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Zwei Toechter auf Pump

Zwei Toechter auf Pump

Titel: Zwei Toechter auf Pump
Autoren: Hans G. Bentz
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Nachzügler? Nein, es ist der Reiserer-Franz mit einem Schneeschieber über der Schulter. Er wohnt mit seiner Mutter im Haus oben am Hang. Die Mutter betreibt ein Seifengeschäft, er arbeitet in der Möbeltischlerei. Jetzt, im Winter, wo die Leute keine Möbel kaufen, hat er manchmal etwas Zeit. Franzi ist schon zweiundzwanzig Jahre alt, athletisch gebaut und seit einer Woche schnurrbärtig. Vielleicht hofft er damit Eindruck auf Susanne zu machen. Susanne ist seine große Liebe, seit jeher. Er hat sie schon geliebt, als sie erst vierzehn Jahre zählte. Damals war seine große Zeit. Er durfte für sie Kirschen klauen und sie spazierenrudern. Auch tischlerte er ihr einen Schuhschrank und einen Arbeitstisch und holte für sie ein, wenn sie von Addi abends noch weggeschickt wurde. Und er legte ihr jeden Morgen, ehe er zur Arbeit ging, ein Blumensträußchen aufs Fensterbrett.
    Als Susanne vor einem Jahr ihre Weiblichkeit zu entdecken begann, übte sie sich an ihrem treuen Knappen im Blickewerfen und wahrscheinlich auch im Küssen. Der Knappe verstand das miß und stieg nach alter bayerischer Art eines Abends in Susannes Fenster, obwohl er doch wußte, daß hinter diesem Fenster auch Margot schlief. Vielleicht dachte er, daß sie einen besonders tiefen Schlaf habe. Vielleicht dachte er sich in diesem Augenblick auch gar nichts. Um so mehr dachten sich die beiden Mädchen und handelten danach. Sie teilten sich schwesterlich in die Backpfeifen und streichelten ihn mit Kleiderbügeln, bis er wieder zum Fenster hinaus war. Die Mädchen wurden von den Eltern belobt und Teddy zu Franzis Mutter geschickt, um dort auf den Tisch zu schlagen. Er kehrte sehr heiter zurück, und es stellte sich bei längerem Fragen heraus, daß er zwar nicht auf den Tisch geschlagen, dafür aber der Mutter eine Waschmaschine verkauft hatte.
    Seitdem jedoch ist Franzi bei Susanne unten durch, und zwar, wie ich fürchte, weniger aus Keuschheit als deshalb, weil sie indessen die Insassen des vornehmen Internats jenseits des Sees getroffen und über soziale Unterschiede nachgedacht hat. All das aber schreckt den Franzi nicht. Er spielt seitdem die Rolle des treuen Hundes, der das verlorene Paradies umstreicht. Er bildet sich ein, daß es für ihn außer Susanne keine andere gäbe, der unglücklichselige Irre. Vielleicht glaubt er auch, daß Hartnäckigkeit zum Ziele führt.
    Was macht er denn da? Er beginnt doch tatsächlich mit dem Schneeschieber den Gartenweg zu räumen. Er weiß, daß das Susannes Aufgabe ist, wie er alles weiß, was in diesem Hause vorgeht. In dem wüsten Schneegestöber hat er nur ein Wollhemd an, und ich sehe, wie seine starken Schultermuskeln darunter spielen. Ab und zu hält er inne und lauscht der Tanzmusik. Sein Gesicht ist traurig und wie aus Holz. Eine besondere Pikanterie der Situation besteht darin, daß die Musik, die da von drinnen herausdringt, auf seinen Platten erzeugt wird. Neulich wurde er von Susanne in einer ihrer vielen Launen halb und halb in Gnaden wieder aufgenommen. Plötzlich tauchte sie bei ihm und seiner Mutter auf, plauderte wie in alten Zeiten und pumpte sich Schallplatten von ihm. Er durfte sie ihr sogar Vorspielen. Dann aber war plötzlich Schluß. »Der Kerl starrte mich an, daß mir direkt unheimlich wurde«, erzählte sie mir später. Sie ging — aber mit den Platten unter dem Arm. Und seitdem werden sie von ihr gespielt. Als ich sie fragte, ob sie sich nicht schäme, sah sie mich völlig verständnislos an: »Ja, wieso, Colonel? Glaubst du denn, daß er sie mir nicht gern geliehen hat?«
    »Ja, aber... wenn ein Mann so was tut, dann erwartet er doch, daß...« Ich schaute in diese großen, blauen, unschuldig aufgerissenen Augen und versuchte zu ergründen, was dahinter vorging. Dann gab ich es auf. »Du bist ein Biest!« erklärte ich abschließend. »Wenn ich an Franzis Stelle gewesen wäre, ich hätte dich übergelegt und dann ‘rausgeschmissen — ohne Platten.« Ihre Augen waren plötzlich sehr interessiert gewesen: »Wahrscheinlich wäre ich dann wiedergekommen«, meinte sie, »brutale Männer sind himmlisch.«
    Na, was soll man dazu sagen?
    Ich seufze und gehe an meine Arbeit. Bald habe ich alles vergessen. Die Stunden verrinnen ungezählt, als tropften sie lautlos in den Abgrund. Einmal höre ich im Unterbewußtsein die Haustür klappen und eilige Schritte. Kurz darauf fällt ein Wagenschlag zu. Die beiden sind anscheinend aus der Stadt zurück. Ich benutze die Störung, um Licht
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