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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Georgs Geheimnis
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wieder aus. »Warum…?«
    Tränen liefen über ihr Gesicht. Ruth reichte ihr ein Taschentuch, mit dem sich die Witwe vergeblich bemühte, den Tränenfluss zu kontrollieren.
    »Warum…?«, schluchzte sie erneut.
    Auch die junge Frau Pawlitsch konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Ein vorwurfsvoller Blick traf den Polizisten.
    Brischinsky schwieg betreten. In diesen Momenten hasste er seinen Beruf immer wieder. Noch mehr aber hasste er die Täter, die solche Verzweiflung auslösten. Hilflos stammelte der Hauptkommissar: »Ich… ich kann auch später… oder morgen…«
    »Nein, bleiben Sie«, flüsterte Paula Pawlitsch. »Es geht schon.« Die Witwe straffte sich. »Fragen Sie.«
    »Können Sie mir sagen, was Ihr Mann gestern Abend in Recklinghausen gewollt hat?«
    »Ja, natürlich. Er war mit seinem alten Freund Kattlowsky verabredet.«
    Brischinsky zückte sein Notizbuch. »Kattlowsky. Kennen Sie auch den Vornamen?«
    »Selbstverständlich. Siegfried heißt er. Siegfried Kattlowsky.«
    »Wissen Sie, wo Herr Kattlowsky wohnt?«
    »Nicht genau. In einem Altersheim im Norden der Stadt.
    Wissen Sie, Siegfried und mein Georg kannten sich schon seit Jahrzehnten. Sie waren gemeinsam auf Erin.«
    »Erin? Ist das nicht die Zeche in…«
    »Castrop. Ja, so ist es. Siegfried ist einer von Georgs besten Freunden. Wenn die beiden zusammen waren, schwelgten sie in gemeinsamen Erinnerungen. Ich habe da nur gestört.« Sie lächelte schmerzhaft. »Deshalb bin ich nie mit nach Recklinghausen gefahren. Und es war mir auch etwas zu beschwerlich. Ich habe Schwierigkeiten beim Laufen.«
    »Wann war Ihr Mann denn mit seinem Freund verabredet?«
    »Ich glaube, gegen fünf. Er ist mit dem Bus um kurz nach halb vier zum Bahnhof gefahren und von da weiter nach Recklinghausen. Das hat er immer so gemacht.« Sie schluchzte leise auf. »Und jetzt ist er tot.« Ein Weinkrampf schüttelte sie.
    Ruth Pawlitsch nahm ihre Mutter in den Arm und blickte Brischinsky bittend an. Der nickte.
     
    »Ich gehe dann besser. Bitte, bleiben Sie sitzen.« Der Hauptkommissar drückte den beiden Frauen fest die Hand und verließ leise die Wohnung.
    In seinem Wagen funkte Brischinsky die Zentrale an und forderte eine Auskunft vom Einwohnermeldeamt.
    Zehn Minuten später hatte er die genaue Anschrift von Siegfried Kattlowsky. Der Freund des toten Georg Pawlitsch lebte im Seniorenheim im Nordviertel Recklinghausens in der Straße Am Romberg. Das Heim lag nur wenige hundert Meter vom Unfallort entfernt. Brischinsky machte sich auf den Weg.
    Der Hauptkommissar traf Siegfried Kattlowsky auf seinem Zimmer. Der Rentner war groß gewachsen, schlank und hatte langes, fast weißes Haar, das im Nacken von einem Gummiband zusammengehalten wurde.
    »Kriminalpolizei?«, wunderte sich Kattlowsky, nachdem Brischinsky sich ausgewiesen hatte. »Was wollen Sie von mir?«
    »Sie hatten doch gestern Besuch von Georg Pawlitsch?«
    »Georg? Ja, der war gestern Abend bei mir. Warum wollen Sie das wissen?«
    »Herr Pawlitsch ist tot«, antwortete der Hauptkommissar. »Er ist gestern nicht weit von hier von einem Wagen angefahren worden.«
    »Tot? Georg? Oh, mein Gott.« Kattlowsky wurde bleich.
    Brischinsky deutete die Reaktion falsch und wollte ihm hilfreich unter die Arme greifen, als dieser eine abwehrende Handbewegung machte: »Lassen Sie. So leicht wirft mich nichts um. Georg ist nicht der erste meiner Freunde, der sterben musste. Leider nicht der erste. Aber was hat die Kripo… Ich meine, warum…?«
     
    »Der Fahrer des Unfallwagens hat Fahrerflucht begangen.«
    Brischinsky hielt es für klüger, es fürs Erste bei dieser Erklärung bewenden zu lassen. »Wir fahnden nach ihm.«
    »Unfallflucht… tragisch.« Kattlowsky sah Brischinsky direkt an. »Weiß Paula, ich meine, seine Frau…?«
    »Ja, ich habe sie informiert.«
    »Und? Wie hat sie es aufgenommen?«
    »Sie ist verständlicherweise erschüttert. Ihre Tochter ist bei ihr.«
    »Ruth? Gut, das ist gut. Ach, Georg.« Kattlowsky schüttelte betrübt den Kopf.
    »Herr Kattlowsky, Frau Pawlitsch hat mir gesagt, dass ihr Mann mit Ihnen um fünf verabredet war.«
    »Um fünf? Ja, ja, Georg war hier… Sagten Sie fünf Uhr?«
    »Ja.«
    »Nein, das stimmt nicht. Da muss sich Paula irren. Georg und ich waren für halb acht verabredet. Halb acht. Nach meinem Abendessen.« Der Rentner lächelte verschmitzt. »Sonst vertrage ich den Bergmannsschnaps nicht, wenn ich keine Grundlage habe, verstehen Sie?«
    »Sind Sie sich da ganz
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