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Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien
Autoren: J Derouich
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sich nach der Revolution etwas verändert hat?
    Nein, die tunesischen Beamten sind genau so muffelig wie immer und haben wie immer einen Plan von gar nichts. Es bildet sich ein Stau vor den wenigen geöffneten Schaltern und plötzlich entsteht wieder ein heilloses Chaos, weil ein Reisender vergessen hat, etwas auf der Einreisekarte auszufüllen. Man, wo ist das Problem? Nachtragen und gut ist. Tja, wenn denn der Beamte einen Kugelschreiber haben würde. Hat er aber nicht und so tingelt er langsam an der Schlange lang und sucht in Seelenruhe nach einem Schreibgerät.
    Inzwischen ist es fast 3 Uhr deutscher Zeit. Ich bin müde und will nur noch raus. Oh nein, noch einmal eine Sicherheitskontrolle, wo das Handgepäck kontrolliert wird. Schnell alles durch die Schleuse schieben und weiter, schließlich hat man in Köln auch nichts Verdächtiges gefunden. Was für ein Glück! Heute wird das Gerät von „Depp und Depp“ bedient. Ich lege alles aufs Band, nehme es hinten wieder runter und will gehen.
    „Moooooooment! Madame!“ Was ist denn jetzt?
    Sie möchten meine Sachen genauer kontrollieren. Die wollen bestimmt den Laptop sehen. Nein, der war uninteressant, sie kramen in meinem Rucksack herum.
    Was wollen die? Mein Iphone? Mein normales Handy? Meine Digicam? Meine Keksdosen? Nein… Was wollt ihr denn??? Maoam! Nein Spaß, habe ich gar nicht dabei.
    Sie wühlen so lange, bis sie meinen batteriebetriebenen blauen Mückenstick aus dem Rucksack fischen. Fragende Gesichter. Für die scheint das eine Art Waffe zu sein und jetzt versuch einmal „Depp und Depp“ zu erklären, was das hier ist. Mir fallen weder auf Arabisch noch auf Französisch noch auf Englisch Wörter ein, die es beschreiben könnten. Deutsch verstehen sie leider nicht. „MÜCKENSTICK!“ In meiner Verzweiflung bewege ich mich wie eine Mücke, mach laut „Bssssssssssssss“ und setze dann zum Mückenstich an. Nehme das Gerät und zeige, wie es „putte Hand wieder heile macht“ . Verstanden haben sie es glaub ich immer noch nicht, aber ich darf gehen und sie rufen mir lachend „bsssssssss“ hinterher.
    Jetzt aber raus! Ach ne, Koffer muss ich ja auch noch holen. Gott sei Dank ist gerade nur eine Maschine gelandet, da kann es ja nicht so lange dauern. Was ist denn das?
    An den Kofferbändern stapeln sich duzende Koffer übereinander, aber keine anderen Fluggäste weit und breit. Obwohl ich müde bin, muss ich lachen, vielleicht sind das ja die ganzen Koffer der Familie Ben Ali und Trabelsi, die sie bei ihrer Verhaftung am Flughafen hier in Tunis zurücklassen mussten. Man weiß es nicht, vielleicht sind ja ein paar Schätze darin verborgen? Aber auch Schätze können mich zu dieser Uhrzeit nicht mehr locken, ich möchte endlich einfach nur raus.
    Nur noch eine Tür. Geschafft! Oh wie schön, mein Mann ist auch nicht alleine, er hat einen Cousin mitgebracht, der winkend neben ihm steht. Erleichtert fällt mir ein Stein vom Herzen, denn wohlwar mir bei dem Gedanken nicht gewesen, in diesen Zeiten nachts allein in einem deutschen Wagen durch Tunesien zu fahren. Wir müssen schließlich vom Flughafen noch zu einem Dorf in der Nähe von Bizerta. Ein Einheimischer an Bord macht das Ganze (wenigstens in meinem Kopf) ein wenig sicherer.
    Herzlich begrüße ich Käsesuppen-Karim, der schon seit Jahren diesen Spitznamen von mir bekommen hat, weil er so gerne deutsche Käsesuppe isst. Schnell laden wir das Gepäck ein und brausen los. Na ja, normalerweise braust mein Mann immer wie ein Irrer, aber heute schleicht er mit gerade mal 50km/h über die leeren Straßen. Anscheinend hat er doch Respekt vor den Radarfallen bekommen, wo wir übrigens immer noch auf das Knöllchen von vor drei Jahren warten.
    Draußen am Himmel zuckt ein weiterer Megablitz nach dem anderen durch die Nacht und erleuchtet die dunkle Umgebung immer für ein paar Sekunden taghell. An einigen Stellen bemerke ich zerstörte Gegenstände und Gebäude. Ich habe noch nicht viel gesehen, aber nach der Revolution sieht man plötzlich alles mit ganz anderen Augen. Besonders als wir an meinem heißgeliebten Einkaufszentrum Geant vorbei fahren. Vor ein paar Monaten hatte ich noch im Fernsehen gesehen, wie es in Flammen aufgegangen und geplündert worden war. Scheinbar sind noch nicht alle Schäden beseitigt, denn Karim erzählt, dass es wohl erst im Dezember wieder eröffnet wird. Ach nein, ich wollte dort doch shoppen gehen, welch eine Enttäuschung direkt zu meiner Begrüßung.
    Gegen 4 Uhr
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