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Zuckerleben: Roman (German Edition)

Zuckerleben: Roman (German Edition)

Titel: Zuckerleben: Roman (German Edition)
Autoren: Pyotr Magnus Nedov
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jenem ist dieselbe seltsame Markierung zu sehen wie auf allen anderen 62   Goldbarren auch. Mihailytsch sitzt schweigend neben dem steifen Bulibascha von Otaci und betrachtet apathisch einen Punkt auf Hlebniks Bücherwand: Der Major ist sichtlich verstimmt, als würde er gerade auf einem Haufen Plastiksprengstoff sitzen, der jederzeit detonieren könnte. Es ist nicht schwer, Mihailytsch anzusehen, dass er lieber länger bei Vera in Lwow geblieben wäre. Mihailytsch wirft einen demonstrativen Blick auf seine Wostok-Kommandantenuhr. Nichifor der Reine, der in Direktor Hlebniks illustriertem Kochbuch Von der guten und bekömmlichen Kost blättert und immer wieder zum Arbeitstisch mit den Goldbarren hinüberstiert, spitzt indes seine Ohren.
    »Das Symbol der Zuckerfabrik von Dondușeni«, sagt der Bulibascha.
    »Das sehe ich auch. Aber das ?« – Tutunaru hält seinen Zeigefinger auf das Wort, das in Großbuchstaben in den Goldbarren eingestanzt ist, und sieht den Bulibascha erwartungsvoll an.
    »Hlebnik war es wichtig, eine personifizierte Markierung auf seinem Gold zu haben. Er wollte es wiedererkennen können.«
    »ZUCKERLEBEN?«
    Mihailytsch schaut wieder auf seine Wostok-Kommandantenuhr, diesmal etwas genervter.
    » ZUCKERLEBEN – was soll das denn für eine Bedeutung haben?«, hakt der Dondușenier Schwarzmarktspekulant Pitirim Tutunaru nach, den Goldbarren immer noch in der Hand.
    Der Bulibascha von Otaci scheint sich nicht sicher zu sein, ob Pitirim ihn einfach nur veräppeln will.
    Tudorel-Deomid entscheidet sich nach einigem Zögern dafür, dennoch zu antworten:
    »Du kennst das Sprichwort: ›Leben ist gut, aber gut leben ist noch besser‹?«
    »Klar.«
    Der Bulibascha erklärt gestenreich, als wollte er dem begriffsstutzigen Tutunaru eine simple mathematische Gleichung in der Luft aufmalen, damit er’s besser kapiert:
    »Gut leben = Zuckerleben.«
    Ein müdes Lächeln zeichnet sich in den Gesichtern von Tutunaru, Vadim dem Maler und Nadja ab. Pitirim klatscht einmal in die Hände, räumt die zur Probe herausgenommenen Goldbarren wieder in die Chiquita-Bananen-Kiste, macht eine Schublade auf und holt eine kleine Stofftasche heraus.
    »Hier hast du eine Feile für die Fersen und sieben Metallgabeln. Und die Instruktionen für einen … ZUCKERSCHLAF …«
    Der Bulibascha von Otaci nimmt Pitirims Stoffbeutel wortlos entgegen, lässt sich mehrmals versichern, dass darin tatsächlich das Gegenmittel für die Hlebnik-Heimsuchungen enthalten ist, steht von Hlebniks Arbeitstisch auf und schickt sich an, den Raum zu verlassen. Er bleibt in der Tür stehen, fixiert die Italienischlehrerin, Pitirim und Vadim abwechselnd mit seinen müden Augen.
    »Euch auch ein … ZUCKERLEBEN …«, sagt Tudorel-Deomid mit einem eiskalten Lächeln auf den Lippen. Und verlässt den Raum.
    Nichifor der Reine stellt Hlebniks illustriertes Kochbuch Von der guten und bekömmlichen Kost wieder auf seinen Platz zurück, lässt Mihailytsch dem Major den Vortritt und schiebt den leeren Stechkarren aus Hlebniks Arbeitszimmer hinaus.
    »Halt! Den kannst du auch dalassen!«, ruft Vadim der Maler dem Reinen hinterher, holt den Stechkarren wieder ins Zimmer zurück und schließt die Tür hinter dem Reinen zweimal ab. Dann dreht sich Vadim wieder zu Pitirim und Nadja um und lächelt glücklich.
    »Das müssen wir jetzt begießen!«
    14:57
    Der Bulibascha von Otaci, Mihailytsch der Major und Nichifor der Reine lehnen an Tudorel-Deomids Geländewagen und beobachten den Eingang zu Hlebniks Datscha, als würden sie jemanden erwarten, der aus dem Nomenklatura-Haus herauskommen und sich zu ihnen gesellen müsste. Doch es kommt niemand.
    Stille.
    Die ganze Umgebung ist still und friedlich.
    Mihailytsch wirft Balmus einen ungeduldigen Blick zu.
    »Jetzt?«
    »Lass sie doch noch ihr Zuckerleben ein wenig genießen …«, sagt der Bulibascha und studiert mit Aufmerksamkeit die Instruktionen auf Pitirims Zettel. Als er sich alles genau durchgelesen hat, gibt er Mihailytsch dem Major ein Zeichen. Mihailytsch holt eine Zündvorrichtung aus seiner Jackentasche, die wie eine abgespeckte Fernbedienung aussieht, betrachtet sie verträumt und drückt auf einen Knopf.
    Nichts passiert.
    Nichifor wirft Mihailytsch einen fragenden Blick zu. Mihailytsch drückt erneut auf den Knopf. Schaut auf die Fernbedienung. Schaut auf Hlebniks Haus. Wieder passiert nichts.
    Der Bulibascha von Otaci, Nichifor der Reine und Mihailytsch der Major schauen auf das
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