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0506 - Die Spur der Ratte

0506 - Die Spur der Ratte

Titel: 0506 - Die Spur der Ratte
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Über dem Loire-Tal allgemein und Château Montagne speziell tobte sich ein Wolkenbruch aus. Das große, transparente Schutzdach über dem Swimming-pool war zurückgefahren. Der niederprasselnde Regen verwandelte die Wasseroberfläche in ein aufschäumendes Inferno. Immerhin, so stellte Zamorra später nicht ganz unzufrieden fest, fielen bei diesem Unwetter auf den Quadratmeter Fläche gut fünf Zentimeter Regenwasser. Das reichte aus, den hartgebackenen Boden wenigstens etwas aufzuweichen und einen geringen Teil des Wassers nicht sturzbachartig zu Tal und in die Loire schießen, sondern einsickern zu lassen.
    Die Loire hatte ohnehin schon eine Menge aufzunehmen. Schmal, wie sie hier unten noch war, schwoll ihr Pegel innerhalb einer Stunde schon um fast einen Meter an. Professor Zamorra wußte nicht, über welche Fläche die Wolkenfront abregnete, aber es mußte ein weitgespanntes Gebiet sein. Das hatten zumindest die Wetterfrösche im Rundfunk behauptet, aber deren Prognosen waren manchmal weniger zuverlässig als das Lesen aus dem Kaffeesatz oder die Eingeweideschau der römischen Zauberpriester.
    Was die Weinberge anging, die zum Château gehörten und die Zamorra an die Bauern im Dorf verpachtet hatte, so konnte er für sie nur hoffen, daß der Regen weder zu spät noch zu reichhaltig war; er selbst verstand vom Weinbau weniger als vom Weintrinken und ließ sich jedes Jahr aufs neue überraschen; seine Fähigkeiten und Fertigkeiten lagen auf einem völlig anderen Gebiet.
    Das Prasseln des Regens ließ nach.
    Die altbabylonischen Klänge waren wieder deutlicher vernehmbar. Sie kamen von einem Tonband, dessen Spulen sich beharrlich drehten. Eine nackte Göttin tanzte im Regen und reckte ihren Körper im Takt der Musik den lebenspendenden Wolken entgegen Als der Regen endete, endete auch das Tonband mit der uralten Musik, die entstanden war, als es diese Technik noch gar nicht gegeben hatte, und die viel später mit modernen Instrumenten nachempfunden worden war.
    Die nackte Göttin lachte begeistert und beendete ihren wilden Tanz. Sie riß sich die wassertriefende Langhaarperücke vom Kopf und warf sie William, dem schottischen Butler, zu. Professor Professor Zamorra warf ihr ein Badetuch zu; sie ließ es fallen, stürmte auf ihn zu und umarmte ihn, um ihn zu küssen und ihm zuzuraunen: »Es ist fantastisch, cheri! Einfach fantastisch. Ich glaube, ich war eins mit der Urmutter des Seins.«
    »Im Moment bist du nasser als ein Waschlappen«, brummte Zamorra und löste sich aus der Umarmung; sein Hemd und seine Shorts wiesen große Wasserflecken auf, die er seiner Gefährtin zu verdanken hatte. »Selbst schuld«, lachte sie. »Du hättest ja mittanzen können. Dann würde es dich jetzt bestimmt nicht mehr stören.«
    »Mister Zamorra hatte gewiß gute Gründe, auf die aktive Teilnahme an einem dermaßen heidnischen Ritual zu verzichten«, erlaubte sich Butler William zu sagen.
    Zamorra warf ihm einen finsteren Blick zu. »William, wenn ich einen Pressesprecher benötige, werde ich Ihnen das rechtzeitig mitteilen.«
    »Verzeihung, Sir.« William neigte devot den Kopf.
    Nicole griff nach ihrem Fruchtsaftglas, nippte daran und ließ sich dann, das Glas in der Hand, auf einen der Liegestühle fallen. »Unbedarfte Naturen könnte es so erscheinen, als hätte es funktioniert, nicht wahr?«
    Zamorra nagte an seiner Unterlippe und betrachtete wohlgefällig seine bildhübsche Gefährtin. »Selbst weniger unbedarfte Naturen kommen hier ins Grübeln«, bemerkte er. Viele Tage lang hatte eine gnadenlose Hitzewelle über Europa gelastet; der Sommer zeigte seine ausdörrenden Spuren und nährte den Verdacht, daß die Erhöhung der Jahresdurchschnittstemperatur, vor der Klimaforscher seit langem warnten, mittlerweile erschreckende Formen annahm - dies war der dritte extrem heiße Sommer in Folge, und von richtigen Wintern konnte man ja kaum noch ehrlichen Gewissens reden… Nun war Nicole Duval, Zamorras Lebensgefährtin und Sekretärin in Personalunion, auf die Idee gekommen, einen babylonischen Regentanz aufzuführen. Derlei Verrücktheiten paßten zu ihr. Spaßeshalber hatte sie die Musik besorgt - mochten Merlin oder Asmodis wissen, woher -und mit dem Tanz begonnen. Prompt hatte der wolkenbruchartige Regen eingesetzt, und Zamorra wußte, daß Nicole vorher die Wetterprognosen nicht mitgehört hatte! Jetzt, als Krönung der Aktion, endete der Regen auch noch mit dem Ende des Musikbandes…
    Wirklich nur ein Zufall…?
    Etwas in
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