt ein Stückchen weiter entfernt.
    Hoffnung ist nicht töricht. Hoffnung ist der Traum eines wachen Menschen.
    Zehn Blocks weiter fuhren wir an der Grundschule vorbei, wo ich den Tod so vieler Kinder bei einem von den Trollen inszenierten Brand in schrecklichen Visionen vorhergesehen hatte. Ich betrachtete das Gebäude intensiv. Es strahlte keine verheerende Todesenergie mehr aus. Ich empfing keine Impressionen eines zukünftigen Feuers, nur einige blasse Bilder vom ersten Brand.
    Irgendwie hatten wir auch die Zukunft von Yontsdown verändert. Die Kinder würden vielleicht bei anderen Sabotageakten der Trolle ums Leben kommen, aber sie würden nicht in ihren Klassenzimmern verbrennen.
     
    In Altoona gaben wir den Mietwagen zurück und verkauften Ryas Kombi an einen Gebrauchtwarenhändler. Am Mittwoch flog Arturo Sombra uns nach Florida.
    Die Erde wirkte vom Himmel aus frisch und heiter.
    Wir erwähnten die Trolle kaum. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt für ein so deprimierendes Thema. Stattdessen unterhielten wir uns über die nächste Saison, die in drei Wochen in Orlando beginnen würde.
    Mr. Sombra erzählte uns, daß er den Vertrag mit Yontsdown gekündigt und für diese Woche mit einem anderen Ort eine Absprache getroffen hatte.
    »Sehr weise«, kommentierte Joel Tuck, und alle lachten.
     
    Während wir am Donnerstag am Strand den Wasserläufern bei ihrer Nahrungssuche zuschauten, fragte Rya plötzlich: »War das eigentlich dein Ernst?« »Was?«
    »Was du Horton erklärt hast — daß du den Kampf aufgibst?«
    »Ja. Ich werde nicht noch einmal riskieren, dich zu verlieren. Von nun an ziehen wir die Köpfe ein. Unsere Welt — das sind nur wir beide und unsere Freunde in Gibtown. Es kann eine schöne Welt sein. Klein, aber schön.«
    Der Himmel war blau.
    Die Sonne war heiß.
    Die Brise vom Golf war erfrischend.
    Nach längerem Schweigen sagte Rya: »Und was ist mit Kitty Genovese, die in New York sterben mußte, weil niemand ihr half?«
    Ohne zu zögern, erwiderte
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