Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zweifel in Worten

Zweifel in Worten

Titel: Zweifel in Worten
Autoren: Nathan Jaeger
Vom Netzwerk:
erwartet hätte. An der Bushaltestelle wurde mir mit Schrecken klar, wie enttäuscht ich war, weil Mister Mountainbike nicht vorbeigefahren kam. Es ärgerte mich und ich versuchte, mich mit meiner Routine abzulenken.
    Für den Nachmittag stand nur noch Karate auf dem Plan und danach ging es endlich ins BoyToy . Ich wollte tanzen, Spaß haben, lachen. Na klar, all das konnte ich auch mit meiner Clique um Svenja und Maike, aber die Abende im BoyToy waren einfach noch mal was ganz anderes. Besonders, weil ich heute ganz sicher und sehr dringend echten Sex brauchte, nicht meine Hand.
    Nach dem Training machte ich mich auf den Heimweg und parkte meinen Wagen gerade in der Einfahrt, als ich im Rückspiegel etwas aufblitzen sah. Das Licht der Sonne reflektierte von etwas Silbernem. Ich runzelte die Stirn, stieg aus und sah mich möglichst unauffällig um.
    Tatsache, ein Typ auf einem Mountainbike, dessen Statur und Ausstrahlung mir sofort das Blut in den Unterleib trieb. Ich schluckte hart, als er vorbeifuhr und mich ansah. Wieder durch seine verspiegelte Sonnenbrille.
    Anstatt mich vielleicht mal abzuwenden, meine Sporttasche aus dem Kofferraum zu nehmen oder auch nur die Fahrertür hinter mir zu schließen, starrte ich ihn einfach an und spürte, wie sich mein Mundwinkel wieder zu diesem frechen Halbgrinsen verzog, das ich bis zur Perfektion trainiert hatte.
    Und bevor ich es begriff, nickte er grüßend und war vorbei. Ich schloss endlich die Autotür und sah ihm nach. Er bog in eine Querstraße ganz in der Nähe ab und ich registrierte erstaunt, dass er noch einmal in meine Richtung sah, bevor er hinter einer Hecke und aus meinem Blickfeld verschwand.
    Ich riss mich zusammen, versuchte, die pochende Beule in meinen Jeans zu ignorieren und schnappte mir meine Trainingstasche, um endlich hineinzugehen und mich fürs BoyToy fertigzumachen.
    Karate ging freitags immer von 16 bis 19 Uhr, wenn ich also was vom Abend haben wollte, musste ich mich beeilen.
    Im Gegensatz zu anderen Clubs, in denen es geradezu zum guten Ton gehörte, nicht vor 23 Uhr zu erscheinen, war das BoyToy bereits ab 20 Uhr gut besucht. Es lohnte sich also, nicht bis Ultimo zu Hause herumzulungern.
    Gegen halb neun betrat ich den düsteren Club in der alten Fabrikhalle. Die Backsteinwände wurden von unterschiedlichen Strahlern angeleuchtet, an einer Wand entstand so der Eindruck einer riesigen, sich drehenden Turbine, an einer anderen malten Laser kryptische Muster in immer wieder neuen Farben , und insgesamt war der riesige Raum bis auf die Tanzfläche eher spärlich beleuchtet. Ich sah einen Augenblick lang in das zuckende Lichtgewirr, mit dem die Tanzenden stroboskopisch ins Bild gesetzt wurden, dann suchte ich die üblichen Versammlungsplätze der Bang-Gang mit Blicken ab.
    Da saß Tim und neben ihm Kevin. Immerhin, schon mal zwei zur Auswahl für heute Abend! Auswahl? Blödsinn! Ich sah Tim an und wusste, mit wem ich die Nacht verbringen würde.
    Lächelnd ging ich zu ihnen und warf meine Jacke auf die lederbezogene Sitzbank, die U-förmig um einen Tisch ging. An dieser Hallenwand gab es sechs solcher Sitzecken, sie hatten die linke besetzt. Gut so, sie lag perfekt, um die anderen Besucher beobachten zu können.
    „Na? Alles fit?“, fragte Tim und rutschte auf, um mir Platz zu machen. Ich verlor mich einige Sekunden lang in seinen Augen, das passierte mir ziemlich oft. Sie waren so grau wie die aufgewühlte See.
    „Klar! Sind die anderen auch schon da?“, fragte ich schließlich und zählte die Gläser und Flaschen auf dem Tisch. Vier Getränke, also dürften zwei andere sich hier irgendwo herumtreiben.
    „Chris und Jeremy, ja. Sie tanzen mit irgendwelchen Typen, die hier ankamen“, erklärte Kevin grinsend und nickte zur Tanzfläche. Ich folgte seinem Blick und entdeckte die Freunde.
    „Steht schon irgendwas fest, wer heute mit wem abhaut?“, fragte ich, während ich weiterhin die Tanzenden beobachtete. Meistens entschieden sich die Mitglieder unserer Truppe schon beim Reinkommen für einen der anderen, das klärte frühzeitig, wer mit wem später nach Hause gehen würde, doch zu meinem Erstaunen lachte Tim auf.
    „Hast du Druck? Wir könnten jetzt gleich ...“ Das wunderte mich noch mehr, denn Tim verabscheute den Darkroom unterhalb des BoyToy s mit Inbrunst. Seine Hand glitt auf meinen Oberschenkel und weiter zu meinem Schritt. Ich sah ihn grinsend an, spürte, wie meine Lenden augenblicklich auf ihn reagierten, und beugte mich zu ihm.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher