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Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Titel: Zuckermacher 02 - Aschenblüten
Autoren: Mary Hooper
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mittlerweile, folgte ihren eigenen Gesetzen, wen sie heimsuchte und wen sie in Ruhe ließ. Dennoch trugen wir, weil Sarah darauf bestand, unsere Matratzen hinaus und entleerten sie auf einen Kehrichthaufen genau neben der Haustür, der furchtbar stank und auf dem allerlei Fliegen herumsurrten. An den verdreckten Hüllen konnten wir nichts ändern, doch wir schüttelten die Matratzen an der frischen Luft aus und füllten sie dann mit trockenem Gras und Heidekraut (denn das Pesthaus stand auf einer Gemeindewiese und es gab eine Menge davon in der Umgebung), bevor wir sie wieder ins Haus trugen.
    Als wir damit fertig waren, fing Grace aus Leibeskräften an zu schreien. Dies stellte uns vor ein neues Problem, weil die Milchflasche, die wir letzte Nacht in der Herberge bekommen hatten, inzwischen leer war. Doch als wir uns an Mr. Beade wandten und ihm erklärten, wie wichtig es war, dass Lady Janes Nichte wuchs und gedieh, schickte er seine Frau in ein Haus auf der anderen Seite der Gemeindewiese. Kurz darauf (Sarah und ich versuchten gerade abwechselnd, Grace zu beruhigen, indem wir sie vor dem Pesthaus auf und ab trugen) kam ein junges Mädchen mit einer Eselin, deren Milch es sogleich in einen Emaillekrug molk.
    Solchermaßen versorgt, fütterten wir Grace auf dieselbe Art, die Abby angewendet hatte - indem wir die Milch an unseren Fingern entlang herablaufen ließen und sie ihr in den Mund träufelten -, und stellten die restliche Milch abgedeckt an eine schattige Stelle für später. Dann trugen wir Grace ins Haus und wechselten ihre Windel, indem wir einen weiteren Streifen des Lakens abrissen. Anschließend machten wir es ihr in der Schublade auf einem Nest aus Heu so bequem wie möglich.
    In der Zwischenzeit hatten wir selbst großen Hunger bekommen (weil wir seit dem Frühstück am Morgen in der Herberge nichts mehr gegessen hatten), und so ging ich zu Mr. Beade, um ihn zu fragen, wann hier die Mahlzeiten serviert würden.
    Er lachte unhöflich auf. »Das hier ist doch keine Gastwirtschaft!«, sagte er. »Hattet Ihr etwa vor, Euch gebratene Tauben zu bestellen oder gar Waldhuhnsuppe?«
    »Aber wie sollen wir denn etwas zu essen bekommen?«, fragte ich ihn.
    »Meinen Patienten wird von hilfsbereiten Leuten aus der Nachbarschaft etwas zu essen gebracht«, sagte er. »Aber ich bin mir sicher, dass Lady Jane Euch zur rechten Zeit etwas schicken wird. In der Zwischenzeit dürft Ihr Euch von den Resten dessen nehmen, was bereits gebracht wurde.«
    Ich ging zu Sarah, um ihr das zu berichten, und sie deutete auf einen wuchtigen Holztisch am anderen Ende des Raums. »Ich glaube, dort stehen ein paar Reste«, sagte sie. »Schau mal, was noch für uns da ist.«
    Ich ging hin, sah nach und berichtete Sarah schaudernd, dass es ein kleines Stück alten, verschimmelten Käse gab, zwei Stücke hartes Brot und ein paar vertrocknete gekochte Kartoffeln.
    Sarah warf mir einen traurigen Blick zu.
    »Aber wir können nichts davon essen!«, fügte ich hinzu und sah den Tisch angewidert an. »Dann müssen wir eben hungern.«
    »Nein, das müssen wir nicht«, sagte Sarah. »Wir haben noch zwei Goldmünzen übrig, und wenn Lady Jane uns keine Lebensmittel schickt, bitten wir eben Mr. Beade, etwas für uns einzukaufen.«
    »Aber was sollen wir heute tun?«
    »Heute werden wir uns mit den Kartoffeln und dem Brot begnügen müssen«, sagte Sarah. »Es entspricht zwar nicht dem, was wir gewohnt sind, aber es wird uns auch nicht schaden.«
    Ich schauderte von neuem.
    »Wir müssen stark bleiben und dürfen nicht die Hoffnung verlieren«, fuhr Sarah fort. Sie setzte sich aufs Bett und nahm meine Hände. »Denn hat dein Liebster uns nicht gesagt, dass ein frohes Herz besser ist als jede Medizin?«
    Bei diesen Worten musste ich einfach lächeln, weil es mir das Herz wärmte, von Tom als meinem Liebsten sprechen zu hören und daran erinnert zu werden, was sein Lehrmeister, der Apotheker Doktor da Silva, ihm in der schlimmsten Phase der Pest gesagt hatte.
    Doch wir brauchten das altbackene Brot nicht hinunterzuwürgen, denn als ich zum Tisch ging, um die Reste auszusuchen, die noch am ehesten zu gebrauchen waren, hörte ich eine Frauenstimme rufen: »Junge Damen! Ich habe einen besseren Laib und würde mich freuen, ihn mit Euch zu teilen.«
    Der Ruf kam zu meiner Erleichterung nicht von einer der halb toten Gestalten, die hier herumlagen, sondern von einer Frau, die das Pesthaus eben erst betreten hatte. Sie trat mit einem in ein Tuch gewickelten
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