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Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier
Autoren: Hilary Norman
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zu Boden.
    Wut kochte in Jude empor und verlieh ihm genügend Kraft, um sich auf Bolin zu werfen, der wieder mit dem Brecheisen nach ihm schlug und ihn an der Brust traf.
    Jude fiel gegen einen der Korbsessel und rutschte zu Boden. Sein Gesicht war aschgrau.
    Nur eine Chance.
    Alex rappelte sich wieder auf. Nur eine Chance ... mehr hatte sie nicht.
    Sie packte die Sichel.
    »Bo, pass auf!«, kreischte Frankie ein paar Meter entfernt.
    Bolin stieß einen wütenden Schrei aus und stürzte sich abermals auf Alex, die die Luft anhielt, die Augen halb schloss und die Sichel schwang. Sie traf ihn an der Stirn und schrie nun ihrerseits, so schrecklich, so ekelhaft waren das Gefühl und der Anblick des Blutes. Dann hörte sie Bolin aufbrüllen und Frankie kreischen. Sie öffnete die Augen und sah, wie Bolin die Brechstange fallen ließ und die Hände vor die Wunde schlug.
    »Hexe!« , brüllte er plötzlich und versuchte erneut, sich auf sie zu stürzen, doch das Blut aus der Wunde lief ihm in die Augen, und er stolperte über das Brecheisen. Kopfüber stürzte er auf die Fliesen und schlug so hart auf, dass der Boden erzitterte.
    »Bo!« , kreischte Frankie.
    »O Gott.« Alex zitterte heftig, hielt die Sichel aber fest. Dann bückte sie sich, um Jude mit ihrer freien Hand zu helfen. Sie zog ihn wieder auf die Beine und spürte sein schmerzerfülltes Zittern. »Jude ...«
    »Bo«, sagte Frankie erneut.
    Diesmal sagt sie seinen Namen leise, doch der Schreier ist wieder in ihrem Kopf, der aus dem Gemälde, der Schreier, der so lange fort gewesen, mit Swanns Tod jedoch wieder zurückgekehrt war.
    Jetzt ist er wieder da.
    Und er schreit.
    Frankie bemüht sich mit aller Kraft, am ganzen Leibe zitternd, sich aus dem Rollstuhl zu stemmen und zu ihm zu gehen. Und dann, plötzlich, als sie sich halb erhoben hat, spürt sie ihn erneut: den schlimmen, schlimmen Schmerz, den schlimmsten von allen.
    Sie hört ihren eigenen Schrei, als würde jemand anders ihn ausstoßen.
    Sie legt die linke Hand auf die Schläfe.
    Fühlt, wie alles verschwindet.
    Und fällt zu Boden.
    »Frankie«, sagte Alex und bewegte sich instinktiv zu der gestürzten Frau.
    »Nein.« Judes Stimme klang leise und angespannt, als er Alex zurückhielt. Ihm war noch immer übel vom Schmerz in seiner Brust. »Warte.«
    Er beobachtete Bolin.
    Der schien sie, ihren Kampf und dessen hohen Preis plötzlich vergessen zu haben.
    Er schien alles vergessen zu haben – bis auf die am Boden liegende Frau.
    »Frankie, Baby«, sagte Bolin, wischte sich das Blut aus den Augen und kroch zu ihr.
    Dann legte er die Arme um sie und zog sie an seine Brust.
    Alex trat einen weiteren Schritt auf sie zu.
    »Warte«, sagte Jude erneut, noch immer leise, aber bestimmt.
    »Ich muss helfen«, sagte Alex.
    »Nein.« Bolin schaute nicht auf. Seine Stimme klang nun anders, dumpfer als zuvor. »Das hat keinen Sinn.«
    Von draußen, durch das zerbrochene Glas der Wintergartentür, drang das Geräusch von Sirenen zu ihnen herein. Es waren mehrere, und sie kamen rasch näher.
    Judes Blick blieb misstrauisch auf Bolin gerichtet.
    »Alex«, sagte er leise. »Komm. Lass uns gehen. Zurück.«
    »Bitte ...« Alex sprach mit Bolin. »Lassen Sie mich versuchen, ihr zu helfen.«
    Bolin streichelte Frankie übers Haar. »Zu spät«, sagte er.
    »Alex.« Jude zupfte an ihrer Hand.
    »Ist schon gut«, sagte Bolin. »Es ist vorbei.«
    Die Sirenen wurden lauter und verstummten.
    Sie hörten Stimmen.
    Dann klingelte es an der Tür, und eine Faust hämmerte gegen das Holz.
    »Jetzt ist alles gut, Baby«, sagte Bolin zu Frankie.
    Er drückte sie mit einem Arm an sich, tastete mit der anderen nach dem Taschentuch in seiner Hose, fand es und wischte zärtlich einen Speichelfaden aus ihrem rechten Mundwinkel.
    »Sie hasst so etwas«, sagte er.
    Und dann küsste er sie mitten auf den Mund.

141
    Nachdem das Schlimmste vorüber war, die Wunden versorgt, Verhöre überstanden und Erklärungen abgegeben, Opferhilfe angeboten, Verfahren eröffnet und vertagt und die Leichen von der Gerichtsmedizin freigegeben waren, wendete Jude all seine Kraft für die Organisation von Roz Baileys Beerdigung auf. Er fand den Gedanken unerträglich, dass sie niemanden hatte, der sich darum kümmern konnte.
    Roz Bailey hatte keine besonderen Anweisungen in dem Testament hinterlassen, das in einem hiesigen Notarbüro aufgetaucht war, was ihre Beerdigung betraf, oder jemanden wissen lassen, ob sie begraben oder verbrannt werden wollte. Doch Alex
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