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Zwei Sommer

Zwei Sommer

Titel: Zwei Sommer
Autoren: Britta Keil
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der Anwesenden (also Titzi) könne sie für einen exzessiven Hüftschwung unter schwul verbuchen.
    Ich lasse mich führen und genieße es, wie sich unsere Bewegungen ineinanderschmiegen. Wie verabredet kommt er mir nah, wie verabredet gibt er mir Raum. Und er sieht mir dabei immer in die Augen, als stünde dort eine Choreografie geschrieben. Es kommt mir so vor, als hätten wir, seit wir uns kennen, nichts anderes gemacht als miteinander zu tanzen.
    »Das ist Sex auf öffentlichen Plätzen!«, brüllt Pete uns ins Ohr und täuscht einen intimen Tanz mit seinem Bierglas vor. Ich finde ja sowieso, dass ein Bierglas viel besser zu ihm passt als ein Mädchen.
    Jule und Philipp leisten uns nach ein paar Minuten Gesellschaft. Sie tanzen – na ja, auf jeden Fall kreativ.
    Da löst zu unserer Verwunderung plötzlich eine Schwarzhaarige Petes Bier ab. Dabei hätte ich schwören können, zwischen Pete und sein Freigetränk passt höchstens ein Strohhalm.
    Sie lächelt ihn an! Sie legt einen Arm um ihn! Sie muss Spanierin sein.
    Oder blind. Oder doof.
    Oder aber sie hat ein Diplom im Zwischen-den-Zeilen-Lesen und erkennt Petes wahres Ich, das unter seinem T-Shirt mal wieder bestens im Verborgenen schlummert: Ein Kasten Bier ist was für zwei, wenn einer nicht mittrinkt.
    »Salud!«
    Das ist jetzt schon mein drittes Glas quietschsüßer Sangria, mit dem ich auf den Sommer anstoße. Ich kann zwar kaum noch gerade stehen, geschweige denn zielen, aber das macht nichts. Weil ich mich an Olli lehnen kann, der mir ständig romantische Sachen ins Ohr flüstert. Ich hoffe, dass ich mir das bis morgen alles merken kann!
    »Du machst dir da jetzt nicht echt Marmelade auf den Käse?«
    Um ihre Abneigung gegen Süßes auf Käse zu unterstreichen, steckt Jule sich andeutungsweise den Zeigefinger in den Hals. Sie ist zwar erst seit ungefähr zehn Minuten wach, aber trotzdem schon wieder bereit zum Angriff.
    »Verschiedene Variationen von Toast«, entgegnet Pete und beißt ungeniert in sein kulinarisches Meisterwerk, wobei ihm die Marmelade aus den Mundwinkeln quillt.
    »Du bist echt pervers.« Jule betrachtet ihren Tischnachbarn voller Ekel und Erstaunen.
    Jule und Pete sind echt besser als jede schlechte Talkshow. Vom ersten Augenblick an gingen sie sich tierisch auf die Nerven, aber seltsamerweise hängen sie auch seit diesem Augenblick ständig aufeinander. Ich glaube, das liegt hauptsächlich an Jule. Sie ist wie eine Katze, die sich ständig an jemandem die Krallen schärfen muss. Und Pete? Pete trägt einfach die falschen T-Shirts.
    Olli, Philipp, Wiebke und ich sind die gutmütigen Zuschauer ihrer Vorstellung, denn im Gegensatz zu den beiden sind zumindest drei von uns noch erledigt von der Willkommensparty gestern.
    Sie begann mit Prince, Kiss und Sangria aus Gläsern, ging weiter mit Sangria aus riesigen Karaffen und Strohhalmen und sie endete mit Sangria aus Strohhalmen, den wir von den Tischen schlürften, nachdem das Gleichgewicht erst uns und schließlich den Karaffen abhanden gekommen war.
    Als Philipp, Pete und Olli sich irgendwann im Synchronkotzen auf dem Gehsteig vorm Hotel übten, waren Jule und ich auf unser Zimmer getorkelt. Wiebke lag schon im Bett und träumte von Goofy.
    »Jungs kennen einfach ihre Grenzen nicht«, lallte Jule in ihr Kopfkissen und schlief ein.

12
    Tossas verwinkelte Straßen, die sich bergauf und bergab zwischen den schiefen bunten Häusern der Altstadt hindurchschlängeln, sind erfüllt von dem gut gelaunten Gemurmel der Straßencafés. Olli und ich sitzen mittendrin im Gemurmel, das, aus den verschiedensten Sprachen zusammengesetzt, eine neue Sprache zu ergeben scheint, die man auf seltsame Weise versteht.
    Olli sitzt mir gegenüber, halb verschwunden hinter einem großen Becher Vanilleeis, das Gesicht in den Schatten eines riesigen Sombreros getaucht, den er im erstbesten Souvenirladen erstanden hatte. Ab und zu kommt eine Erdbeere auf einem Silberlöffel über den Tisch zu mir herübergeschwebt und wandert in meinen Mund. Ich imitiere ein verführerisches Eiscrememädchen aus der Kinowerbung und lasse mir die Erdbeere mit sinnlichem Schmollmund schmecken.
    Es macht mir Spaß, Olli dabei zu beobachten, wie er mich beobachtet. Seine Augen sehen mich so zärtlich an, und sie strahlen, als hätten sie noch nie etwas Schöneres gesehen als mich mit Erdbeermund.
    Wir schlendern Hand in Hand eine krumme steile Gasse hinauf, in der wohl die Menschen wohnen, die hier tatsächlich leben. Bunte Holztüren
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