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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman
Autoren: C.H.Beck
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Zahnarzt.»
    «Na ja, ein Zahnarzt ist immerhin auch ein Arzt.»
    «Ich versteh nicht recht, was die Zähne mit dem Rücken zu tun haben sollen.»
    «Also darf ich mir das jetzt mal anschauen oder nicht?»
    Ich hob das Hemd hoch, und Édouard tastete meinen Rücken ab. Einige Augenblicke lag eine potenzielle Schreckensnachricht in der Luft, doch dann erklärte er zu meiner Beruhigung, er könne nichts Auffälliges erkennen.
    «Spürst du nicht diese kleine Schwellung?»
    «Nein, da ist keine Schwellung.»
    «Aber ich spüre sie.»
    «Das ist ganz normal. Wenn man Schmerzen hat, bildet man sich manchmal solche Sachen ein. Das sind durch die Schmerzen verursachte Sinnestäuschungen. Meine Patienten haben das auch oft. Sie sagen immer, dass ihre Wange geschwollen ist, obwohl das gar nicht stimmt.»
    «Aha …»
    «Nimm zwei Paracetamol und ruh dich ein wenig aus.»
    Meine innere Stimme sagte mir: Er ist Zahnarzt. Das war gerade die Diagnose eines Zahnarztes. Von Rückenschmerzen hat er keine Ahnung. Zahnärzte haben im Allgemeinen keine Ahnung von Rückenschmerzen. Ich bedankte mich etwas mürrisch bei ihm und versuchte dann einzuschlafen. Die zwei Tabletten taten mir merkwürdig gut. Ich schlief tatsächlich ein. Und träumte davon, dass die Schmerzen nur Hirngespinste waren und sich alles schön wieder einrenkte. Als ich aufwachte, warf ich einen Blick aus dem Fenster. Édouard und Sylvie waren anscheinend schon weg, denn Élise kniete im Garten und schnupperte an den Blumen. Ich weiß nicht, wie Frauen es anstellen, aber oft spüren sie, wenn man sie ansieht. Wie durch Zauberei drehte die meine ihren Kopf in meine Richtung. Sie schenkte mir ein Lächeln, worauf ich mit einem Lächeln erwiderte. Ich dachte, jetzt könne der Sonntag endlich beginnen. Gegen Abend kamen die Schmerzen allerdings in heftiger Form wieder.
     
       * Das heißt der Meinung meiner Eltern.

2
    Intensität der Schmerzen: 6
*
Gemütslage: unruhig
     
       * Auf einer Skala von eins bis zehn.

3
    Nachts wachte ich unzählige Male auf und starrte die Leuchtziffern des Radioweckers an. Ich ärgerte mich, weil ich mir in der Apotheke nicht noch ein paar Schmerztabletten besorgt hatte, und dachte mit Schrecken an den mir bevorstehenden Montagmorgen. Es stand ein extrem wichtiges Meeting mit den Japanern an, und ich fragte mich, wie ich das überstehen sollte. Seit Wochen arbeitete ich auf diesen Termin hin. Herr Osikimi persönlich war angereist, um die Vertreter unseres Architekturbüros zu treffen. Für mich war das auch die Chance zu zeigen, dass ich mehr draufhatte als Yann Gaillard. Yann Gaillard war mein großer Rivale, auch im Hinblick auf eine in Aussicht gestellte Gehaltserhöhung. Aber während ich den Kampf mit ehrlichen undangemessenen Waffen focht, griff er zu allen Mitteln, um mich zur Strecke zu bringen. Er machte mir den Büroalltag zur Hölle. Dennoch hielt ich mich ran (schließlich hatte ich den Kredit für das Haus zurückzuzahlen) und blickte nebenbei neidvoll auf meine Freunde, die sich in ihrem Berufsleben verwirklichten, während das meine immer unmenschlichere Züge annahm.
    Als der Wecker summte, war ich schon längst wach. Ich sagte zu meiner Frau, dass ich so gut wie nicht geschlafen hatte.
    «Langsam mache ich mir aber richtig Sorgen. Ich fahr dich gleich nach dem Frühstück in die Notaufnahme.»
    «Ich kann nicht. Ich hab doch diese Besprechung.»
    «Aber schau dich doch an, so kannst du da nicht hingehen. Ruf an und sag, du kommst ein bisschen später. Sie werden bestimmt auf dich warten. Jeder weiß, dass du nicht der Typ bist, der ein großes Theater macht …»
    Das hörte ich nun schon zum zweiten Mal. Ich fragte mich, wie ich das verstehen sollte. Meiner näheren Umgebung war sicherlich bekannt, dass ich nicht zu Übertreibungen neigte. Meine Worte entsprachen stets meinen Gedanken, das war wohl gemeint mit «kein großes Theater machen».
    Meine Frau überredete mich, ins Krankenhaus zu fahren. Mit einer SMS informierte ich Mathilde, meine Schweizer Sekretärin, über meine Verspätung.
    «Ich bin mir sicher, dass das alles zusammenhängt», meinte Élise unterwegs.
    «Was?»
    «Na, deine Rückenschmerzen und diese Besprechung. Die ganze Zeit redest du davon, wie wichtig diese Besprechung ist. Und vor lauter Aufregung hast du jetzt Rückenschmerzen.»
    «Na ja … schon möglich …»
    Kurz darauf erhielt ich – immer noch auf dem Weg ins Krankenhaus – eine SMS von Gaillard: «Mathilde hat mir Bescheid
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