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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer
Autoren: Britta Keil
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des Abends. Ich bin mir sicher, wenn Pete mal für fünf Minuten die Klappe halten würde, könnte man sogar das Meer rauschen hören.
    Pete philosophiert gerade mal wieder über Graffiti und ihre große Bedeutung für die zwischenmenschliche Kommunikation in einer Zeit der allgemeinen Sprachlosigkeit.
    »Da haben die Mauern, die die Zivilisation zwischen den Menschen hochzieht, wenigstens was zu sagen!«, verkündet er und schaut bedeutungsvoll zum Horizont.
    »Mir wären zehn quasselnde Mauern auch lieber als du«, lästert Jule.
    »Oder noch besser: zehn Mauern zwischen dir und Pete«, bemerkt Philipp und wirft seiner Freundin einen undefinierbaren Seitenblick zu. Er gibt sich nicht besonders viel Mühe, das Ganze wie einen Witz klingen zu lassen. Es ist mir in den letzten Tagen schon ein paarmal aufgefallen, dass er von Petes und Jules Wortduellen allmählich genervt ist. Kein Wunder, wenn Jule auch ihre ganze Energie darauf verwendet, sich neue Gemeinheiten für Pete auszudenken als zum Beispiel mal was Romantisches für Philipp. Die beiden sind sowieso ein seltsames Paar. Ich frage mich echt, warum sich so ein Typ wie Philipp ausgerechnet eine Krachliese wie Jule ausgesucht hat. Gegensätze ziehen sich an, denke ich und verwerfe den Gedanken sofort, weil ich sofort beginne, nach diesem Gegensatz zwischen mir und Olli zu suchen, den ich noch nicht herausgefunden habe.
    »Da ist Olli!«, ruft Jule, steht auf und rennt Olli entgegen, dicht gefolgt von Pete.
    »Ich will Schoko!«, kreischt Jule.
    »Schoko gehört mir!«, brüllt Pete, stellt Jule ein Bein, sodass sie fluchend in den Sand fällt.
    Olli kommt mit zwei Händen voller Eiswaffeln über den Kies balanciert.
    Lächelnd setzt er sich neben mich und überreicht mir ein Schokoladeneis.
    »Hab’s gegen die beiden Irren verteidigt«, sagt er grinsend und ich gebe ihm zum Dank einen kühlen, besonders süßen Schokoladenkuss.
    Wir essen Eis, schauen aufs Wasser, zählen am Horizont die Schiffe und hören wie durch ein Wunder das Meer rauschen.
    Ich spüre, wie diese Waffel in meinen Händen an diesem Tag zu meinem größten Glück wird. Dabei ist Schoko nicht mal mein Lieblingseis.
    »Und was, wenn sie’s ihr sagt?« Ich lehne im Türrahmen zu unserem winzigen Badezimmer und werde fast verrückt bei dem Gedanken, Marie könnte erfahren, was zwischen Olli und mir passiert ist, als sie in Budapest war.
    »Wie ist die denn sonst so drauf?«, fragt Jule, während sie sich in aller Seelenruhe die Wimpern tuscht.
    »Vanessa? Vanessa traue ich alles zu!«, entgegne ich und habe schon wieder Magenschmerzen.
    Es war ganz und gar keine gute Idee gewesen, auf dem Rückweg zum Hotel im Internetcafé vorbeizugehen. Dabei wollte ich Antonia so gern von meinem romantischen Sonnenuntergang in Ollis Armen erzählen! Die Lust darauf war mir allerdings schlagartig vergangen, als ich eine Mail von Vanessa in meinem Posteingang fand. Diese Krähe war sich einfach für nichts zu schade!
    Betreff: Glückwunsch!
    Wie kann man so zynisch sein?
    Scheinheilig erkundigte Vanessa sich nach mir und Olli, wünschte uns eine tolle Zeit in Spanien und beteuerte, was für ein schönes Paar wir doch seien. Jeder Satz von ihr hinterließ eine Schleimspur auf dem Monitor, die abzuwischen mich wahrscheinlich den Rest meiner Ferien gekostet hätte.
    Aber irgendetwas zwang mich dennoch dazu weiterzulesen. Da endete die Schleimspur plötzlich und dort, wo sie endete, stand der Satz, auf den ich die ganze Zeit nur gewartet hatte: Weiß Marie eigentlich von der Sache auf meiner Party?
    Jules Gesicht sieht mich aus dem Spiegel an. »Warum sollte sie Marie erzählen, dass sie Olli und dich auf ihrer Party beim Knutschen erwischt hat?«
    Ich bekomme sofort wieder eine Gänsehaut bei dem Gedanken an diesen Augenblick: Die Badtür flog auf, das Licht im Flur fiel auf unsere entsetzten Gesichter. Olli und ich ließen blitzschnell voneinander ab, doch es war zu spät. Ich sah bloß noch Vanessas Silhouette.
    »Sorry«, sagte sie halblaut und schloss kichernd die Tür.
    Es ist wohl überflüssig zu beschreiben, wie mies ich mich fühlte. Meine beste Freundin stand gerade mit Herzflattern vor Hunderten von Zuschauern auf einer Bühne in Ungarn, sang ein hinreißendes Solo und ich hatte nichts Besseres zu tun, als auf einer Party unserer Erzfeindin mit ihrem Freund zu knutschen. Geht es noch schlimmer? Ich glaube nicht.
    Jule ist endlich mit ihren Wimpern fertig und wendet sich mir zu. Ich kauere inzwischen wie
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