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Zwei Toechter und drei Hunde

Zwei Toechter und drei Hunde

Titel: Zwei Toechter und drei Hunde
Autoren: Hans G Bentz
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indigniert umdreht.
    Währenddessen interviewen wir Frauchen und erfahren, daß es sich bei Peterle um eine — auch im Anschaffungspreis — hochfeudale Sache handelt und außerdem um einen Kleinpudel, was ein Mittelding zwischen Zwerg- und Mittelpudel sei. Alter zwölf Wochen. Dann folgt eine Reihe von Ernährungsvorschriften, die von der Mama mit tiefer Sandrock-Stimme als verstiegener Modequatsch< bezeichnet werden. »Heute nachmittag kaufen wir ein Paket Welpenfutter und dazu viel Milch. Damit haben wir alle unsere Hunde großgezogen!« Es schließt sich eine teilweise hitzige Diskussion über Hundeernährung an, die sich über unseren Braten mit Beilagen bis zum Kompott erstreckt. Während dieser Zeit kassiert Weffchen die Fettränder und Knorpel mit gesenkten Garbo-Wimpern, zitternden Fellhosen und einem wollüstigen >Aaaahhh<, das aus Dankbarkeit und befriedigter Freßlust kombiniert ist. Die Mama beugt sich zu dem schnarchenden Bündel hinunter und nimmt es in den Arm: »Mein süßes, kleines Kerlchen! So klein und schon ohne Mutti! Ich muß dich leider wecken, aber gleich kannst du weiterschlafen.«
    Ich stelle fest, daß das Veilchenauge geradezu erschreckend ausgeschlafen und damit beschäftigt ist, von Omas Trachtenjacke einen Silberknopf abzumontieren, aber von ihren großmütterlichen Gefühlen umwallt wie Genoveva von ihren Haaren, merkt sie das gar nicht, sondern verschwindet in ihrem Zimmer. Wir hören, wie sie die Tür hinter sich schließt, und starren uns mit offenen Mündern an. »Hast du das gehört? Sie macht die Tür zu!« sagt das Frauchen. »Das hat sie noch nie getan, weil sie doch angeblich alles hören muß, was im Haus vorgeht!«
    »Hast du gesehen, daß sie wieder ganz normal gegessen hat?«
    »Ja«, sagt das Frauchen, »von dir ganz zu schweigen, Weffl!« Wir knien uns beide vor ihn hin und streicheln ihn: »Wir sind so glücklich, daß du wieder Fresserchen machst und daß du dein Brüderchen so lieb hast! Brüderchen! Immer lieb sein! Und du bist ja trotzdem der Beste und der älteste! Und Brüderchen ist noch sooooo klein!«
    Bei >Brüderchen< hebt er den Kastenbart in Richtung auf Omas Zimmer.
    »Ja«, sagt Frauchen, »da ist Brüderchen jetzt und schläft ganz fein artig mit Oma!«
    In diesem Augenblick gibt es dort einen Krach — oder vielmehr ein ganzes Bündel von Krächen. Dazu einen Entsetzensschrei unseres Schloßgeistes. Wir stürzen in ihr Zimmer und sehen sie mit aufgerissenen Augen auf ihrer Couch sitzen. Der völlig ausgeschlafene und zu unglaublicher Aktivität erwachte Peter ist wie ein junger Kater auf der Lehne ihrer Couch entlangbalanciert und in ihr Familienheiligtum eingedrungen. Das heißt, er hat einen neben ihrer Couch stehenden Tisch erstiegen, auf dem sowohl die Großeltern wie ich als Baby, Schuljunge, Einsegnungsjüngling mit Kneifer und langer Hose und in allerhand sonstigen Situationen eingerahmt stehen. Mittendrin ein Licht in Form einer kugelförmigen Honigkerze. Auf diese Kugelkerze hatte Peters Auge es abgesehen und — um dahin zu gelangen — den gesamten Wald aus Bilderrahmen und Nippes (darunter mein altes Sparschwein aus Ton) umgelegt. Das Schwein ist heruntergefallen, zerbrochen, und auch der Silberrahmen um Großmama hat sich aufgelöst. Peter saust mit der Kerze, die er geschickt beim Docht gepackt hat, an Oma vorüber, überschlägt sich zweimal in der Luft, landet auf den Füßen und prescht um die Ecke ins Speisezimmer. Wir trösten, leimen Sparschwein und Rahmen und bringen die Mama zur Ruhe. »Nehmt ihm bloß die Kerze weg«, jammert sie, »wenn er das Zeug frißt, kann er sterben.« Wir versprechen es und gehen aus dem Zimmer. »Laßt die Tür auf«, ruft sie hinter uns her, »ich will wissen, was mit ihm ist!«
    Im Speisezimmer finden wir den offenbar völlig kindisch gewordenen Weffi mit der Zerlegung der Kerze beschäftigt. Die einzelnen Stücke spuckt er aus, und das Bündel — glühend vor Lernbeflissenheit — kaut die kleinen Stücke noch kleiner und spuckt sie dann, genau nach Vorbild, ebenfalls aus. Ich gebe Weffi eins hinter die Ohren und entreiße ihm die Kerzenruine: »So alt und so albern!« Er sieht mich trotz des Klapses aus großen, glücklichen Augen an und wedelt. »Na ja«, sage ich, »ist ja gut. Besser, als wenn du so als Tränentier ‘rumschleichst.« Ich streichele ihm den langen Kopf und bringe dann der Mama die Überbleibsel: »Hier hast du den Rest, den dir deine Lieblinge gelassen haben. Wenn der schwarze
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