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Zwei Toechter auf Pump

Zwei Toechter auf Pump

Titel: Zwei Toechter auf Pump
Autoren: Hans G. Bentz
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die Mama. »Die haben sie sich sicher von dem weißen Spitz geholt. Wenn du nicht die Terrassentür aufgelassen hättest...«
    »Es können auch Flöhe aus dem Dung sein«, versuche ich sie zu trösten. »Der Wurzel-Sepp hat gesagt, daß Flöhe interessanterweise...«
    »Dung!« Sie wirft die Gabel hin: »Jetzt kann ich mitten im Essen aufstehen und diese Strolche sauber machen! Wenn du nicht die Terrassentür...«
    »Bleib sitzen, ich mach’s nach dem Essen.«
    »Ja, glaubst du denn, ich kann in diesem Gestank...«
    »Also gut«, sage ich, stehe auf, packe Cocki am Kragen und schleppe ihn die Treppe hinunter ins Bad: »Unter uns«, sage ich, während ich ihn verarzte, »die Mama hat recht, du Stinkfetzen! Pfui Teufel!«
    Zehn Minuten später liegt er, eingepackt in ein altes Handtuch, oben an der Heizung und schielt mich verächtlich an. Weitere zehn Minuten später liegt Weffi daneben. Sie beriechen sich gegenseitig und wenden sich voll Abscheu voneinander ab.
    Die Mama kommt mit meinem Teller aus der Küche: »Ich hab’ dir das Essen warmgestellt.«
    Der Tisch ist abgeräumt. Es gibt nichts Melancholischeres als einen leeren Tisch und einen Teller Spaghetti darauf. Ich esse und fühle mich verlassen. Die Mama spült nebenan in der Küche das Geschirr.
    Dann macht unten Addi »Huhu!«
    Ich hole sie herauf und küsse sie ausführlich. Sie stemmt sich von mir ab: »Na, sage mal, ist das dein Abschiedsschmerz?«
    »Weiß ich, was ich in meinem Schmerz tu’? Habe ich dir eigentlich den Witz schon erzählt? Kohns Frau ist gestorben und...«
    »Du hast ihn mir sogar schon dreimal erzählt. Und ich wollte dir nur sagen, ihr sollt doch abends zu uns kommen, wenn ihr euch einsam fühlt.«
    »Ach, Addi, ich fühle mich jetzt schon so einsam!«
    »Pfoten weg! Teddy und ich fahren jetzt erst mal in die Stadt, Winterschlußverkauf. Wiedersehen.« Als sie die Tür schließt, braust Cocki an ihr vorbei wieder ins Freie. Unten entfernt sich das Wagengeräusch. Die Mama kommt wieder aus der Küche: »Du kannst allein gehen, ich bleibe hier. Ich bin vollkommen fertig.«
    Nachdem sie verschwunden ist, gehe ich hinunter ins Arbeitszimmer, zu meiner Cognacflasche.
    »Konzentrierter Alkohol«, hat Dr. Bichler gesagt, »ist das schlimmste, was Sie Ihrer Leber antun können.«
    Ich setze schnell die Flasche an den Hals und ziehe einen Doppelten heraus.
    Ulkiger Kerl, der Bichler. Spinnt etwas, wie alle Landärzte. Und manchmal bin ich nicht ganz sicher, ob er nicht mehr auf der Seite der Bakterien steht als auf unserer. Seine Augen leuchten, wenn er mir schildert, wie sie sich an das Penicillin angepaßt haben. »An irgend etwas muß man ja schließlich sterben«, pflegt er seine Diagnosen abzuschließen. Aber er steht nachts um drei Uhr auf und quält sich mit seiner klapprigen Karre zwölf Kilometer durch den tiefen Schnee, um einem alten Einödbauern zu helfen, der keine Luft mehr bekommt und in drei Monaten ohnedies sterben muß. Den Besuch liquidiert er erst gar nicht, weil er sowieso kein Geld sieht. Verrücktes Huhn! Und so herrlich inkonsequent. Gerade deshalb habe ich ihn gern.
    Ich stelle die Flasche weg, schließe den Schrank und recke die Arme: allein! Alleinsein ist auch schön. Es ist so still, daß ich das Blut in meinen Ohren singen höre.
    Ich seufze und schieße einen schiefen Blick zum Schreibtisch, wo ein angefangener Artikel für einen Jugendalmanach liegt. Seitdem ich im Herbst den Boys im Verlag von meinen Studien an Susanne und Margot berichtete, halten sie mich dort anscheinend für einen Jugendexperten. Ich darf es ihnen aber nicht übelnehmen, denn ich halte mich ja selbst dafür. Nur daß das Ganze in Arbeit ausartet... Andererseits, wenn man nichts zu tun hat, ist es auch nicht recht. Also los, keine Müdigkeit vorschützen.
    In diesem Augenblick tauchen vier igelhaarige Jünglinge in Anoraks und Röhrenhosen auf und steuern Teddys Haus an. Gleichzeitig erscheinen oben am Fenster zwei Köpfe, ein blonder und ein brauner. Die Haustür geht auf, und die vier Musketiere schieben sich hinein. Sie haben jeder eine Zigarette im Mundwinkel hängen und mindestens eine Hand in der Tasche. Ich höre, wie sie sich die schneebedeckten Schuhe abkratzen, wie die Mädchen zwitschern und gleich darauf das Grammophon südamerikanisch zu stottern beginnt. Ich grinse einsam in mich hinein. Großartigen Nachrichtendienst hat der Verein! Kaum sind die Eltern um die Ecke, sind die Bürstenköpfe da.
    Ja, wer kommt denn da? Ein
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