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Zuckerleben: Roman (German Edition)

Zuckerleben: Roman (German Edition)

Titel: Zuckerleben: Roman (German Edition)
Autoren: Pyotr Magnus Nedov
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geschenkt – dafür hat er einen ganzen Sonntag nur geackert. Nur für mich! So verknallt war der in mich, der Junge! Am Anfang jedenfalls … Tja. Er ist einer der besten Tätowierer, die’s gibt. Er hat Kunden, die kommen extra aus Mailand und Genua, aus Cuneo und Turin, aus dem Veneto und aus Palermo, nur um sich von Rocco stechen zu lassen … Und ausgebucht ist er auch ständig, Monate im Voraus.«
    »Und was hat er dann hier verloren?«
    »Er wollte seine Mutter besuchen. Sie wohnt in den Abruzzen, und da hilft Rocco ihr immer im Garten und macht die Großeinkäufe für sie am Wochenende. Rocco hat ein gutes Herz. Ich glaube, er verbringt einfach nur zu viel Zeit mit den falschen Leuten. Comunque … Wo fährst du jetzt hin?«
    Der Moldawier lächelt in den Rückspiegel.
    »Ich fahr euch nach Castel di Sangro zum Bahnhof. Es ist nicht mehr weit.«
    »Und du?«
    »Ich fahr zurück an den Lago di Barrea.«
    »Was willst du da machen?«
    »Ich muss da was erledigen. Eine Art Begräbnis.«
    »Wie bitte?«
    »Ja.«
    »Kann ich mitkommen?«
    »Nadja?«, fragt Angelo und betrachtet die georgische Teedose auf dem Beifahrersitz des Moldawiers.
    »Nadja?«
    19:30
    »Könnt ihr euch noch erinnern, Burschen? Um diese Zeit ist bei uns immer der Abendstromausfall gekommen!«, sagt Stabswachtmeister Mischa. Und erhebt sein Glas.
    »Auf unseren moldawischen Abendstromausfall!«
    Bei Tisch, am Ufer des Lago di Barrea, glaubt Angelo außerdem den Ewig Hungrigen Historiker Roma Flocosu und auch Vadim den Maler zu erkennen, sie sind, wie Mischa auch, Mitte, Ende vierzig. Da sind auch andere Leute, jüngere Männer, ebenfalls Moldawier, die Tolyan Andreewitsch kennen, ihn ständig etwas fragen, ihm aufmerksam zuhören und seine Anweisungen befolgen.
    »Nadja ist also gestorben«, sagt Cristina, nachdem ihr Angelo den Rest der Geschichte erzählt hat, und ist plötzlich ganz nachdenklich.
    Ein Feuer brennt.
    Ein großes Gemeinschaftszelt ist aufgebaut und mehrere Zelte zum Übernachten. Minibusse und Pkws mit römischen Kennzeichen stehen am See. Und ein Tisch, an dem sie zusammen mit den Moldawiern sitzen. Plötzlich wendet sich Vadim der Maler den beiden Italienern zu und betrachtet sie neugierig von Kopf bis Fuß. Schenkt ihnen Chianti nach.
    »Ihr seid also die beiden Anhalter, ja?«, fragt sie der Moldawier in akzentfreiem Italienisch und lächelt freundlich. Angelo sieht Vadim den Maler zum ersten Mal in seinem Leben, hat aber das Gefühl, ihn schon seit Ewigkeiten zu kennen.
    Cristina nickt.
    »Ist Pitirim Tutunaru auch hier?«, fragt Angelo.
    »Pitirim?« Vadim streicht sich nachdenklich durch den Bart, als würde er überlegen, woher die beiden Italiener wohl von Pitirim Tutunaru gehört haben könnten. Als Vadim der Maler aber zu dem Schluss kommt, dass die einzige denkbare Erklärung dafür ist, dass Tolyan Andreewitsch ihnen wohl von Tutunaru erzählt haben muss, lächelt er.
    »Pitirim Tutunaru ist dort drüben.« Vadim der Maler zeigt auf Tolyan Andreewitsch, der sich mit Roma Flocosu auf Moldawisch unterhält.
    »Was?«
    »Pitirim Tutunaru hat seinen Namen in Tolyan Andreewitsch geändert, direkt als wir in Italien angekommen sind. Wir leben jetzt alle in Rom, im Zentrum, Direktor Hlebnik sei Dank.«
    »Aber warum denn das?«
    »Wo kann man denn besser leben in Italien? Rom ist die Hauptstadt, das Herz Italiens, das ist Nummer eins. Und die ganzen Moldawier, die hier –«
    »Nein, ich meine, warum hat Tutunaru seinen Namen geändert?«
    »Nun. ›Neues Leben, neuer Name‹, hat er damals gesagt. Und er hat gehofft, so besser über Nadjas Tod hinwegzukommen, wisst ihr. So gut hat das aber nicht geklappt. Obwohl er ihren letzten Wunsch, sich um ihren Bruder Mischa zu kümmern, erfüllt hat. Mischa ist jetzt übrigens unser Security-Chef. Und heute. Heute haben wir uns hier verabredet, um noch mal Abschied zu nehmen von Nadja.« – Vadim der Maler macht eine Pause. »Na, Schwamm drüber. Und ihr beiden? Kommt ihr morgen mit uns mit nach Moldawien?«
    »Nein. Wir fahren morgen nach Hause.«
    »Und wo ist das?«
    »In Termoli.«
    »Schade, die Fahrt nach Chișinău, die hätt euch bestimmt gefallen. So ein Land zu sehen, mit richtigen Grenzen, Zoll, einer abtrünnigen Region mit einer russischen Armee, Kosaken und dem größten Waffenlager Europas. Das macht schon was her, da spürt man, dass man reist. Da kommst du mit Ryan Air nicht hin.«
    Vadim der Maler steht auf und geht zu seinem 6er- BMW , macht den Kofferraum
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