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Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Titel: Zuckermacher 02 - Aschenblüten
Autoren: Mary Hooper
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Brotlaib zu mir, und ich sah Sarah fragend an, weil ich nicht wusste, ob ich ihr Angebot annehmen sollte oder nicht. Allerdings drückte die Frau mir das Brot in die Hand, bevor ich ablehnen konnte. »Meine Familie wohnt in der Nähe und versorgt mich gut mit Lebensmitteln, solange ich hier bleiben muss«, sagte sie in dem weichen Akzent der Gegend. »Dieses hier kann ich mit Leichtigkeit entbehren.«
    Ich glaube, Sarah hätte gern sowohl von der Frau als auch von ihrem Brot Abstand gehalten, doch es schien mir nicht nett, das zu tun (außerdem hatte ich großen Hunger), also bedankte ich mich herzlich bei ihr und lud sie ein, sich zu uns zu gesellen.
    Unsere Wohltäterin war eine Frau um die dreißig mit einem runden, ehrlichen Gesicht, auf deren Haar, das wie ein Nest aufgesteckt war, eine reichlich mitgenommene weiße Haube saß. Die Frau sah recht schmuddelig aus, und ihre Schürze war fleckig, doch das war nicht weiter erstaunlich, denn ich konnte hier nirgends eine Waschschüssel entdecken oder auch nur Wasser, mit dem sie sich hätte waschen können.
    »Mein Name ist Martha Padget«, sagte sie, »und ich bin vor drei Wochen aus London hergekommen.«
    Ich nannte ihr unsere Namen und erzählte ihr, dass wir heute erst aus London angekommen seien. »Und dieses Baby hier heißt Grace«, fügte ich hinzu.
    »Ist es Euer Kind?«, fragte Martha Sarah neugierig.
    »Nein, ganz und gar nicht!«, antwortete Sarah hastig. »Sie ist ein Waisenkind und die Nichte von Lady Jane Cartmel, die hier in der Nähe lebt.«
    »Lady Jane!«, rief Martha mit großen Augen aus.
    »Kennt Ihr sie?«
    »Natürlich«, sagte Martha, »sie ist eine sehr vornehme Dame, und alle in Dorchester kennen sie.«
    »Sie mag ja eine sehr vornehme Dame sein«, sagte ich bitter, »aber das hat sie nicht gehindert, uns an diesen dreckigen, stinkigen Ort zu schicken!«
    »Pscht!«, sagte Sarah zu mir und fügte dann an Martha gewandt hinzu: »Wir waren davon ausgegangen, dass Lady Jane uns bei sich aufnehmen würde, und das wird sie später vielleicht auch tun, aber zunächst müssen wir vierzig Tage hier Überstehen.«
    »Genau wie ich«, sagte Martha seufzend. »Aber sagt mir doch, wütet die Pest in London immer noch so schlimm?«
    Sarah nickte. »Es wird immer schlimmer, der Totenkarren ist immerzu unterwegs.«
    Martha schüttelte den Kopf. »Ich befürchte, dass London ganz und gar ausstirbt. In meinem Haus sind alle umgekommen: Herr, Herrin, Kinder und Diener. Ich war die Köchin dort - und Gott sei Dank bin ich verschont geblieben! Ich habe es geschafft, eine Gesundheitsbescheinigung zu bekommen, und bin nach Dorchester zurückgereist, weil dies meine Heimatstadt ist und meine Schwester hier lebt.«
    »Und wie ergeht es Euch hier in dem Pesthaus?«, fragte ich sie.
    Sie zuckte die Achseln. »Ich spreche mit niemandem, esse nichts als das, was meine Schwester mir schickt, und halte mich von denen fern, die irgendeine Art von Fieber haben. Ich muss noch neunzehn Tage bleiben, bevor ich entlassen werde.« Grace murmelte etwas im Schlaf, und Martha trat zu ihr und lächelte freundlich beim Anblick des schlafenden Kindes. »Aber was ist mit Euch?«, fragte sie.
    Ich zögerte, ihr zu antworten, und Sarah warf mir einen warnenden Blick zu, doch ich hatte natürlich nicht vor, ihr von den gefälschten Gesundheitsbescheinigungen zu erzählen. »Als Graces Mutter starb, kümmerte sich meine Freundin Abby um sie«, sagte ich, »doch dann ..., dann erkrankte sie ebenfalls an der Pest und bat uns, Grace wegzubringen. Wir bekamen Gesundheitsbescheinigungen und eine Kutsche, die uns hierher brachte. Heute Morgen sind wir in Highclear House angekommen.«
    »Wart Ihr in London in Stellung?«, fragte Martha.
    Sarah schüttelte den Kopf. »Nein, wir haben eine Zuckerbäckerei, Zur kandierten Rosenblüte, beim Crown and King Place.«
    »Wir verkaufen kandierte Rosenblüten und gezuckerte Früchte«, sagte ich und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. »Tatsächlich ist der Kontrast zwischen unserem Geschäft und diesem jämmerlichen Ort hier sehr groß!«
    Solange ich gesprochen hatte, hatte ich gedankenlos das weiche Brot in den Händen zerkrümelt und mir kleine Stücke davon in den Mund geschoben. Eigentlich würde ich nicht einmal im Traum daran denken, trockenes Brot zu essen - ohne jeden Aufstrich beziehungsweise ohne es wenigstens in Zuckerwasser zu tunken. Doch jetzt war ich sogar so hungrig, dass ich keins von beidem vermisste. Tatsächlich glaube ich,
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