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Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier
Autoren: Hilary Norman
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angeblichen Leiche zu suchen.
    In jedem Fall bezweifelte Jude, dass sie direkt nach Winder Hill fahren würden.
    Was wiederum bedeutete, dass er vorerst auf sich allein gestellt war.
    Und das wollte er ja auch, hatte er Suzy gesagt.
    Jetzt war er sich da nicht mehr so sicher.
    Ganz und gar nicht mehr.
    Beruhige dich, Jude.
    Er konnte nicht mal sicher sein, dass Alex tatsächlich dort war. Aber sie hatte Suzy klipp und klar gesagt, dass sie in Rottingdean sei, unmittelbar nach der seltsamen Bemerkung über David und seine ›Kollegen‹.
    Und Suzy hatte versucht, Alex anzurufen, als die Verbindung plötzlich unterbrochen worden war.
    Verbindungen werden immer wieder unterbrochen.
    Doch Suzy hatte gesagt, dass sie es seitdem immer wieder versucht hätte ...
    Wie auch immer, mit den Vermutungen war es ohnehin gleich vorbei, denn er bog in die Auffahrt nach Winder Hill ein.
    Und er konnte schon das Haus auf der Kuppe sehen.
    Der schlammbedeckte Toyota stand in der Einfahrt – ein Beleg dafür, dass Bolin glaubte, Jude sei tot, sodass er sich nicht beeilen müsse, den Wagen zu waschen, selbst wenn Jude irgendwann ans Ufer gespült werden sollte.
    Der Mini stand auf der Straße.
    Mit pochendem Herzen fuhr Jude den Honda an den Straßenrand.
    Wenn Bolin Alex etwas angetan hatte, würde er doch sicherlich als Erstes den Wagen wegfahren, damit niemand auf die Idee kommen konnte, sie sei hier gewesen ... oder?
    Nein, nicht als Erstes, wenn er zunächst ...
    Denk gar nicht erst darüber nach.
    Vielleicht hatte Bolin ja gar nichts getan. Vielleicht saß Alex im Haus bei Frankie und machte Therapieübungen mit ihr, und vielleicht kochte Bolin – der Mann, der eine Leiche in den Kanal und Jude gleich hinterhergeworfen hatte – ihnen allen Tee.
    Eher lernen Kühe fliegen.

131
    Bo kommt mit zwei Taschen die Treppe herunter.
    Eine von ihnen ist eine große schwarze Umhängetasche, die Frankie noch nie gesehen hat. Als sie aus dem Krankenhaus gekommen war, hatte Bo bereits ausgepackt und sich häuslich eingerichtet.
    Die zweite Tasche ist hübscher. Sie hat Roz Bailey gehört und ist aus braunem Tuch und Leder.
    Jetzt gehört sie Frankie.
    »Was tust du da?«, fragt sie noch einmal.
    »Ich gehe«, antwortet Bo.
    Frankie spürt einen dumpfen Schlag in der Brust.
    »Kleider.« Er kommt unten an und hebt die schwarze Tasche hoch. »Und Bargeld«, fügt er hinzu und zeigt ihr die Ledertasche. »Für geleistete Dienste.« Er hält kurz inne und rümpft die Nase. »Scheiße noch mal, du stinkst.«
    Frankie hätte am liebsten geschrien.
    »Nimm mich mit«, sagt sie stattdessen.
    »Das geht nicht«, erwidert Bo.
    »Doch«, widerspricht sie, kämpft mit den Tränen und fühlt sich wie ein Kind.
    »Ich könnte dich mitnehmen«, räumt Bo ein »aber ich tu’s nicht.«
    »Bitte, Bo«, sagt sie, aber nicht zu laut, denn sie will ihn nicht wütend machen. »Verlass mich nicht wieder.«
    Auch wenn er in ihrer Vergangenheit oft der hässlichste Mann der Welt gewesen ist, auch wenn er noch immer hässliche Dinge tut – ihre Gehhilfe verstecken, zum Beispiel –, so ist er doch der einzige Mann, den Frankie je geliebt hat.
    Und im Augenblick ist er auch der einzige Mann, der sie retten kann.
    »Du bist eine viel zu große Belastung, Baby«, sagt Bo.
    Und er geht an ihrem Rollstuhl vorbei in die Küche.

132
    Alex sagte sich immer wieder, dass sie es schaffen könne.
    Es war schwer, unvorstellbar schwer, und der Gestank und die sich immer wieder auf sie stürzenden Fliegen machten es nur noch schwerer, und je mehr sie sich bemühte, desto tiefer musste sie Luft holen, desto mehr schwitzte sie ...
    ... was wiederum die verdammten Fliegen noch mehr anlockte.
    Obwohl Bolin den Gürtel fest verschnürt hatte, bot der Stoff an sich Alex ein wenig Bewegungsspielraum, und ihre Handgelenke waren Gott sei Dank stark und schlank genug, sodass sie glaubte, mit genügend Zeit ...
    ... vielleicht hatte sie ja alle Zeit der Welt ...
    ... oder auch nicht.
    Vielleicht würde es ihr gelingen, zumindest eine Hand freizubekommen.
    Nicht vielleicht , ermahnte sie sich wütend. Bestimmt.
    Und sie versuchte es weiter.

133
    Jude wusste, dass er so bereit war, wie er nur sein konnte.
    Er saß ein Stück den Hügel hinunter in seinem Honda und versuchte, sich in Gedanken von jenen Teilen seines Körpers zu lösen, die noch immer schmerzten. Dabei fragte er sich, ob Bolin ihn vom Haus aus gesehen hatte, ihn nun beobachtete und sich auf ihn vorbereitete. Jude blickte auf
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