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Zuckerleben: Roman (German Edition)

Zuckerleben: Roman (German Edition)

Titel: Zuckerleben: Roman (German Edition)
Autoren: Pyotr Magnus Nedov
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Haus.
    Stille.
    Eine dumpfe Detonation, als würde jemand eine leere Milchpackung zuschrauben, auf sie draufspringen und sie so zum Platzen bringen, ertönt. Fensterscheiben bersten. Der Luftdruck jagt ein paar Glassplitter durch den Garten. Ansonsten ist der Datscha äußerlich nichts anzumerken.
    Wieder Stille.
    »Ich hoffe, der Stechkarren hat’s überstanden …«, sagt Nichifor der Reine und geht zusammen mit den anderen zwei auf die Datscha zu.
    15:10
    Mit einem eleganten Kick öffnet Nichifor der Reine die Tür zu Hlebniks Arbeitszimmer, aus dem ein Geruch nach verbranntem Holz, Schutt und Paraffin herausströmt. Der Bulibascha hält sich ein Tuch vor Mund und Nase und wartet darauf, dass sich der Schuttnebel etwas lichtet.
    Mihailytsch der Major bleibt rechts neben dem Bulibascha von Otaci stehen, verschränkt die Arme vor der Brust und grinst zufrieden.
    »Na, war das keine feine Explosion?«
    »Also, bei Kandahār war’s krasser!«, erklingt Tutunarus Stimme.
    Mihailytsch, Nichifor und der Bulibascha starren in den Nebel hinein, als ob sie dort den Leibhaftigen höchstpersönlich vermuten würden.
    Als sich die Staubwolke allmählich wieder löst, erkennen sie in Hlebniks verwüstetem Arbeitszimmer Pitirim Tutunaru, die Italienischlehrerin Nadja Pilipciuc und Vadim den Maler. Sie stehen da vor den Chiquita-Bananen-Kisten mit den 62   Goldbarren. Tutunaru hat ein Glas Wein in der Hand, führt es langsam zum Mund und nippt daran.
    Aus seiner Hosentasche holt er eine Packung Temp, fischt sich daraus die letzte Zigarette, zündet sie mit einem Streichholz an und nimmt voller Genuss einen Zug.
    »Noch so eine Aktion, Bulibascha, und du wirst dir für den Rest deines Lebens in die Hosen pissen.«
    15:28
    »Bei Kandahār war’s krasser? BEI KANDAHĀR WAR’S KRASSER?
    Geht’s noch, Tutunaru? Wenn wir nicht zufällig in Hlebniks Wein- Podwal runtergestiegen wären, wären wir alle in die Luft geflogen!«, sagt Vadim der Maler und lädt eine Kiste Goldbarren auf den trotz Explosion noch fahrtüchtigen Stechkarren.
    »Wir sind hier buchstäblich dem Tod von der Schaufel gehüpft! Schau mal her – die Holzfetzen hier, weißt du, was das ist? Das war mal der kleine Gästetisch, wo dieses Kochbuch Von der guten und bekömmlichen Kost gelegen hat. Das Buch seh ich gar nicht – das hat’s garantiert vaporisiert. Und jetzt schau dir die Couch an mit dem Riesenloch! Die hat’s komplett zerfetzt. Und die Wände! Die Decke! Alles schwarz. Überall Glassplitter … Weißt du, wie ein menschlicher Körper hier ausgesehen hätte? Auseinandergeriss’n hätt’s uns! Komplett. Und du? Du kommst hier rein, wo uns da die Bombe um die Ohren fliegt, stellst dich zu den Goldbarren, trinkst deinen Wein und sagst uns, wir sollen uns einfach dazustellen … Und als der Bulibascha reinkommt, um sich die Goldbarren zwischen unseren zerfetzten Körpern zurückzuholen, schiebst du die Meldung ›Bei Kandahār war’s krasser!‹? Wo ich das gehört hab, hab ich diesem Mihailytsch in die Augen gesehen und mir gedacht: O.   k., Vadim. Das war’s jetzt für dich. Jetzt packt der Mihailytsch gleich seine Stetschkin aus und … Ich meine … Hast du heute eine Familienpackung Methaqualon mit Valium zum Frühstück gehabt, oder was?«
    »Jetzt komm, beruhig dich wieder. Es hat doch funktioniert, oder nicht?« Tutunaru klopft mit dem Handballen auf Gorkis Mutter . Die zerfetzte Bücherwand springt aber nicht wie gewohnt auf.
    »Man darf in solchen Fällen keine Schwäche zeigen. Man muss solche Situationen psychologisch geschickt angehen, dann geht das schon …«
    Vadim lässt nicht locker.
    »Und was hättest du gesagt, wenn sie uns erschossen hätten? Einfach so erschossen?«
    Pitirim nimmt aus der oberen Chiquita-Bananen-Kiste einen von Hlebniks 62 ZUCKERLEBEN -Goldbarren zur Hand.
    »Sie hätten uns nicht erschossen, Vadim. Wenn du so eine Bombe in einem geschlossenen Raum wie diesem hier hochfliegen lässt und da sind drei Leute drinnen. Und du zurückkommst und diese drei Leute sind immer noch da, unversehrt und trinken Wein. Was würdest du tun? Sie erschießen? Hast du ihre bleichen Gesichter nicht gesehen, wie sie uns angestarrt haben, als hätten wir uns vor ihren Augen in eine Troika sprechender rosaroter Flamingos verwandelt?«
    Tutunaru holt aus und haut mit dem ZUCKERLEBEN -Goldbarren in seiner Hand mit Wucht auf den zerfetzten Buchrücken von Gorkis Mutter .
    Nach mehreren Versuchen öffnet sich die Bücherwand und gibt
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