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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah
Autoren: Heidi Hassenmüller
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“Bitte, schick ihn weit weg.” Wie damals tanzten kleine Schneeflocken vorbei und hüllten graue Dächer und schmutzige Straßen in weiße Laken ein. Ihre Mutter war schwach gewesen, sie hatte ihren Mann nie weggeschickt. Mit fünfzig hatte das Geschwür von Angst und Kummer sie aufgefressen. Gaby wollte sich nicht auffressen lassen. Sie wollte stark sein für ihre Kinder. Drei Monate später war sie geschieden.
    Woher nahm sie den Mut, so schnell wieder zu heiraten? Hubert war der Mann ihrer Träume. Von genau diesem Mann hatte sie geträumt, damals, Abend für Abend am Anlegesteg Altona. Wenn nur eine rostige Kette sie von dem dunklen, nassen Elernent trennte. Wenn sie zu den Sternen hochsah und wußte, daß jeder Stern eine Hoffnung war. So ein Stern war Hubert. Gaby sah ihn von der Seite an, seine klassische Nase, leicht gebogen, die dunklen Locken, deren erste graue Fäden ihr Vertrauen einflößten. Er war stark, erwachsen, er wußte, was er wollte. “Ich will dich”, hatte er gesagt. “Dich und deine Kinder. Und am liebsten noch ein halbes Dutzend Kinder mit dir.” Endlich würde sie ein Zuhause haben. Nie wieder Angst haben.
    Seine Stimme klang eindringlich: “Du mußt verstehen, Gaby, das ist wirklich eine einmalige Gelegenheit. Ich komme eigentlich überhaupt nicht in Betracht für das Haus. Nur weil ich mit Sipkema so gut kann, hat er mich oben auf die Liste der Wohnungssuchenden gesetzt.” Sipkema war sein Personalchef.
    Natürlich begriff Gaby, daß sie es seiner gehobenen Position und seinem Einfluß zu verdanken hatten, wenn sie sozusagen von einem Tag auf den anderen ein Reihenhaus in Arnheim mieten konnten, keine fünf Autominuten von Huberts Firma entfernt. Aber so Hals über Kopf in ein anderes Land ziehen? Sie konnte kein Wort Holländisch. Und was würden Natalie und Manfred zu einer Umschulung in holländische Schulen sagen? “Wir fragen die Kinder”, wischte Hubert ihre Bedenken fort. Er zog sie an sich. “Stell dir doch vor, Liebling, wie schön es sein wird. So dicht bei mir, jeden Mittag kann ich nach Hause zum Essen kommen, und du wirst alle meine holländischen Freunde kennenlernen.” Ursprünglich hatten sie an eine Wohnung in der deutschen Grenzstadt Kleve gedacht. Natalie würde dort ohne Schwierigkeiten auf das Gymnasium überwechseln, und Manfred könnte seine Volksschule mit vertrautem Lehrstoff abschließen.
    Doch die Kinder waren begeistert. Holland, ein anderes Land, das roch nach Abenteuer, Abwechslung, und es war auch weit fort von Düsseldorf, den Erinnerungen an Ehestreitereien, Schlägen. “Ich bringe euch das Holländisch schon bei”, versprach Hubert und strich Manfred über den blonden Schopf, “jeden Tag zehn neue Worte, und in einem halben Jahr redet ihr munter darauf los.”
    Gaby mußte später oft an seine optimistischen Worte denken. Natalie mit ihrer angeborenen Sprachbegabung schaffte die Umschulung ohne Probleme, aber Manfred wurde stets aggressiver. Wenn er von den Kindern ausgelacht und verspottet wurde, verzichtete er auf gute Argumente und schlug darauf los. Das verstand jeder, dann war er vielleicht der “ Mof “ — das holländische Schimpfwort für einen Deutschen — aber zumindest ein Mof, den man respektierte.
    Am selben Abend noch Unterzeichnete Hubert den Mietvertrag, und vier Wochen später zog Gaby mit den Kindern in die neue Heimat.
    Jetzt wird alles gut, dachte sie. Ich habe noch einmal eine Chance. Hubert liebt mich, auf ihn kann ich mich verlassen, er wird mir nicht weh tun. “Ich werde immer für dich da sein, mein Liebling”, sagte er. “Du bist meine Traumfrau. Ich lasse dich nie wieder los.” Das wollte sie, jemand, der sie festhielt, an dem sie sich festhalten konnte. Sie hatte die eine Hand gefunden, die sie seit ihrer Kindheit suchte. Die Hand, die ihr den Weg zeigte.
    “Unsere Kinder gehen zusammen zur Schule”, sagte Dagmar. “Ich bin die Mutter von Winfried — Winnie”, fügte sie erklärend hinzu. “Von Winnie, ein reizender Junge, so wohlerzogen.” Gaby lächelte Dagmar ein wenig verlegen an. “Ich bin so froh, Sie kennenzulernen.” Sie zögerte einen Moment, da sie befürchtete, sich eine Blöße zu geben. “Wissen Sie, mein Holländisch ist noch miserabel, da ist eine deutsche Nachbarin ein Geschenk des Himmels.” Dagmar sah sich anerkennend im Wohnzimmer um. “Hübsch haben Sie es. Sie werden sich bestimmt bald eingewöhnen. Außerdem habe ich noch eine deutsche Bekannte. Wenn Sie wollen, gehen
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